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»Er hat mich zum Essen eingeladen und dann nach Hause gefahren.«

Unwillig schaute sie mich an; die Skepsis stand ihr überdeutlich ins Gesicht geschrieben.

»Wie bist du denn so schnell nach Hause gekommen?«

»Er fährt wie ein Irrer. Der blanke Horror.« Das konnte er ruhig hören.

»War das so was wie ein Rendezvous? Hattest du dich mit ihm dort verabredet?«

Darauf wäre ich nie gekommen. »Im Gegenteil – ich war vollkommen überrascht, ihn dort zu treffen.«

Sie schürzte ihre Lippen; die Enttäuschung war ihr deutlich anzumerken, besonders, da ich offensichtlich die Wahrheit sagte.

»Aber er hat dich heute früh zu Hause abgeholt?«, bohrte sie.

»Ja – das hat mich genauso überrascht. Ihm ist gestern aufgefallen, dass ich keine Jacke hatte«, fügte ich als Erklärung hinzu.

»Und, trefft ihr euch wieder?«

»Na ja, er hat mir angeboten, mich am Samstag nach Seattle zu fahren, weil er der Meinung ist, mein Transporter schafft das nicht – zählt das?«

»Das zählt.« Sie nickte.

»In dem Fall – ja.«

»W-o-w.« Sie zog das Wort zu drei Silben auseinander. »Edward Cullen.«

»Ich kann’s auch kaum glauben«, sagte ich zustimmend. »Wow« traf die Sache noch nicht mal annähernd.

»Warte, warte!« Ihre Hände schossen in die Höhe, die Handflächen waren zu mir gedreht – als würde sie gerade ein Auto anhalten. »Hat er dich geküsst?«

»Nein«, murmelte ich. »So ist es irgendwie nicht.«

Sie sah enttäuscht aus. Ich bestimmt auch.

»Meinst du, dass er am Samstag …« Sie zog ihre Augenbrauen hoch.

»Ich glaub kaum.« Die Unzufriedenheit in meiner Stimme war nur zu deutlich.

»Worüber habt ihr geredet?« Flüsternd versuchte sie, mehr aus mir herauszubekommen. Die Stunde hatte begonnen, aber Mr Varner schien es nicht weiter zu stören, und wir waren nicht die Einzigen, die noch quatschten.

»Keine Ahnung, Jess, über alles Mögliche«, flüsterte ich zurück. »Ein bisschen über die Schule.« Ein winziges bisschen. Er hatte sie wohl mal kurz erwähnt.

»Bella, bitte«, quengelte sie. »Wie wär’s mit ein paar Einzelheiten.«

»Mmmh … okay, also. Du hättest sehen sollen, wie die Kellnerin mit ihm geflirtet hat

– es war nicht mehr zum Aushalten. Aber er hat sie nicht mal beachtet.« Sollte er davon halten, was er wollte.

»Das ist ein gutes Zeichen«, sagte sie nickend. »War sie hübsch?«

»Ziemlich – und wahrscheinlich so neunzehn oder zwanzig.«

»Noch besser. Er muss dich wirklich mögen.«

»Das Gefühl hab ich auch, aber es ist schwer zu sagen.« Ich seufzte. »Er ist immer so kryptisch«, fügte ich für ihn hinzu.

»Ich weiß gar nicht, woher du den Mut nimmst, mit ihm allein zu sein«, sagte sie mit tonloser Stimme.

»Wie meinst du das?« Ich war völlig entgeistert, was sie überhaupt nicht verstehen konnte.

»Er ist so … einschüchternd. Ich wüsste überhaupt nicht, was ich zu ihm sagen sollte.« Sie verzog das Gesicht; wahrscheinlich musste sie an den Morgen oder an den vorigen Abend denken, als er die Naturgewalt seines Blickes auf sie losgelassen hatte.

»Ehrlich gesagt, manchmal fehlen mir auch die Worte, wenn ich mit ihm zusammen bin.«

»Na ja. Dafür ist er wirklich unglaublich süß.« Jessica zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen, dass gutes Aussehen alle Fehler entschuldigte. Und wahrscheinlich dachte sie das wirklich.

»Es gibt noch viel mehr, was toll an ihm ist.«

»Wirklich? Was denn?«

Ich wünschte mir, ich hätte es darauf beruhen lassen. Fast so sehr, wie ich mir wünschte, dass seine Andeutung, was das Zuhören betraf, ein Scherz gewesen war.

»Ich kann’s nicht so richtig erklären … aber hinter seinem Äußeren ist er noch viel unglaublicher.« Ein Vampir, der gut sein wollte, der Leuten das Leben rettete, um kein Monster zu sein … Ich starrte nach vorne zur Tafel.

»Und das geht?« Sie kicherte.

Ich ignorierte sie und tat so, als würde ich darauf achten, was Mr Varner sagte.

»Das heißt, du magst ihn?« So schnell gab sie nicht auf.

»Ja«, sagte ich schroff.

»Ich meine, so richtig?«, setzte sie nach.

»Ja«, sagte ich noch einmal und wurde rot. Ich hoffte, dass ihre Gedanken dieses kleine Detail nicht zur Kenntnis nahmen.

Sie hatte genug von meinen einsilbigen Antworten. »Wie sehr magst du ihn?«

»Viel zu sehr«, flüsterte ich zurück. »Mehr als er mich. Aber ich wüsste nicht, was ich dagegen tun sollte.« Ich seufzte und lief so richtig rot an.

Zum Glück rief Mr Varner in diesem Augenblick Jessica auf, und für den Rest der Stunde hatte sie keine weitere Möglichkeit, das Thema zu vertiefen. Als es dann klingelte, startete ich ein Ablenkungsmanöver.

»Mike hat mich in Englisch gefragt, ob du was zu Montagabend gesagt hast«, berichtete ich ihr.

»Nicht dein Ernst! Und was hast du gesagt?!« Sie schnappte nach Luft – es funktionierte.

»Ich hab ihm gesagt, dass du’s toll fandest. Und er hat sich gefreut, als er das hörte.«

»Sag mir ganz genau, was er gefragt hat und was du ihm geantwortet hast.«

Den ganzen Weg zu Spanisch verbrachten wir damit, Mikes Satzstrukturen zu analysieren, und den größten Teil der nachfolgenden Stunde war ich mit minuziösen Beschreibungen seines Gesichtsausdrucks zu verschiedenen Zeitpunkten beschäftigt. Sie würde mich nie dazu gebracht haben, das so lange auszuwalzen, wenn ich nicht befürchtet hätte, wir könnten noch einmal auf mich zu sprechen kommen.

Dann klingelte es zur Mittagspause. Ich sprang auf und stopfte die Bücher achtlos in meine Tasche; offensichtlich bemerkte Jessica die Vorfreude auf meinem Gesicht.

»Ich nehm mal an, du sitzt heute nicht bei uns, oder?«, fragte sie.

»Wahrscheinlich nicht.« Man konnte sich nie ganz sicher sein, dass er nicht zum unpassenden Zeitpunkt wieder verschwand.

Doch im Flur wartete – gegen die Wand gelehnt und einem griechischen Gott ähnlicher, als es irgendjemandem vergönnt sein sollte – Edward. Jessica warf einen kurzen Blick auf ihn, verdrehte die Augen und verzog sich.

»Bis später, Bella«, sagte sie bedeutungsvoll im Weggehen – ich würde wahrscheinlich heute Nachmittag das Telefon ausstöpseln müssen.

»Hallo.« Seine Stimme klang erheitert und verärgert zugleich. Es war offensichtlich, dass er zugehört hatte.

»Hi.«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und er schwieg ebenfalls – wahrscheinlich, dachte ich, wollte er den richtigen Augenblick abpassen. Es wurde also ein stiller Gang zur Cafeteria. An Edwards Seite mitten im Gedränge der Mittagspause unterwegs zu sein, erinnerte mich stark an meinen ersten Tag hier: Alle glotzten.

Er ging vor mir her zur Warteschlange; noch immer sagte er nichts, doch alle paar Sekunden blickte er mir forschend ins Gesicht. Es kam mir so vor, als gewänne die Verärgerung die Oberhand. Nervös fummelte ich am Reißverschluss meiner Jacke.

Er trat an die Essensausgabe und häufte Unmengen von Essen auf ein Tablett.

»Was hast du vor?«, protestierte ich. »Soll das alles für mich sein?«

Er schüttelte den Kopf und ging weiter zur Kasse.

»Die Hälfte ist natürlich für mich.«

Ich zog eine Augenbraue hoch.

Er steuerte denselben Platz an wie letztes Mal. Als wir uns setzten, schauten vom anderen Ende des langen Tisches ein paar ältere Schüler voller Erstaunen zu uns herüber. Edward schien es nicht zu bemerken.

»Nimm dir, was du willst«, sagte er und schob das Tablett in meine Richtung.

Ich griff mir einen Apfel. »Aus reiner Neugier«, sagte ich und ließ den Apfel von einer Hand in die andere rollen. »Was würdest du machen, wenn jemand dich fragt, ob du dich traust, so was zu essen?«

»Aus reiner Neugier, wie immer.« Er verzog sein Gesicht und schüttelte den Kopf. Dann sah er mich grimmig an, nahm sich ein Stück Pizza vom Tablett, biss ab, kaute kurz und schluckte – alles, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich schaute mit aufgerissenen Augen zu.