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Celia bedankte sich, beschloß aber, die letzte Bemerkung zu übergehen, und verkniff sich auch, darauf hinzuweisen, daß ihr Mann in bezug auf Arzneimittel und medizinische Fragen unabhängig sei.

»Sie sind eine Art Legende geworden, junge Frau«, fuhr der Präsident fort. »Der lebende Beweis dafür, daß eine tüchtige Frau gelegentlich genauso gut sein kann wie ein Mann.«

»Ich hoffe sehr«, bemerkte Celia mit honigsüßer Stimme, »daß Sie eines Tages auch noch das >gelegentlich< weglassen, Sir. Ich bin überzeugt, daß es in dieser Branche noch eine ganze Reihe Frauen geben wird, die sogar besser sein werden als Männer.«

Zunächst schien Camperdown verblüfft, er runzelte die Stirn. Dann faßte er sich wieder und fuhr jovial fort: »Gewiß, es hat schon merkwürdigere Dinge gegeben. Man wird sehen. Man wird sehen.«

Dann stellte Camperdown Celia Fragen über ihre Verkaufserfahrungen und zeigte sich von ihren gut informierten, klaren Antworten beeindruckt. Schließlich zog der Präsident eine Uhr aus der Westentasche, warf einen Blick darauf und verkündete: »Ich halte gleich eine Sitzung ab, Mrs. Jordan. Es geht dabei um ein neues Präparat, das wir möglichst bald nach dem Lotromycin auf den Markt bringen wollen. Vielleicht haben Sie Lust, daran teilzunehmen.«

Als Celia zustimmte, ließ der Präsident ein halbes Dutzend Mitarbeiter hereinrufen, die im Sekretariat gewartet hatten. Nachdem alle miteinander bekannt gemacht waren, gingen sie in den Konferenzraum der Suite. Camperdown nahm am Kopfende des Tisches Platz.

Unter den Teilnehmern befanden sich Dr. Vincent Lord, der Leiter der Forschungsabteilung, ein noch ziemlich junger Wissenschaftler, der erst seit kurzem der Firma angehörte, der Leiter der Verkaufsabteilung, der kurz vor der Pensionierung stand, sowie vier weitere leitende Angestellte, darunter Sam Hawthorne. Mit Ausnahme von Sam - der einzige, den Celia kannte - starrten alle sie mit offener Neugier an. Das neue Mittel, um das es ging, war kein von Felding-Roth entwickeltes Präparat, wie Cam-perdown Celia erklärte, es handelte sich um eine Lizenz einer westdeutschen Firma, der Chemie-Grünenthal.

»Es ist ein Sedativum und so sicher, wie selten eins entwickelt worden ist«, erklärte der Präsident. »Es bewirkt einen normalen, erfrischenden Schlaf ohne unerwünschte Benommenheit am nächsten Morgen.« Das Produkt habe keine signifikanten Nebenwirkungen, fuhr er fort, und es sei so ungefährlich, daß man es sogar kleinen Kindern verabreichen könne. Es sei bereits in fast allen Ländern, außer in den USA, im Handel und sehr beliebt. Und nun habe Felding-Roth die Chance, die amerikanischen Rechte zu erwerben. Der Name des Mittels sei Thalidomid, fügte Mr. Camperdown hinzu.

Trotz der erwiesenen Unbedenklichkeit von Thalidomid mußten in den Vereinigten Staaten erst noch Versuche an Menschen durchgeführt werden, bevor die Food and Drug Administration, die staatliche Gesundheitsbehörde, das Mittel für den Verkauf freigab. »Unter den gegebenen Umständen«, brummte Camper-down, »und bei den erstklassigen ausländischen Ergebnissen, die uns vorliegen, ist das eine alberne, bürokratische Forderung, aber wir müssen uns beugen.«

Dann wurde darüber diskutiert, wo und wie die Versuche mit Thalidomid durchgeführt werden sollten. Dr. Lord, der Leiter der Forschungsabteilung, schlug vor, mit etwa fünfzig Privatärzten zusammenzuarbeiten, die das Mittel an Patienten erproben sollten; Felding-Roth würde die Ergebnisse dann an die FDA weitergeben. »Es sollte ein Gremium aus praktischen Ärzten, Internisten, Psychiatern und Gynäkologen sein«, erklärte er.

»Und wie lange soll diese ganze Salbaderei dauern?« fragte der Leiter der Verkaufsabteilung.

»Voraussichtlich drei Monate.«

»Würden nicht zwei genügen? Wir sollten das Präparat so bald wie möglich auf dem Markt haben.«

»Das ließe sich vielleicht machen.«

Ein anderer gab zu bedenken, die Versuche könnten zu breit gestreut sein. Die Konzentration auf ein Krankenhaus dürfte einfacher sein und schneller zu Ergebnissen führen.

Nachdem sie eine Weile diskutiert hatten, sagte Camperdown mit einem Lächeln: »Vielleicht hat unsere junge Dame auch etwas zu diesem Thema zu sagen.«

»Ja, das habe ich«, erklärte Celia.

Alle Köpfe drehten sich zu ihr um.

Sie wählte ihre Worte mit Bedacht, war sich darüber im klaren, daß ihre Anwesenheit in diesem Kreis ungewöhnlich war, ein Privileg; es wäre daher nicht klug, alles zu verderben, indem sie sich zu selbstsicher gab und zu sehr vorpreschte.

»Den Vorschlag, das Mittel von Frauenärzten verschreiben zu lassen, finde ich ein wenig bedenklich«, sagte Celia. »Das hieße, daß es auch von schwangeren Frauen eingenommen würde, und während der Schwangerschaft sind Experimente gewöhnlich tabu.«

»Das trifft in diesem Fall nicht zu«, unterbrach Dr. Lord sie gereizt. »Thalidomid wurde in Europa und andernorts schon auf breiter Basis angewendet, und schwangere Frau waren davon nicht ausgeschlossen.«

»Trotzdem«, sagte Sam Hawthorne ruhig. »Was Mrs. Jordan sagt, stimmt.«

»Eine Frage, die man stellen könnte«, fuhr Celia fort, »wäre: Welche Menschen haben die größten Schlafschwierigkeiten und daher einen besonderen Bedarf an Schlaftabletten? Nach meinen Erfahrungen als Vertreterin - bei Besuchen in Krankenhäusern und Heimen ebenso wie bei Ärzten - würde ich sagen: alte Menschen, vor allem Patienten, die an Altersschwäche leiden.«

Die Herren hörten ihr nun aufmerksam zu. Einige nickten zustimmend, nur Dr. Lord saß steif da.

»Ich würde deshalb empfehlen«, fuhr Celia fort, »Thalidomid in ein oder zwei Altersheimen an alten Leuten zu erproben. Falls erwünscht, könnte ich zwei Heime nennen - eins in Lincoln in Nebraska, das andere in der Nähe von Plainfield, hier bei uns. Beide werden hervorragend geführt und würden bestimmt brauchbare Resultate liefern. Ich kenne die leitenden Ärzte persönlich und könnte den Kontakt herstellen.«

Als Celia geendet hatte, herrschte unsicheres Schweigen. Eli Camperdown schien überrascht:

»Ich weiß nicht, wie sie darüber denken, aber was Mrs. Jordan vorgeschlagen hat, scheint mir sehr vernünftig.«

Nachdem man ihnen die Richtung gezeigt hatte, nickten die anderen zustimmend, nur Dr. Lord äußerte sich nicht. Celia spürte zum ersten Mal, daß zwischen ihr und dem Leiter der Forschungsabteilung eine feindselige Spannung herrschte, die auch in Zukunft anhalten sollte.

Kurz darauf wurde beschlossen, daß Celia am nächsten Tag die Ärzte in den beiden Heimen anrufen sollte. Sobald deren Einverständnis vorlag, konnte die Forschungsabteilung tätig werden. Als die Sitzung aufgehoben wurde, verabschiedete sich Celia als erste und wurde von lächelnden Gesichtern und freundschaftlichem Händeschütteln begleitet.

Etwa eine Woche später, nachdem Celia den gewünschten Kontakt hergestellt hatte, erfuhr sie von Sam Hawthorne, daß die Erprobung von Thalidomid schon bald in beiden Heimen durchgeführt werden würde.

Eine eher unbedeutende Angelegenheit schien damit erledigt.

Trotz ihres anstrengenden Berufslebens fanden Andrew und Ce-lia Zeit, sich nach Häusern umzusehen, die zum Verkauf standen. Celia entdeckte eins, das ihr gut gefiel; es lag in Convent Station, einer Wohngegend in Morris Township mit Rasenflächen und Bäumen zwischen den weit verstreut liegenden Häusern. Als sie Andrew anrief, hob sie hervor, daß das Haus nur zwei Meilen von seiner Praxis entfernt und das St. Bede's Hospital fast noch näher war. »Das ist wichtig«, erklärte Celia, »denn ich möchte nicht, daß du lange unterwegs bist, vor allem nicht, wenn du nachts herausgeholt wirst.«

Bis zur Felding-Roth-Zentrale in Boonton waren es zehn Meilen mit dem Auto. Da Celia jedoch meistens in anderen Teilen von New Jersey zu tun hatte, spielte das keine Rolle.