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»Lenk mich bitte ab«, forderte er.

»Wie bitte – was?«

Gereizt atmete er aus.

»Du sollst irgendwas Unwichtiges plappern, bis ich mich wieder beruhigt hab«, erklärte er, schloss die Augen und drückte mit Daumen und Zeigefinger gegen seinen Nasenrücken.

»Äh« – ich durchforstete mein Hirn nach irgendwelchen Nichtigkeiten. »Ich werd wohl morgen früh vor der Schule Tyler Crowley überfahren müssen?«

Seine Augen blieben geschlossen, doch in seinem Mundwinkel zuckte es.

»Warum?«

Also plapperte ich los. »Er rennt rum und erzählt allen, dass er mit mir zum Jahresabschlussball geht – entweder er ist wahnsinnig, oder er versucht immer noch, Wiedergutmachung zu leisten, weil er mich fast totgefahren hätte letzten … na ja, du weißt ja, wann, jedenfalls scheint er zu denken, dass der Abschlussball irgendwie die korrekte Art ist, das zu tun. Deshalb dachte ich mir, wenn ich ihn auch fast totfahre, sind wir quitt, und er kann damit aufhören, Buße zu tun. Ich habe wirklich keine Lust auf irgendwelche Rivalitäten, und wenn er mich in Ruhe lässt, hört Lauren vielleicht auch auf, Gift zu sprühen. Kann allerdings sein, dass ich Schrott aus seinem Sentra machen muss. Ohne Auto kann er schließlich auch niemanden zum Ball ausführen, richtig?«

»Stimmt, ich hab auch schon davon gehört.« Er klang ein wenig ruhiger.

»Du?«, fragte ich ungläubig, und mein Ärger von vorhin flammte noch einmal auf. »Wenn er vom Hals abwärts gelähmt ist, kann er auch nicht zum Ball gehen«, präzisierte ich meinen Plan.

Edward seufzte, und dann öffnete er endlich seine Augen.

»Geht’s dir besser?«

»Nicht so richtig.«

Ich wartete, aber mehr sagte er nicht. Er lehnte seinen Kopf gegen den Sitz und blickte zur Decke des Autos hoch. Seine Miene war starr.

»Was ist los?« Ich flüsterte.

»Gelegentlich fällt es mir sehr schwer, mich zu beherrschen, Bella.« Er flüsterte ebenfalls, und dann, als er seinen Kopf drehte und aus dem Fenster schaute, verengten sich seine Augen zu schmalen Schlitzen. »Aber es wäre ganz sicher keine gute Idee, jetzt umzudrehen und diese Typen zur Strecke zu bringen. Diese widerlichen …« Er beendete den Satz nicht, sondern schaute weg und rang erneut mit seiner Wut. »Zumindest«, fuhr er fort, »ist es das, wovon ich mich zu überzeugen versuche.«

»Oh.« Ein unzulängliches Wort, aber mir fiel kein besseres ein.

Wieder saßen wir schweigend da. Ich blickte auf die Uhr im Armaturenbrett. Es war nach halb sieben.

»Jessica und Angela werden sich Sorgen machen«, sagte ich leise. »Ich war mit ihnen verabredet.«

Ohne ein weiteres Wort ließ er den Motor an, wendete geschickt und raste zurück in Richtung Stadt. Wenig später fuhren wir schon – immer noch viel zu schnell – im Licht der Straßenlaternen und umkurvten die Spazierfahrer an der Bucht wie Slalomstangen. Er parkte am Straßenrand, in einer Lücke, die mir viel zu schmal für den Volvo erschien, in die er aber hineinglitt, ohne ein einziges Mal korrigieren zu müssen. Ich schaute aus dem Fenster auf die Lichter von La Bella Italia und sah Jess und Angela, die gerade herauskamen und in großer Eile davonliefen.

»Woher wusstest du denn, wo …?«, setzte ich an, doch dann schüttelte ich nur den Kopf. Ich hörte seine Tür aufgehen, drehte mich um und sah ihn aussteigen.

»Was hast du vor?«, fragte ich.

»Ich lade dich zum Essen ein«, erwiderte er mit einem schwachen Lächeln, doch sein Blick war leer. Er stand bereits auf der Straße und schlug die Autotür zu, während ich noch an meinem Gurt herumfummelte. Als ich es geschafft hatte, ebenfalls auszusteigen, stand er schon ungeduldig auf dem Bürgersteig.

Ich wollte etwas sagen, doch er war schneller. »Würdest du bitte Jessica und Angela aufhalten, bevor ich sie auch noch suchen muss? Ich glaub nicht, dass ich mich ein zweites Mal beherrschen könnte, wenn ich deine Freunde von vorhin wiedersehen würde.«

Der drohende Ton seiner Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken.

»Jess! Angela!«, schrie ich und winkte, als sie sich umdrehten. Sie hasteten auf mich zu, und ich sah, wie sich die Erleichterung auf ihren Gesichtern in blankes Erstaunen verwandelte, als sie sahen, wer neben mir stand. Als sie noch ein paar Schritte entfernt waren, blieben sie stehen.

»Wo warst du?« Jessicas Stimme klang argwöhnisch.

»Ich hab mich verlaufen«, gestand ich kleinlaut. »Und dann hab ich Edward getroffen.« Ich machte eine Handbewegung in seine Richtung.

»Wäre es in Ordnung, wenn ich euch Gesellschaft leiste?«, fragte er mit seiner seidenweichen, unwiderstehlichen Stimme. Ich sah ihren verdatterten Mienen an, dass sie zum ersten Mal in den Genuss seines Charmes kamen.

»Äh … na klar«, hauchte Jessica.

»Ehrlich gesagt, Bella, wir haben schon was gegessen, während wir gewartet haben«, gestand Angela. »Sorry.«

Ich zuckte mit den Schultern. »Macht nichts, ich hab sowieso keinen Hunger.«

»Ich finde, du solltest etwas essen.« Edwards Stimme war leise, aber bestimmt. Dann schaute er Jessica an und sprach etwas lauter. »Hättet ihr etwas dagegen, wenn ich Bella später nach Hause fahre? Dann müsst ihr nicht warten, bis sie gegessen hat.«

»Äh, nö, eigentlich nicht …« Sie biss sich auf die Lippe und versuchte meiner Miene zu entnehmen, ob das in meinem Sinne war. Ich zwinkerte ihr zu – es gab nichts, was ich mehr wollte, als mit meinem ständigen Retter allein zu sein. Ich brannte darauf, ihn mit all den Fragen zu bombardieren, die ich für mich behalten musste, solange jemand anderes dabei war.

»Okay.« Angela schaltete schneller als Jessica. »Bis morgen dann, Bella … Edward.« Sie griff sich Jessicas Hand und zog sie zum Auto, das ein Stückchen weiter weg auf der anderen Straßenseite stand. Beim Einsteigen blickte Jess sich noch einmal um und winkte; ihr Gesicht brannte vor Neugier. Ich winkte zurück und wartete, bis sie wegfuhren. Dann wandte ich mich ihm zu.

»Ehrlich, ich hab wirklich keinen Hunger«, beharrte ich. Ich musterte sein Gesicht.

Seine Miene war unergründlich.

»Tu mir den Gefallen.«

Er ging zum Eingang und hielt mir die Tür auf; sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass die Diskussion beendet war. Mit einem resignierten Seufzen ging ich an ihm vorbei und betrat das Restaurant.

Es war nicht sonderlich voll – um diese Jahreszeit war in Port Angeles Nebensaison. Die Wirtin begrüßte uns, und ich wusste, was das für ein Blick war, mit dem sie Edward musterte. Sie war viel zuvorkommender, als es das Protokoll verlangte. Und ich war erstaunt darüber, wie sehr mich das störte. Sie war ein ganzes Stück größer als ich und hatte blondgefärbte Haare.

»Ein Tisch für zwei Personen?« Ob beabsichtigt oder nicht, seine Stimme klang verlockend. Ich sah, wie ihr Blick mich streifte, und nahm die Zufriedenheit wahr, mit der sie meine offensichtliche Durchschnittlichkeit und den Sicherheitsabstand, den er zu mir hielt, registrierte. Sie brachte uns zu einem Tisch für vier Personen im belebtesten Teil des Lokals.

Ich hatte meine Hand schon an der Stuhllehne, doch Edward schüttelte den Kopf.

»Vielleicht etwas, wo man ein wenig ungestörter sitzt?«, beharrte er mit verhaltener Stimme. Ich war mir nicht ganz sicher, aber es könnte sein, dass er ihr unauffällig ein Trinkgeld in die Hand drückte. Ich hatte noch nie jemanden einen Tisch ablehnen sehen, außer in alten Filmen.

»Ja, sicher.« Sie klang, als wäre sie ebenso überrascht wie ich, und führte uns hinter eine Trennwand, wo in einem kleinen Kreis ein paar Separees angeordnet waren – allesamt leer. »Wie ist es hier?«

»Perfekt.« Sie kam in den Genuss seines strahlenden Lächelns und war einen Moment lang wie benommen.

»Ähm« – sie schüttelte ihren Kopf, sichtlich um Fassung bemüht –, »die Kellnerin wird gleich da sein.« Dann ging sie auf wackligen Beinen davon.

»Das solltest du wirklich nicht tun«, kritisierte ich. »Das gehört sich nicht.«

»Was gehört sich nicht?«

»Leute so aus der Fassung bringen – wahrscheinlich muss sie sich jetzt in der Küche erst einmal beruhigen.«