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»Wieso ?«

Celia probierte ein Stück von dem gebratenen Barsch und verkündete: »Er trieft vor Fett! Eigentlich sollte ich das nicht essen, aber es ist einfach zu köstlich, um es stehenzulassen.« Sie legte die Gabel aus der Hand, lehnte sich zurück und hing wieder ihren Erinnerungen nach.

»Er war Internist wie du, Andrew. So um die Vierzig etwa, und ich glaube, er hatte gerade seinen schlechten Tag. Kaum hatte ich jedenfalls mein Verkaufsgespräch begonnen, da unterbrach er mich auch schon: Junge Frauc, sagte er, >Sie wollen mit mir über Medizin reden? Dann will ich Ihnen mal was sagen: Ich habe vier Jahre an der medizinischen Hochschule verbracht, weitere fünf im Krankenhaus gearbeitet, und seit zehn Jahren praktiziere ich, und wenn ich auch nicht alles weiß, weiß ich doch eine ganze Menge mehr als Sie. Was Sie mir mit Ihren unzureichenden Kenntnissen da erzählen wollen, könnte ich in zwanzig Sekunden auf der Werbeseite irgendeiner medizinischen Fachzeitschrift nachlesen. Machen Sie also, daß Sie rauskommen!«

Andrew verzog das Gesicht. »Wie gemein!«

»Aber gut für mich«, sagte Celia. »Auch wenn ich mir vorkam, als habe man mich gerade wie ein Stück Dreck vom Fußboden gekratzt. Aber er hatte ja recht.«

»Hat man dir denn bei Felding-Roth keine Ausbildung gegeben?«

»Nur kurz und oberflächlich. Vorwiegend wurden Verkaufsgespräche durchgespielt. Meine chemischen Kenntnisse haben mir geholfen, aber nicht viel. Ich war einfach nicht darauf vorbereitet, mit vielbeschäftigten, hochqualifizierten Ärzten zu reden.«

»Das ist einer der Gründe«, bestätigte Andrew, »warum manche Ärzte sich weigern, Pharma-Vertreter zu empfangen. Abgesehen davon, daß man sich ein stereotypes Verkaufsgeschwätz anhören muß, kriegt man möglicherweise auch noch falsche Informationen aufgetischt, was gefährlich sein kann. Manche Vertreter erzählen einem Märchen, ja belügen einen sogar, nur damit man den Patienten ihr Produkt verschreibt.«

»Andrew, Liebster, ich möchte, daß du in dieser Sache etwas für mich tust. Worum es geht, sage ich dir später.«

»Gern, wenn ich kann. Und was geschah nach North Platte?«

»Zwei Dinge wurden mir klar: Erstens, daß ich aufhören mußte, wie ein Verkäufer zu denken, und niemanden zum Kauf drängen durfte. Zweitens, daß ich, auch wenn die Ärzte mehr wußten als ich, versuchen mußte, bestimmte Dinge über Arzneimittel herauszufinden, die sie noch nicht wußten und die für sie von Nutzen sein konnten. Und während ich dieses Ziel verfolgte, entdeckte ich zufällig noch etwas anderes: Ärzte lernen eine Menge über Krankheiten, aber über Medikamente sind sie nicht besonders gut informiert.«

»Stimmt«, gab Andrew zu. »Was man während des Medizinstudiums über Arzneimittel erfährt, ist so gut wie nichts, und in der Praxis ist es schon schwer genug, sich über die medizinischen Entwicklungen auf dem laufenden zu halten, geschweige denn über Pharmazeutika.«

»Und dann wurde mir noch etwas klar«, sagte Celia. »Nämlich, daß ich den Ärzten immer die Wahrheit sagen mußte und niemals übertreiben oder etwas verschweigen durfte. Und wenn mich einer nach dem Produkt einer Konkurrenzfirma fragte und es besser war als das unsere, dann gab ich das auch zu.«

»Wie kam es zu diesem großen Wandel?«

»Eine ganze Weile habe ich nachts immer nur vier Stunden Schlaf gekriegt.« Celie beschrieb, wie sie neben der Tagesarbeit ihre Abende und Wochenenden damit verbrachte, jedes Arzneimittelfachbuch zu lesen, das sie in die Hände bekam. Sie studierte alle Einzelheiten, machte sich Notizen und lernte alles auswendig. Wenn Fragen auftauchten, suchte sie in Bibliotheken nach Antworten. Sie fuhr in die Zentrale von Felding-Roth in New Jersey und drängte frühere Kollegen von der Forschungsabteilung, ihr mehr Informationen zu geben, als in den Fachbüchern standen; sie informierte sich auch über all das, woran gerade gearbeitet wurde und was in Kürze verfügbar sein würde. Es dauerte nicht lange, und ihre Besuche bei den Ärzten wurden erfolgreicher; manche Ärzte baten sie sogar, ihnen spezielle Informationen zu besorgen. Und allmählich nahmen die Bestellungen von Felding-Roth-Produkten in ihrem Gebiet zu.

»Celia, du bist wirklich fabelhaft«, sagte Andrew bewundernd.

Sie lachte. »Und du hast Vorurteile, aber ich liebe dich. Auf jeden Fall verdreifachte sich innerhalb eines Jahres der Umsatz der Firma in Nebraska.«

»Und dann haben sie dich aus dem Außendienst zurückgeholt?«

»Sie haben das Nebraska-Gebiet einem neuen Mann und mir ein wichtigeres Gebiet in New Jersey gegeben.« »Das muß man sich mal vorstellen«, sagte Andrew. »Wenn sie dich woandershin geschickt hätten, wären wir uns nie begegnet.«

»Doch«, sagte sie überzeugt, »wir wären uns begegnet. So oder so, denn wir sind füreinander bestimmt. >Heiraten ist Bestimmung.««

»>Und Hängen auch<«, fügte er hinzu.

Sie mußten beide lachen.

»Phantastisch!« sagte Celia entzückt. »Ein verstaubter Schulmediziner, der John Heywood zitieren kann.«

»Genau. Denselben Heywood, Schriftsteller aus dem sechzehnten Jahrhundert, der auch Musik für Heinrich den Achten gemacht und gesungen hat«, brüstete sich Andrew.

Sie standen auf, und der Wirt rief vom Holzfeuer herüber: »Ist das ein guter Fisch oder nicht, junges Hochzeitspaar? Alles in Ordnung?«

»Alles in bester Ordnung«, versicherte Celia. »Der Fisch und die Flitterwochen.«

»Auf einer kleinen Insel gibt es keine Geheimnisse«, bemerkte Andrew amüsiert. Er bezahlte das Essen mit einem Zehn-Schilling-Schein der Bahamas - in Dollar umgerechnet eine bescheidene Summe - und winkte ab, als der Wirt ihm das Wechselgeld herausgeben wollte.

Draußen war es jetzt kühler und die Brise vom Meer frischer. Glücklich gingen sie Arm in Arm die stille, gewundene Straße hinunter ins Tal.

Es war ihr letzter Tag.

Das Wetter auf den Bahamas war schlechter geworden, als paßte es sich der Abschiedsstimmung an. Die Wolkenschicht am Himmel war von einem morgendlichen Regenschauer begleitet, und der kräftige Nordostwind wühlte das Wasser auf, daß es schäumte, und peitschte die Wellen gegen die Küste.

Andrew und Celia wollten mittags mit den Bahamas Airways von Rock Sound abfliegen; in Nassau hatten sie Anschluß an eine PanAm in Richtung Norden, so daß sie noch am selben Abend in New York sein würden. Am nächsten Tag mußten sie wieder in Morristown sein und würden dort in Andrews Wohnung in der South Street wohnen, bis sie ein geeignetes Haus gefunden hatten.

Celia, die in Boonton in einem möblierten Zimmer gehaust hatte, war dort bereits ausgezogen und hatte ihre Sachen in einem Lager deponiert.

In dem Bungalow, in dem sie ihre Flitterwochen verbracht hatten und den sie in einer knappen Stunde verlassen würden, war Celia schon beim Packen; ihre Sachen lagen auf dem Doppelbett ausgebreitet. »Es war wunderbar hier. Und das ist erst der Anfang«, rief sie Andrew zu, der sich im Badezimmer rasierte.

»Ein spektakulärer Anfang! Aber ich bin trotzdem bereit, wieder an die Arbeit zu gehen«, antwortete er durch die geöffnete Tür.

»Weißt du, was ich glaube, Andrew? Wir beide haben eines gemeinsam: Wir fühlen uns bei der Arbeit wohl, und wir sind beide ehrgeizig. Das wird immer so sein.«

»Hm, hm.« Er kam nackt aus dem Bad und trocknete sich mit einem Handtuch das Gesicht ab. »Trotzdem kein Grund, die Arbeit nicht auch mal zu unterbrechen. Vorausgesetzt, daß es dafür gute Gründe gibt.«

»Haben wir denn noch Zeit?« wollte Celia fragen, konnte den Satz aber nicht beenden, weil Andrew sie küßte.

Etwas später murmelte er: »Könntest du bitte das Bett freimachen?«