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»Hallo, da ist ja Celia!« rief jemand. »Sam, geben Sie ihr sofort eine Zigarre!«

»Nein, nein!« wehrte Sam ab. »Für die Damen habe ich was anderes.« Mit strahlender Miene ging er an seinen Schreibtisch und nahm von einem Stapel eine Schokoladenschachtel, die er Celia überreichte.

»Zur Feier meines Enkelsohns, der« - Sam sah auf die Uhr -»gerade zwanzig Minuten alt ist.«

Für einen Augenblick verflog ihre ernste Stimmung. »O Sam, wie wunderbar! Ich gratuliere!«

»Vielen Dank, Celia. Ich weiß, daß normalerweise die Väter Zigarren und Schokolade verteilen, aber ich habe beschlossen, neue Bräuche einzuführen und es auch die Großväter tun zu lassen.«

»Eine verdammt gute Idee!« lobte Nicholson. Celia bemerkte, wie Bill Ingram, der etwas blaß aussah, eine Zigarre weglegte.

»Ist mit Juliet alles in Ordnung?« fragte sie.

»Absolut«, erwiderte Sam glücklich. »Lilian hat mich vor ein paar Minuten vom Krankenhaus aus angerufen, daher weiß ich ->die Mutter und der sieben Pfund schwere Junge sind wohl-auf<.«

»Ich werde Juliet besuchen«, sagte Celia. »Wahrscheinlich morgen.«

»Ich werde es ihr sagen. Ich fahre gleich nach der Sitzung zu ihr.« Sam war in geradezu euphorischer Stimmung.

»Warum vertagen wir uns nicht?« fragte Dr. Starbut.

»Nein«, erklärte Sam, »bringen wir es schnell hinter uns.« Dann warf er einen Blick in die Runde und fügte hinzu: »Ich nehme an, es wird nicht lange dauern.«

»Dazu besteht wohl kaum Anlaß«, warf Vincent Lord ein.

Celia hatte plötzlich ein ungutes Gefühl. Sie wußte, daß alles schiefgehen würde, daß das Zusammentreffen der Entscheidung über Montayne mit der Geburt von Sams Enkel das Schlimmste war, was hatte passieren können. Sams gute Laune, die die anderen teilten, würde alles weitere unwichtig erscheinen lassen.

Sam ging voraus in den Konferenzraum und nahm am Kopfende des Tisches Platz. Auch die anderen setzten sich. Da Sam offenbar keine Zeit verschwenden wollte, ersparte er sich alle einleitenden Worte.

»Celia, ich habe heute vormittag eine Kopie ihrer Mitteilungen an alle Versammelten verteilen lassen. Eine ging auch an Xav Rivken, der sich gerade anschickte, für zwei Tage nach Washington zu fahren; er hat angeboten, die Reise zu verschieben, um dabeisein zu können, aber ich habe ihm versichert, daß das nicht nötig ist.« Sam warf einen Blick in die Runde. »Haben alle gelesen, was Celia geschrieben hat?«

Die Anwesenden nickten und murmelten zustimmend.

Celia hatte ihr Memorandum sorgfältig formuliert und war froh, daß alle es gelesen hatten. Sie nahm darin auf das australische Gerichtsverfahren Bezug, zählte die Tatsachen auf, die ihr beim Lesen der Prozeßakte aufgefallen waren und die in der Kurzfassung nicht erwähnt wurden. Sie hatte auch die beiden Fälle in Frankreich und Spanien beschrieben, wo gegen die Hersteller von Montayne Anklage erhoben worden war. Schließlich hatte sie die Argumentation der französischen Firma zitiert, die zu der Überzeugung gelangt war, daß alle drei Anklagen gegen Montayne zu Unrecht erhoben worden waren und kein Grund zur Sorge bestand.

Vorschläge zur Lösung des Problems hatte Celia in ihrem Memorandum noch nicht gemacht - die wollte sie sich für die Sitzung aufheben, nachdem sie sich die Meinungen der anderen angehört hatte.

»Als erstes möchte ich feststellen, daß es völlig richtig war, uns auf diese Sache aufmerksam zu machen, Celia«, begann Sam. »Es ist wichtig, weil auch andere Leute davon erfahren werden und wir darauf vorbereitet sein müssen, Fragen zu beantworten, wenn Montayne in drei Wochen auf den Markt kommt.« Er sah Celia fragend an. »Das war doch der Grund für Ihr Schreiben, nicht wahr?«

Die Frage kam unerwartet, und Celia antwortete etwas unbeholfen: »Ja, das auch . . .«

Sam, noch immer in Eile, nickte und fuhr fort: »Lassen Sie mich zunächst etwas klären. Vince, warum habe ich von diesen Gironde-Chimie-Berichten, auf die sich Celia bezieht, nichts erfahren?«

Die Gesichtsmuskeln des Leiters der Forschungsabteilung zuckten nervös. »Wenn ich Ihnen alles, was bei uns einläuft und unsere Produkte betrifft, schicken würde, Sam, käme ich nicht mehr dazu zu prüfen, was vom wissenschaftlichen Standpunkt aus wichtig ist und was nicht, und zweitens hätten Sie auf Ihrem Schreibtisch einen so hohen Papierberg, daß Sie zu nichts anderem mehr kämen.«

Mit dieser Erklärung schien Sam sich zufriedenzugeben, denn er fuhr fort: »Sagen Sie uns, was Sie von diesen Berichten halten.«

»Sie beweisen mit überzeugender Gründlichkeit«, erklärte Lord, »daß der Schluß, zu dem Gironde-Chimie kommt, nämlich daß Montayne mit den beiden Fällen nichts zu tun hat, wissenschaftlich völlig korrekt ist.«

»Und die Sache in Australien? Haben die zusätzlichen Informationen irgendeinen Einfluß auf den früheren Schluß?«

Celia dachte: Wir sitzen hier und reden ganz beiläufig von >Berichten< und >Fällen< und »Schlüssen, wo es doch in Wirklichkeit . . . selbstwenn Montaynenichtsdamitzu tun hat. . . um Babysgeht, die ihr Leben lang dahinvegetieren und nie fähig sein werden, zu gehen oder auch nur ihre Glieder zu bewegen oder ihr Gehirn auf normale Weise zu benutzen. Sind wir wirklich so gleichgültig, oder ist es die Angst, die uns daran hindert, die Dinge beim richtigen Namen zu nennen, so widerwärtig sie auch klingen mögen ? Vielleicht sind wir auch nur erleichtert darüber, daß diese Babys woanders leben und nicht hier bei uns und daß wir sie nicht zu sehen brauchen . . . im Gegensatz zu Sams Enkel, der in unserer Nähe lebt und dessen Geburt wir mit Schokolade und Zigarren feiern.

Lord beantwortete Sams Frage und konnte seinen Ärger über Celias Einmischung nur mühsam verbergen. »Diese zusätzlichen Informationen ändern überhaupt nichts. Tatsächlich sehe ich absolut keinen Grund dafür, sie überhaupt zu erwähnen.«

Um den Tisch machte sich Erleichterung bemerkbar.

»Aber da wir nun mal versammelt sind, habe ich für das Protokoll ebenfalls einen Kommentar ausgearbeitet, der den wissenschaftlichen Standpunkt zu diesen drei Vorfällen klarmacht.« Lord zögerte. »Ich weiß, daß wir in Eile sind . . .«

»Wie lange wird es dauern?« fragte Sam.

»Nicht länger als zehn Minuten. Ich verspreche es.«

Sam warf einen Blick auf seine Uhr. »In Ordnung, aber halten Sie sich daran.«

Abersogehtdasdochnicht! dachte Celia schockiert. DasProblem ist viel zu wichtig, um auf diese Weise abgehandelt zu werden. Sie hielt ihre Gedanken jedoch unter Kontrolle und konzentrierte sich auf Vincent Lords Worte.

Der Leiter der Forschungsabteilung sprach ruhig und überzeugend. Er erwähnte den Lebensbereich der drei behinderten Kinder und deren Eltern und wies darauf hin, wie viele Ursachen es für die Störung einer normalen Schwangerschaft geben könne. Vor allem »eine unkontrollierte Mischung von Chemikalien im menschlichen Körper, insbesondere die Verbindung von Medikamenten und Alkohol«, konnte verheerende Auswirkungen haben.

In all den zur Diskussion stehenden Fällen, argumentierte Lord, gab es Faktoren mit möglicher negativer Einflußnahme, manche von ihnen so zwingend, daß es unvernünftig und unwissenschaftlich war, Montayne dafür verantwortlich zu machen, vor allem, da Montayne weltweit von jeder Schuld reingewaschen war. Er bezeichnete die Versuche, diesem Medikament die Schuld zu geben und die damit verbundene Publicity als »Hysterie« und »mutmaßlichen Schwindel«.

Alle Anwesenden schienen beeindruckt. Celia wünschte, auch so eindeutig und zuversichtlich zu sein wie Vince. Sie wünschte es sich von Herzen und sah auch ein, daß Lord viel eher qualifiziert war, ein Urteil abzugeben, als sie selbst. Und doch war sie sich, bis gestern noch eine der stärksten Befürworterinnen von Montayne, einfach nicht mehr sicher.