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Celias Betroffenheit war echt. Sie dachte an den Hochzeitstag zurück und wie überzeugt sie gewesen war, daß Juliet und Dwight eine gute Ehe führen würden.

»Alles war wunderbar, bis zu dem Zeitpunkt, als das Baby ein paar Monate alt war. Als wir dann feststellten, was mit unserem Sohn los war, war alles aus. Dwight war auf meinen Vater noch böser als ich. Er wollte Felding-Roth und Daddy persönlich vor Gericht bringen, den Fall selbst in die Hand nehmen. Dazu hätte ich nie meine Zustimmung gegeben.«

»Das hätte alles zerstört«, bestätigte Celia. »Danach haben wir uns noch eine Weile um Versöhnung bemüht, aber es hat nicht geklappt«, sagte Juliet traurig. »Wir waren nicht mehr dieselben, und da haben wir beschlossen, uns scheiden zu lassen.«

Dazu gab es wenig zu sagen, aber Celia mußte daran denken, wieviel Tragik Montayne in so vieler Hinsicht über die Menschen gebracht hatte.

13

Von allen Zeugen, die vor dem Senats-Unterausschuß im Fall Montayne aussagten, hatte Dr. Gideon Mace bei weitem den schwersten Stand.

Während des Kreuzverhörs von Mace deutete Senator Dona-hue an einem dramatischen Punkt mit erhobenem Zeigefinger auf ihn und rief mit donnernder Stimme, die Jehova alle Ehre gemacht hätte: »Sie waren es, der stellvertretend für die Regierung und trotz aller Sicherheitsmaßnahmen diese Geißel über die amerikanischen Frauen und ihre wehrlosen, ungeborenen Kinder gebracht hat. Daher werden Sie nicht ungeschoren davonkommen.« Mace hatte ein paar Minuten zuvor zum Erstaunen aller zugegeben, daß er vor der Erteilung der Zulassung für Montayne ernsthafte Zweifel an dem Medikament gehegt habe, die auf dem er-sten australischen Bericht beruhten - Zweifel, die ihn nie ganz verlassen hätten.

Urbach, der das Kreuzverhör leitete, hatte geradezu gebrüllt: »Aber warum haben Sie es dann zugelassen?«

Worauf Mace lahm geantwortet hatte: »Das . . . das weiß ich einfach nicht.«

Diese Antwort - die schlimmste, die ihm hätte einfallen können - rief bei den Zuhörern einen sichtlichen Schock hervor. Unglauben und Entsetzen machten sich breit und lösten einen Augenblick später Donahues Ausbruch aus.

Bis zu diesem Punkt hatte Mace - obwohl ganz offensichtlich nervös - den Anschein erweckt, sich in der Gewalt zu haben und für seine Entscheidung als FDA-Mitarbeiter einstehen zu können. Er hatte mit einer kurzen Erklärung begonnen, dann die Berge von Akten erwähnt, die eingereicht worden waren -125.000 Seiten in 307 Bänden - und denen verschiedene Fragen von seiner Seite gefolgt waren.

Diese Fragen, so erklärte er, seien schließlich zu seiner Zufriedenheit beantwortet worden. Er bezog sich nicht auf den Bericht aus Australien, das tat er erst später, in Beantwortung diesbezüglicher Fragen.

Als man auf den australischen Fall zu sprechen kam, wurde Mace sichtlich nervös; er schien plötzlich zusammenzubrechen.

Und danach war das schreckliche Eingeständnis: »Ich weiß es einfach nicht« erfolgt.

Obwohl sich Celia über die schwache Position von Mace im klaren war, hatte sie Mitleid mit ihm und glaubte, daß man ihm die Last der Schuld zu Unrecht aufbürdete. Später sprach sie mit Childers Quentin darüber.

»In Augenblicken wie diesen«, sagte der Anwalt, »merkt man, wie sehr das britische Zulassungsverfahren dem unseren überlegen ist. In England berät ein Komitee für die Sicherheit von Medikamenten den Gesundheitsminister, und der Gesundheitsminister persönlich erteilt die Lizenz für ein neues Medikament. Der Minister wird von seinen Mitarbeitern nur beraten, die Ver-antwortung trägt er selbst. Und wenn irgendwas schiefgeht, muß er ganz allein dem Parlament Rede und Antwort stehen. Wo aber ist unser Minister? Vermutlich drückt er sich in seinem Büro herum oder macht sich einen schönen Tag auf dem Land. Und die Folge davon ist, daß die Leute von der FDA noch vorsichtiger sein werden, weil sie keine Lust haben, vor ein Kongreßkomitee gezerrt und gekreuzigt zu werden. Sie werden auf den Medikamenten sitzen bleiben und abwarten, lange, viel zu lange. Selbstverständlich ist bei neuen Medikamenten Vorsicht geboten, aber zuviel Vorsicht kann den Fortschritt in der Medizin behindern und Ärzten und Patienten Heilmittel vorenthalten, die sie dringend benötigen.«

Als Maces Befragung schließlich beendet war und eine Pause eingelegt wurde, atmete Celia erleichtert auf. Voller Mitgefühl stand sie auf und ging zu ihm.

»Dr. Mace, ich bin Celia Jordan von Felding-Roth. Ich wollte Ihnen nur sagen . . .«

Sie unterbrach sich bestürzt. Bei der Erwähnung von Felding-Roth hatten sich Maces Gesichtszüge vor Haß verzerrt. »Kommen Sie mir nicht zu nahe!« zischte er mit funkelnden Augen. »Kommen Sie mir niemals wieder zu nahe!«

Bevor Celia sich fassen und etwas erwidern konnte, hatte sich Mace umgedreht und war gegangen.

Quentin, der dicht hinter ihr stand, fragte neugierig: »Worum ging es denn?«

»Ich weiß nicht«, sagte Celia erschüttert. »Als ich den Namen unserer Firma erwähnte, schien er total auszuflippen.«

»Na und?« Der Rechtsanwalt zuckte die Achseln. »Dr. Mace mag den Hersteller von Montayne eben nicht. Das ist nur zu verständlich.«

»Nein. Es muß mehr sein. Da bin ich ganz sicher.«

»Ich würde mir deswegen keine Sorgen machen.«

Aber der Ausdruck abgrundtiefen Hasses ließ Celia den ganzen Tag nicht los und bereitete ihr Sorgen.

Vincent Lord war noch einen Tag länger in Washington geblieben, und Celia hatte ihn in ihrer Hotelsuite geradeheraus be-schuldigt, gelogen zu haben.

Zu ihrer Überraschung wies der Leiter der Forschungsabteilung ihre Anschuldigungen nicht zurück, sondern sagte zerknirscht:

»Sie haben recht. Es tut mir leid. Ich war nervös.«

»Sie kamen mir aber gar nicht nervös vor.«

»Ich hab's mir nicht anmerken lassen. Die Fragen sind mir unheimlich unter die Haut gegangen. Ich hab' gegrübelt, wieviel dieser Bursche, dieser Urbach, eigentlich weiß.«

»Was soll er denn wissen können?«

Lord zögerte und suchte nach einer Antwort. »Nicht viel mehr, als wir alle wissen, nehme ich an. Auf jeden Fall habe ich mir überlegt, daß ich auf die Art und Weise, wie ich geantwortet habe, die ganze Fragerei am schnellsten hinter mich bringe.«

Celia war noch nicht überzeugt. »Warum wollten Sie schneller als alle anderen da rauskommen? Sicher, was hier passiert, ist für keinen erfreulich, auch für mich nicht, und wir müssen es alle mit unserem Gewissen abmachen. Aber in Verbindung mit Mon-tayne ist nie irgend etwas Illegales geschehen.« Sie unterbrach sich. »Oder etwa doch?«

»Nein! Natürlich nicht!« Die Antwort kam eine Sekunde zu spät und war eine Spur zu betont.

Sams Worte fielen ihr wieder ein. »Da istnoch etwas. . . von dem Sie nichts wissen.«

Sie sah Lord fragend an. »Vince, gibt es irgend etwas, das mit Montayne und Felding-Roth zu tun hat, von dem ich nichts weiß ?«

»Nichts - das schwöre ich Ihnen. Was sollte es denn sein?«

Wieder log er. Sie wußte es. Sie wußte auch, daß Sam sein Geheimnis, was immer es sein mochte, nicht mit ins Grab genommen hatte - daß Lord es mit ihm teilte.

Aber im Augenblick konnte sie nichts tun.

Das Hearing dauerte vier Tage. Es gab weitere Zeugen, darunter zwei Ärzte - Neurologen, die durch Montayne geschädigte Babys untersucht hatten. Einer der Ärzte war in Europa gewesen, um den Fällen dort nachzugehen, und zeigte Dias von Kindern, die er gesehen hatte.

Äußerlich war den Kindern nicht anzusehen, daß sie nicht normal waren. Aber die meisten von ihnen waren im Liegen aufgenommen. »Sie werden nie auch nur die kleinste Bewegung selber machen können. Sie sind ihr Leben lang auf die Hilfe anderer angewiesen. Außerdem haben sie im embryonalen Zustand schwere Gehirnschäden davongetragen.«

Manche Gesichter waren schön. Das eine Kind - älter als die anderen - war ein zweijähriger Junge. Von einer unsichtbaren Hand gestützt, blickte er mit scheinbar seelenvollem Blick in die Kamera. Ausdruckslos und leer.