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Celia zuckte innerlich zusammen, aber dann sagte sie sich, daß ihr jede Unterstützung, aus welchen Gründen auch immer, helfen konnte. Allerdings wunderte sie sich über Etheridge, da sie wußte, daß er ein Freund und Verbündeter von Vincent Lord war und bei den Sitzungen zuweilen die Ansichten des Leiters der Forschungsabteilung vertrat. Lord hatte von der Felding-Roth-Doktrin gewußt und auch, daß sie eines Tages zur Sprache gebracht werden würde, und er und Etheridge hatten sicher darüber geredet. Wollte Lord durch diese indirekte Unterstützung Celia sein Bedauern wegen Montayne zu verstehen geben?

Bei der anschließenden Diskussion ging es vor allem um die Frage, wie sich die Doktrin wirksam einsetzen ließ. Das letzte Wort hatte Owen Norton, der Rundfunk- und Fernseh-Zar, der wenige Tage zuvor seinen 82. Geburtstag gefeiert hatte.

Er sah Celia über den Sitzungstisch hinweg an und bemerkte trocken: »Sie werden festgestellt haben, Mrs. Jordan, daß wir uns schließlich doch dazu durchgerungen haben, Ihr weibliches Urteil zu respektieren - und ich persönlich kann nur bedauern, daß wir so lange dazu gebraucht haben.«

Die Abstimmung, die Celias Doktrin zur offiziellen Firmenpolitik erhob, erfolgte einstimmig.

Die Felding-Roth-Doktrin kam recht gut an, auch wenn sie in der breiten Öffentlichkeit nicht die Aufmerksamkeit fand, die Celia sich erhofft hatte.

Den Ärzten gefiel sie - mit nur wenigen Ausnahmen. Ein Gynäkologe schrieb:

Bitte schicken Sie mir weitere Exemplare, damit ich mir eins einrahmen und an meine Sprechzimmerwand hängen kann.

Wenn schwangere Patientinnen der Meinung sind, daß ich sie nicht angemessen behandele, weil ich mich weigere, ihnen irgendein überflüssiges schmerzstillendes Mittel zu verschreiben, werde ich ihnen Ihre Doktrin zeigen.

Sie haben uns, die wir nicht davon überzeugt sind, daß es für jede Gelegenheit ein Medikament geben muß, durch Ihre moralische Haltung sehr geholfen. Weiter so!

Er erhielt zusätzliche Exemplare, ebenso wie viele andere Ärzte, die gleichfalls darum baten.

Der Einwand mancher Ärzte beruhte auf der Auffassung, daß sie und nicht die Pharma-Firmen dafür zuständig seien, den Patientinnen zu sagen, welche Medikamente sie wann nehmen sollten. Aber sie waren, prozentual gesehen, eine kleine Minderheit.

Die Felding-Roth-Doktrin wurde in der Firmenwerbung, die sich allerdings nur auf medizinische und wissenschaftliche Pu-blikationen beschränkte, groß herausgestellt. Celia war zuerst dafür gewesen, auch in Zeitungen und Publikumszeitschriften zu inserieren, ließ sich aber davon überzeugen, daß die organisierte Ärzteschaft ebenso wie die FDA eine direkte Verbraucherwerbung für rezeptpflichtige Medikamente nicht gern sah.

Vielleicht schenkten die Tageszeitungen der Felding-Roth-Doktrin deswegen nur so geringe Aufmerksamkeit. Die New York Times brachte einen kurzen Artikel im Wirtschaftsteil, und Kurzmeldungen erschienen in Lokalzeitungen, soweit Platz vorhanden war. Das Fernsehen schwieg sich trotz angestrengter Pu-blic-Relations-Bemühungen aus.

»Wenn wir ein Medikament auf den Markt bringen, das unerwartet schädliche Nebenwirkungen aufweist«, beklagte sich Bill Ingram bei Celia, »dann stellen uns diese Fernsehtypen an den Pranger. Aber wenn wir etwas Positives tun, wie jetzt, gibt's nur das große Gähnen.«

»Der Fernseh-Journalismus muß stark vereinfachen«, erklärte Celia. »Die Themen müssen griffig und leicht verständlich sein, damit durch lange Erklärungen nicht teure Sendezeit verlorengeht. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Irgendwann kommt uns das vielleicht auch mal zugute.«

»Vergessen Sie nicht, mich darauf aufmerksam zu machen, wenn's soweit ist«, sagte Ingram zweifelnd.

Die Reaktion anderer Pharma-Firmen auf die Felding-Roth-Doktrin war unterschiedlich.

Diejenigen Firmen, die Schwangerschaftspräparate im Angebot hatten, nahmen eine eher feindselige Haltung ein. »Ein billiger Reklametrick, mehr nicht«, nannte ein Firmensprecher die Doktrin in der Öffentlichkeit.

Andere meinten, Felding-Roth versuche, »heiliger zu sein als die Heiligen«, was der Industrie schaden könnte - nähere Gründe dafür wurden nicht genannt. Ein oder zwei Konkurrenzfirmen sprachen jedoch ganz offen ihre Bewunderung aus. »Ich wünschte«, sagte ein bekannter Industrieboß zu Celia, »es wäre unsere Idee gewesen.«

»Das beweist alles gar nichts«, vertraute sie Andrew an, »außer vielleicht, daß man es nicht jedem recht machen kann.«

»Ihr müßt Geduld haben«, redete er ihr gut zu. »Ihr habt etwas auf den Weg gebracht, das Wellen schlagen wird. Du wirst dich noch wundern . . .«

Aber auch Montayne schlug Wellen. Und eine hatte den Capitol Hill in Washington erreicht.

Die Helfer von Senator Dennis Donahue, dem Kongreßveteranen, hatten sich ein Jahr lang mit der Montayne-Affäre befaßt und sie als ideales Objekt erkannt, mit dem sich ihr Chef in einem Hearing im Senat profilieren konnte. »Ideal« bedeutete in diesem Falclass="underline" starkes öffentliches Interesse, großer Wirbel und garantierte Sendezeit im Fernsehen. Denn der Senator betonte im Kreise seiner Mitarbeiter immer wieder gern: »Vergeßt nicht, daß Wählerstimmen nur übers Fernsehen zu gewinnen sind.«

Demgemäß kündigte der Senats-Unterausschuß für ethische Verkaufspolitik, dessen Vorsitzender Donahue war, für Anfang Dezember ein Hearing vor dem Kongreß in Washington an. Die Zeugen seien, wie der Senator in einer Pressekonferenz im Oktober verkündete, bereits vorgeladen. Andere, die über das Thema fachliche Aussagen machen konnten, waren ebenfalls geladen worden, um mit dem Ausschuß zusammenzuarbeiten.

Als Celia das erste Mal davon hörte, rief sie sofort Rechtsanwalt Childers Quentin in Washington an.

»Das sind allerdings schlechte Nachrichten«, bestätigte er. »Ich fürchte, daß Ihrer Firma - und Ihnen als ihrer Wortführerin -schlimme Zeiten bevorstehen. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, so sollten Sie mit den Vorbereitungen für das Hearing mit Hilfe eines juristischen Beraters bereits jetzt beginnen. Ich weiß, wie diese Dinge laufen, und Sie können sicher sein, daß das Team des Senators jede noch so geschmacklose Tatsache, jedes üble Gerücht ans Tageslicht zerren wird.«

11

Wenn das Wort Demagoge, oder demagogos, nicht von den alten Griechen geprägt worden wäre, hätte man es erfinden müssen, um Senator Dennis Donahue zu beschreiben. Ein treffenderes Beispiel dafür hat es nie gegeben.

Er war in wohlhabenden und privilegierten Verhältnissen aufgewachsen, gab sich aber stets als »Sohn einfacher Leute, einer von Ihnen, von dieser Erde«, wie er es auszudrücken beliebte. Nichts hätte unzutreffender sein können, aber wie alles, was oft genug wiederholt wird, wurde es von vielen geglaubt.

Eine andere Rolle, in der sich der Senator gefiel, war die eines »Sprechers für die Armen und Notleidenden, eines Kämpfers für die Unterdrückten«. Ob er in seinem Innern tatsächlich etwas für die Armen und Leidenden übrig hatte, wußte nur Donahue selbst. Auf jeden Fall verstand er es für sich zu nutzen.

Wo immer ein Kampf a la David und Goliath stattfand, eilte Donahue herbei und stellte sich eifrig an Davids Seite, selbst wenn Goliath - für Leute, die nachdachten - eindeutig im Recht war. »Es hat schon immer mehr Davids gegeben, und die sind bei Wahlen nützlich«, erklärte einmal ein Helfer Donahues in einem Augenblick unbedachter Offenheit.

Vielleicht unterstützte Donahue aus dem gleichen Grund bei jedem Streit mit Gewerkschaften unweigerlich die organisierten Arbeiter und stellte sich nie auf die Seite der Wirtschaft, selbst wenn die Gewerkschaften über das Ziel hinausschössen.