Выбрать главу

»Siebzehn«, sagte ich etwas verwirrt.

»Du wirkst nicht wie siebzehn.«

Es klang vorwurfsvoll; ich musste lachen.

»Was denn?«, fragte er neugierig.

»Meine Mom sagt immer, dass ich mit 35 geboren wurde und seitdem auch nicht jünger geworden bin.« Ich lachte erneut, dann seufzte ich. »Na ja, einer von uns muss ja erwachsen sein.« Ich hielt einen Moment lang inne. »Du wirkst aber auch nicht gerade wie ein typischer Schüler«, sagte ich.

Er verzog sein Gesicht und wechselte das Thema.

»Also – warum hat deine Mutter Phil geheiratet?«

Ich war überrascht, dass er sich an den Namen erinnerte; ich hatte ihn nur einmal erwähnt, und das war fast zwei Monate her. Ich brauchte einen Moment, um zu antworten.

»Meine Mutter … sie ist sehr jung für ihr Alter. Ich glaube, dass sie sich mit Phil sogar noch jünger fühlt. Auf jeden Fall ist sie verrückt nach ihm.« Ich schüttelte den Kopf. Mir war es ein Rätsel, was sie an ihm fand.

»Und – hat sie deinen Segen?«

»Spielt das eine Rolle?«, konterte ich. »Ich will, dass sie glücklich ist … und er ist das, was sie will.«

»Das ist sehr großzügig … Ich frag mich …«, sinnierte er.

»Was?«

»Ob sie wohl genauso großzügig wäre, wenn es um dich geht? Was meinst du – wäre es ihr egal, wen du dir aussuchst?« Mit einem Mal sprach er mit großer Eindringlichkeit und suchte meinen Blick.

»Äh, glaub schon«, stammelte ich. »Allerdings ist sie meine Mutter – das ist ein bisschen was anderes.«

»Aber niemand allzu Beängstigendes, nehme ich an.«

Ich grinste. »Was meinst du mit beängstigend? Zwei Dutzend Piercings im Gesicht und Tätowierungen bis zum Kinn?«

»Zum Beispiel. Aber nicht nur.«

»Was noch?«

Doch statt meine Frage zu beantworten, stellte er mir eine weitere. »Glaubst du, ich könnte beängstigend sein?« Er zog eine Augenbraue hoch; die Andeutung eines Lächelns strich über sein Gesicht und hellte es auf.

Ich überlegte einen Moment, wie ich antworten sollte – mit der Wahrheit oder einer Lüge. Ich entschied mich für die Wahrheit. »Hmmm … ich würde sagen, du könntest beängstigend sein, wenn du es drauf anlegst.«

»Und hast du jetzt vor mir Angst?« Das Lächeln verschwand, sein himmlisches Gesicht war plötzlich ernst.

»Nein.« Aber ich hatte zu schnell geantwortet. Sein Lächeln kehrte zurück.

»Erzählst du mir jetzt was über deine Familie?«, fragte ich, um ihn abzulenken. »Das ist sicher sehr viel interessanter als meine Geschichte.«

Sofort wurde er wachsam. »Was willst du denn wissen?«

»Die Cullens haben dich adoptiert?«

»Ja.«

Ich zögerte kurz. »Was ist mit deinen Eltern passiert?«

»Sie sind vor vielen Jahren gestorben.« Sein Tonfall war trocken und sachlich.

»Das tut mir leid«, murmelte ich.

»Ich erinnere mich kaum an sie. Carlisle und Esme sind seit langem meine Eltern.«

»Und du liebst sie.« Es war keine Frage. So, wie er über sie sprach, war es offensichtlich.

»Ja.« Er lächelte. »Ich kann mir keine besseren Menschen vorstellen als die zwei.«

»Du hast großes Glück.«

»Ja, ich weiß.«

»Und dein Bruder und deine Schwester?«

Er warf einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett.

»Mein Bruder und meine Schwester, genauso wie Jasper und Rosalie, werden ziemlich sauer sein, wenn sie im Regen auf mich warten müssen.«

»Oh, tut mir leid, du musst los.« Ich wollte nicht aussteigen.

»Und du willst wahrscheinlich deinen Transporter hier stehen haben, bevor Chief Swan heimkommt, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, ihm von der heutigen Biostunde erzählen zu müssen.« Er grinste.

»Ich bin mir sicher, er weiß längst Bescheid – es gibt keine Geheimnisse in Forks«, sagte ich seufzend.

Er lachte, doch sein Lachen hatte einen nervösen Unterton.

»Viel Spaß am Strand … prima Wetter zum Sonnen.« Er schaute hinaus in den strömenden Regen.

»Sehen wir uns nicht morgen?«

»Nein. Emmett und ich beginnen das Wochenende etwas früher.«

»Was habt ihr vor?« Das konnte man einen Freund schließlich fragen, oder? Ich hoffte, dass ich nicht allzu enttäuscht klang.

»Wir gehen wandern, in der Goat Rocks Wilderness, südlich von Mount Rainier.«

Ich erinnerte mich, dass Charlie gesagt hatte, dass die Cullens häufig Campingausflüge machten.

»Oh, na ja, viel Spaß.« Ich versuchte Begeisterung vorzutäuschen, aber ich war wohl nicht sehr glaubhaft. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.

»Tust du mir einen Gefallen am Wochenende?« Er schaute mich direkt an und seine goldenen Augen glühten.

Ich nickte hilflos.

»Sei bitte nicht beleidigt, aber du bist offensichtlich einer dieser Menschen, die Unfälle magisch anziehen. Also … versuch bitte, nicht in den Ozean zu fallen oder dich von irgendetwas überfahren zu lassen, ja?« Er lächelte sein schiefes Lächeln.

Meine Hilflosigkeit war verschwunden. Wütend funkelte ich ihn an.

»Mal sehen, was sich machen lässt«, fauchte ich, sprang hinaus in den Regen und schlug die Tür mit aller Kraft hinter mir zu.

Als er wegfuhr, lächelte er noch immer.

SCHAUERGESCHICHTEN

Ich saß in meinem Zimmer und versuchte, mich auf den dritten Akt von Macbeth zu konzentrieren, aber eigentlich lauerte ich auf das dröhnende Motorengeräusch meines Transporters. Ich hätte gedacht, dass es selbst bei prasselndem Regen nicht zu überhören sein dürfte. Doch als ich zum wiederholten Male aus dem Fenster sah, stand er plötzlich da.

Ich freute mich nicht gerade auf Freitag und sollte mit meinen schlechten Erwartungen mehr als Recht behalten. Zunächst mal waren da die unvermeidlichen Kommentare zu meinem Kollaps in Bio. Besonders Jessica schien es einen Riesenspaß zu bereiten, die Geschichte auszuwalzen. Zum Glück hatte Mike seine Klappe gehalten – offensichtlich wusste niemand etwas von Edwards Rolle bei der Sache. Dafür hatte Jessica jede Menge Fragen zum Mittagessen vom Vortag.

»Und, was wollte Edward Cullen gestern?«, fragte sie in Mathe.

»Weiß nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Er kam nicht so richtig zum Punkt.«

»Du hast irgendwie wütend ausgesehen«, sagte sie tastend.

»Wirklich?« Ich verzog keine Miene.

»Schon komisch, das Ganze – ich hab ihn noch nie mit jemandem außer seinen Geschwistern zusammensitzen sehen.«

»Ja, komisch«, stimmte ich zu. Sie schien verärgert zu sein, jedenfalls warf sie ihre schwarzen Locken ungeduldig nach hinten. Wahrscheinlich hatte sie auf eine gute Geschichte zum Weitererzählen spekuliert.

Das Schlimmste am Freitag war, dass ich trotz allem gehofft hatte, er würde da sein. Als ich mit Jessica und Mike in die Cafeteria kam, schaute ich immer wieder zu seinem Tisch rüber, an dem Rosalie, Alice und Jasper die Köpfe zusammensteckten. Und ich konnte nicht verhindern, dass es mich bedrückte, nicht zu wissen, wann ich ihn wiedersehen würde.

An meinem Tisch waren alle damit beschäftigt, den nächsten Tag zu planen. Mike hatte seine Lebhaftigkeit wiedergefunden und setzte sein ganzes Vertrauen in die regionale Wettervorhersage, die für den Samstag Sonnenschein ankündigte. Mir fiel es schwer, daran zu glauben – ich würde es erst mit eigenen Augen sehen müssen. Aber immerhin, es war wärmer geworden heute, über fünfzehn Grad. Vielleicht würde der Ausflug ja doch nicht ganz so deprimierend werden.

Während des Essens fing ich ein paar unfreundliche Blicke von Lauren auf, die ich nicht deuten konnte, bis wir alle zusammen nach draußen gingen. Ich lief direkt hinter ihr, mein Gesicht einen halben Meter von ihren glänzenden, silberblonden Haaren entfernt, was ihr aber ganz offensichtlich nicht bewusst war.

»… keine Ahnung, warum sich Bella nicht gleich ganz zu den Cullens setzt«, sagte sie leise und verächtlich zu Mike. Mir war bislang gar nicht aufgefallen, was für eine unangenehme, nasale Stimme sie hatte, und mich überraschte die Missgunst, die darin mitschwang. Wir kannten uns kaum oder jedenfalls nicht so gut, dass sie eine Abneigung gegen mich hätte entwickeln können – hatte ich zumindest gedacht.