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» Wenn unsere Kinder soweit sind, es zu begreifen, werde ich es arrangieren«, hatte Andrew ihr damals versprochen.

Ein Versprechen, das zwanzig Jahre zurücklag!

Während die Sant Isabella am Pier 10 festmachte, sagte Andrew zu Celia: »Morgen fahren wir hin, es ist alles vorbereitet. Wir gehen zum Arizona Memorial, zum Ort, wo dein Vater mit seinem Schiff untergegangen ist. Und deine Kinder werden bei dir sein.«

Celias Lippen zitterten. Sie brachte kein Wort heraus und ergriff Andrews Hände. Ihre Augen blickten ihn voller Bewunderung an. »Du bist wunderbar, ein wunderbarer Mann!«

2

Um zehn Uhr vormittags wartete eine von Andrew gemietete Limousine vor dem Kahala Hilton-Hotel. Es war ein warmer Tag Ende August. Eine leichte Brise kam aus Süden - Kona-Wetter, wie es die Hawaiianer nannten. Über den klaren Himmel zogen vereinzelte Wolkenfetzen.

Lisa und Bruce hatten mit ihren Eltern in der behaglichen Hotel-Suite gefrühstückt, von der aus man auf den Waialae-Golf-kuirs und den Pazifischen Ozan blickte. Seit dem Wiedersehen war der Redefluß nicht abgerissen. Lisa hatte mit Begeisterung ihr erstes Jahr in Stanford hinter sich gebracht. Bruce, dessen letztes Jahr in The Hill begann, hatte sich um Aufnahme ins William College in Massachusetts beworben, wo er sich weiterhin seinem Lieblingsfach Geschichte widmen wollte.

In Erwartung des heutigen Tages hatte Bruce sich eingehend mit dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Jahr 1941 beschäftigt. »Wenn ihr Fragen habt, werde ich sie euch gern beant-worten«, informierte er die anderen.

»Du bist unerträglich!« sagte Lisa. »Aber da deine Dienste unentgeltlich sind, werde ich mich vielleicht dazu herablassen, sie in Anspruch zu nehmen.«

Celia, die den familiären Neckereien am Frühstückstisch nur mit Mühe folgen konnte, fühlte sich wie von allem losgelöst - als sei an diesem Tag ein Teil ihrer Vergangenheit zurückgekehrt. Als sie am Morgen aufgewacht war, hatte sie das Gefühl gehabt, vor einem besonderen Erlebnis zu stehen, und dieses Gefühl hielt an. Als sie sich in ihrem Faltenrock und der blau-weißen Bluse im Spiegel betrachtet hatte, war ihr ein Gedanke durch den Kopf gegangen: Wenn er doch noch lebte und mich jetzt sehen könnte - seine Tochter mit ihrer Familie!

Als wollten sie auf Celias Gefühle Rücksicht nehmen, hatten sich auch die anderen nicht so leger gekleidet wie sonst. Lisa, die gewöhnlich Jeans trug, hatte heute ein einfaches geblümtes, luftiges Kleid an; sie wirkte darin jung und strahlend schön, und einen Augenblick lang sah Celia sich selbst, als sie so alt war wie Lisa, mit neunzehn, vor siebenundzwanzig Jahren.

Andrew hatte sich für einen leichten Anzug entschieden und trug seit vielen Tagen zum ersten Mal eine Krawatte. Er wurde bald fünfzig, hatte schon graue Haare und sah mit den Jahren immer distinguierter aus, fand Celia. Bruce trug den hübschen Blazer der Hill School und ein offenes Hemd und sah auf eine ernsthafte Weise noch sehr jungenhaft aus.

Als die Jordans zum Mietauto kamen, tippte der Fahrer höflich an seine Uniformmütze und hielt die Wagentür auf. »Dr. Jordan? Sie wollen zur Arizona, nicht wahr?«

»Das ist richtig.« Andrew zog einen Notizzettel aus der Tasche. »Aber man hat mir geraten, Ihnen zu sagen, daß Sie nicht zum Besucherzentrum fahren sollen, sondern direkt zum Privathafen der CINCPACFLT.«

Der Fahrer zog die Augenbrauen hoch. »Sie müssen ein großes Tier sein.«

»Nicht ich.« Andrew lächelte und sah Celia an. »Meine Frau.«

Als sie in der Limousine saßen, fragte Lisa: »Was ist das – CINC?«

Bruce antwortete: »Commander-in-Chief Pacific Fleet. Hör mal, Dad, du hast wohl ein paar Beziehungen spielen lassen!«

Celia sah Andrew neugierig an. »Wie hast du das nur fertiggebracht?«

»Ich habe deinen Namen benutzt«, erklärte er. »Falls du es noch nicht weißt, meine Liebe - er öffnet sämtliche Türen. Es gibt eine Menge Leute, die dich bewundern.«

Alle drängten ihn, das näher zu erklären, und schließlich gestand er: »Wenn ihr es unbedingt wollt - ich habe mit dem Manager von Felding-Roth in Hawaii telefoniert.«

»Tano Akamura?« fragte Celia.

»Richtig. Und er läßt dir ausrichten, daß man dich sehr vermißt. Akamuras Frau hat zufällig eine Schwester, die mit einem Admiral verheiratet ist. Der Rest war einfach. Wir werden auf einer Admiralsbarkasse zur Arizona fahren.«

»Dad«, sagte Bruce, »das hast du toll gemacht!«

»Bei deinem Gespräch mit Tano, hattest du da Gelegenheit, ihn zu fragen, wie die Dinge stehen?« wollte Celia wissen.

Andrew zögerte. »Du meinst bei Felding-Roth . . . und wegen Montayne?«

»Ja.«

Er hatte gehofft, daß sie nicht fragen würde. »Offenbar sehr gut.«

»Das ist doch bestimmt nicht alles, was du erfahren hast«, drängte Celia. »Erzähl schon.«

Zögernd fügte Andrew hinzu: »Er betonte, Montayne sei ein großer Erfolg und würde sich >wie verrückt verkaufe«.«

Celia nickte. Es war nicht mehr, als alle erwartet hatten, und bestätigte das, was nach dem Start von Montayne bekanntgeworden war.

Der Wagen kam schnell voran, fuhr über die Autobahnen von Lunalilo und Moanalua und durchquerte dann Honolulu mit seinen modernen, hoch aufragenden Gebäuden. Nach zwanzig Minuten verließen sie die Autobahn in der Nähe des Aloha-Sta-dions und gelangten bald darauf in die US Navy Reservation an der Aiea Bay. Der eher kleine CINCPACFLT-Privathafen befand sich in einem landschaftlich schönen Gebiet, das von den Familien des Militärs benutzt wurde.

Ein fünfzehn Meter langes Marineboot - die sogenannte Ad-miralsbarkasse - wartete im Hafen mit laufendem Dieselmotor. Das Boot wurde von zwei weißgekleideten Leichtmatrosen bedient. Ein halbes Dutzend anderer Passagiere hatte schon an Deck unter einem Sonnendach Platz genommen.

Ein weiblicher Matrose zog die Leinen an, nachdem die Jordans an Bord waren. Der Steuermann, der auf der Kommandobrücke in der Mitte des Schiffs stand, manövrierte das Boot vom Anlegeplatz in den Hafenverkehr von Pearl Harbor.

Der Wind, den sie schon an Land gespürt hatten, wurde auf dem Wasser stärker, und die Wellen schwappten gegen den Bootsrumpf; gelegentlich spritzte Wasser über Bord. Das Wasser im Hafen hatte eine trübe graugrüne Farbe, unter der Oberfläche war wenig oder nichts zu erkennen. Der weibliche Matrose kommentierte die Fahrt wie eine Fremdenführerin, als sie gegen den Uhrzeigersinn um Ford Island herumfuhren. Andrew, Lisa und Bruce hörten aufmerksam zu, aber Celia, die mit ihren Erinnerungen beschäftigt war, fing nur Bruchstücke auf.

»Sonntagmorgen, siebenter Dezember 1941 . . . japanische Flieger griffen ohne Vorwarnung an . . . die erste Welle um sieben Uhr fünfundfünfzig . . . um acht Uhr fünf erschütterten Explosionen die aufgereihten Schlachtschiffe . . . acht Uhr zehn, Arizona, ins Munitionslager getroffen, explodierte und sank . . . gegen acht Uhr zwölf bekam Utah Schlagseite . . . California und West Virginia sanken . . . Oklahoma kenterte . . . Verluste: zwei-tausendvierhundertdrei Tote, eintausendeinhundertachtundsieb-zig Verwundete . . .«

Das ist alles so lange her, dachte sie - sechsunddreißigJahre; mehr als ein halbes Leben. Und doch war es ihr bis zu diesem Augenblick noch nie so nahe vorgekommen.

Das Marineboot änderte seinen Kurs, als es in die Nähe der Kanaleinfahrt von Pearl Harbor gelangte, korrigierte ihn noch einmal, als es die Südspitze von Ford Island umrundete. Und plötzlich, direkt vor ihnen: das Arizona Memorial, weiß im gleißenden Sonnenlicht.