Выбрать главу

Andrew rief im Lauf des Tages zweimal bei Celia an, zuerst im Büro, später zu Hause. Als er erfuhr, daß ihre Kündigung bereits in Kraft getreten war, versprach er ihr, so früh wie möglich nach Hause zu kommen, und traf nachmittags rechtzeitig zum Tee ein, den Celia zubereitet hatte; eine neue Erfahrung für sie - wahrscheinlich würde sie das von jetzt an häufiger tun.

»Nach all den Entscheidungen, die du treffen mußtest«, sagte Andrew und nippte an seinem Tee, »habe auch ich ein paar Entscheidungen getroffen, und zwar für uns beide. Ich finde, wir sollten endlich wieder ein bißchen leben.« Er zog einen großen braunen Umschlag hervor. »Wir werden eine Reise machen.«

»Und wohin?«

»Überallhin. Eine Weltreise.«

Celia riß die Arme hoch. »Andrew, du bist wunderbar!«

»Hoffentlich findest du das auch noch, wenn du sechs Monate mit mir auf Schiffen und in Hotels verbracht hast.« Er zog zahlreiche Prospekte aus dem Umschlag. »Zuerst, dachte ich mir, fliegen wir nach Europa, fahren nach Frankreich, Spanien, Italien, überallhin, wo es etwas Interessantes zu sehen gibt; dann machen wir eine Mittelmeerkreuzfahrt . . .«

Trotz der Anspannung der letzten Tage hellte sich Celias Stimmung auf. Über eine Weltreise hatten sie schon oft gesprochen, aber immer nur wie über einen vagen Zukunftstraum. Warum nicht jetzt? dachte sie. Konnte es einen besseren Zeitpunkt geben?

Andrew freute sich wie ein kleiner Junge. »Wir sollten auch Ägypten und Israel besuchen, dann ein kurzer Aufenthalt in den Vereinigten Arabischen Emiraten . . . Indien nicht zu vergessen . . . Japan ist ein >Muß<, ebenso Singapur . . . und auch Australien und Neuseeland dürfen wir nicht auslassen . . .«

»Das ist eine wunderbare Idee!« sagte sie

»Ich muß nur noch eine Urlaubsvertretung für meine Praxis finden«, erklärte Andrew. »Das wird wahrscheinlich einen Monat dauern, so daß wir im März fahren können.« Mit den Kindern würde es keine Probleme geben, denn Lisa und Bruce hatten sich für den Sommer einen Ferienjob gesucht.

Sie schmiedeten Pläne, und obwohl Celia wußte, daß der Schmerz unweigerlich zurückkehren und wohl nie ganz vergehen würde, konnte sie ihn - mit Andrews Hilfe - für kurze Zeit verdrängen.

Später fragte Andrew: »Ich weiß, es ist noch zu früh, aber hast du dir schon darüber Gedanken gemacht, was du in Zukunft tun wirst? Ich kann mir nicht vorstellen, daß du ewig zu Hause bleiben möchtest.«

»Nein«, sagte sie, »das werde ich ganz bestimmt nicht. Aber im Augenblick weiß ich noch nichts. Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken - und du verschaffst die mir, Liebling.«

In dieser Nacht schliefen sie miteinander - nicht leidenschaftlich, sondern sanft und mit einer Zärtlichkeit, die Celia Ruhe und Sicherheit gab.

Celia hielt Wort. Sie gab in den folgenden Wochen keine öffentliche Erklärung über den Grund ihres Weggangs von Felding-Roth ab. Die Nachricht von ihrer Kündigung sprach sich in der Branche schnell herum und fand auch in der Presse Erwähnung. Es gab eine Menge neugieriger Fragen, die aber unbeantwortet blieben. Das Wall Street Journal, die Business Week und die New York Times riefen bei Celia an und baten um Interviews. Celia lehnte ab und ging auch nicht auf Fragen aus ihrem Freundeskreis ein.

Nur Lisa und Bruce wurden auf Andrews Drängen hin informiert. »Das schuldest du ihnen«, sagte er. »Die Kinder bewundern dich, genauso wie ich. Sie haben ein Recht darauf, alles zu erfahren.

Das bedeutete Reisen nach Stanford zu Lisa und nach Potts-town, wo Bruce jetzt sein drittes Jahr in der Hill School absolvierte, und am Ende tat Celia die Abwechslung gut. Ihre Tage waren jetzt nicht mehr so hektisch und ausgefüllt, und es fiel ihr nicht leicht, sich daran zu gewöhnen, daß sie jetzt mehr Zeit für sich hatte.

Lisa war voller Mitgefühl, reagierte aber praktisch. »Du wirst schon was anderes finden, Mom, etwas Interessantes und Wichtiges. Das beste im Augenblick ist aber, daß du mit Daddy auf diese Weltreise gehst.«

Bruce mit seiner Sensibilität, die er sich über die Jahre bewahrt hatte, faßte die Situation am besten zusammen: »Wenn du dich wohl fühlst, Mom . . . wenn du auch später noch davon überzeugt bist das Richtige getan zu haben, dann ist das das einzige, was zählt.«

Nachdem sie mit beiden Kindern gesprochen hatte, stellte Ce-lia fest, daß sie sich tatsächlich wohl fühlte, und in dieser Stimmung flog sie Anfang März mit Andrew von New York nach Paris, wo die Reise begann, mit deren Hilfe sie über alles hinwegkommen wollte.

In seinem Haus in Harlow lag Martin Peat-Smith schlaflos in seinem Bett. Es war Samstagabend, ein paar Minuten vor Mitternacht, der Schlußpunkt einer aufregenden, ereignisreichen Woche.

Martin kam zu dem Ergebnis, daß sich der Schlaf irgendwann von selbst einstellen würde. Er entspannte sich und ließ seine Gedanken schweifen.

Manchmal war die Wissenschaft tatsächlich wie eine Frau, die sich so lange ziert, bis ihr Verehrer schon fast aufgibt und alle Hoffnung fahrenläßt, dachte er belustigt. Und dann, ohne Vorwarnung, launenhaft, ergibt sie sich, breitet die Arme aus, läßt die Kleider fallen und bietet sich an.

Wenn man die Metapher weiterspann, überlegte Martin, folgten zuweilen ganze Serien von Orgasmen, in deren Verlauf das bis dahin Unbekannte, nur Erträumte, allmählich Konturen annahm.

Aber was sollten diese ganzen sexuellen Phantasien? fragte er sich. Und beantwortete die Frage gleich selbst: Es mußte etwas mit Yvonne zu tun haben. Jedesmal, wenn er ihr im Labor begegnete, drehten sich seine Gedanken nur um ein und dasselbe, das vielleicht irgend etwas mit Biologie, aber ganz bestimmt nichts mit Wissenschaft zu tun hatte.

Und warum hast du noch nichts unternommen ?

Ja, warum eigentlich nicht?

Aber im Augenblick kehrte Martin mit seinen Gedanken zu seiner Forschungsarbeit und den wahrhaft bemerkenswerten Erfolgen zurück, die - wann genau eigentlich begonnen hatten?

Seine Gedanken wanderten zurück.

Zwei Jahre waren vergangen, seit Celia Jordan 1975 Harlow einen Besuch abgestattet hatte. Martin konnte sich noch genau daran erinnern, wie er ihr die Filme von Chromatogrammen gezeigt und erklärt hatte: »Sie werden zwei Reihen dunkler Streifen erkennen . . . das sind mindestens neun Peptide. . .«

Aber das - wie es schien - unüberwindliche Problem lag darin, daß das in den Gehirnen jüngerer Ratten entdeckte Peptid-Ge-misch in zu geringen Mengen vorhanden war, um gereinigt und untersucht zu werden. Außerdem enthielt das Gemisch Substanzen, die nicht dazugehören, so daß Rao Sastri mit Recht von einem »Nonsens-Peptid« gesprochen hatte.

Die Versuche, das Gemisch zu reinigen, wurden fortgesetzt, aber die Ergebnisse waren bestenfalls zufälliger Art und schienen Sastris Ansicht zu bestärken, daß noch zehn Jahre oder mehr ins Land gehen würden, bis die erforderliche Technik zur Verfügung stand. Frustration breitete sich im Harlower Team aus, die Moral sank und auch der Glaube an Martins Theorie.

Als er auf dem Tiefpunkt angekommen war, geschah das Wunder.

Nachdem sie geduldig weitergemacht und größere Gehirnmengen von jungen Ratten verwendet hatten, wurde eine teilweise Reinigung erzielt. Dann wurde das neue, angereicherte Gemisch - aus weniger Peptiden - den alten Ratten injiziert.

Fast augenblicklich zeigte sich eine erstaunliche Verbesserung des Lern- und Erinnerungsvermögens älterer Ratten. Das ergaben die Tests im Labyrinth ganz deutlich.

Martin mußte lächeln, als er an den Irrgarten im Labor dachte. Es war eine Miniaturausgabe jener Anlagen, in denen sich Menschen seit Jahrhunderten damit vergnügten, aus Sackgassen und Irrwegen wieder herauszufinden und nach vielen Mühen den Ausgang zu erreichen.