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Beide aber waren über die Fortschritte im Institut überglücklich.

Martin schrieb in einem seiner seltenen Berichte nach New Jersey: »Die Struktur von Peptid 7 ist jetzt bekannt. Wir haben das Gen hergestellt und in Bakterien eingeführt; größere Mengen sind in Vorbereitung.« Dieser Vorgang ähnelte »der Zubereitung von menschlichem Insulin«, wie er es ausdrückte. Gleichzeitig wurden Tests an Tieren durchgeführt, um die Sicherheit und Wirksamkeit von Peptid 7 zu prüfen. Sie hatten schon umfassende Daten gesammelt und würden in ein paar Monaten soweit sein, die Erlaubnis für Versuche an Menschen einzuholen.

Vielleicht war es gar nicht zu vermeiden, daß die Presse von den Forschungen im Institut Wind bekam. Obgleich Martin Interviews ablehnte, weil er fand, daß es für Veröffentlichungen noch zu früh war, erschienen einige Artikel, die im großen und ganzen den Tatsachen entsprachen. Sie berichteten von einer »Wunderdroge, die das Altern hinauszögert und gerade an Tieren erprobt wird«, wie auch von der »bemerkenswerten gewichtsreduzierenden Wirkung des Mittels«. Martin war wütend, weil diese Informationen nur von jemandem aus seinem Team stammen konnten.

Martin forderte Nigel Bentley auf herauszufinden, wer es war, aber ohne Erfolg.

»Im Grunde hat die Publicity keinen Schaden angerichtet«, bemerkte der Verwalter. »In wissenschaftlichen Kreisen ahnt man doch bereits, was Sie vorhaben - vergessen Sie nicht die beiden Spezialisten, die hier waren. Und wenn die Öffentlichkeit jetzt ein bißchen neugierig gemacht wird, kommt das später dem Verkauf von Peptid 7 zugute.«

Eine unwillkommene Folge dieser Publicity war eine Flut von Briefen, Pamphleten und Petitionen von den Verfechtern der »Tierrechte« - Extremisten, die gegen jede Art von Tierversuchen waren. Manche bezeichneten Martin und sein Harlower Team als »Sadisten«, »Peiniger«, »Barbaren« und »herzlose Verbrecher«.

Nachdem Martin einige dieser Schmähbriefe zu Hause gelesen hatte, sagte er zu Yvonne: »In jedem Land gibt es Eiferer, die sich gegen Tierversuche auflehnen, aber in England sind sie am schlimmsten.« Er nahm einen anderen Brief in die Hand, legte ihn aber angewidert beiseite: »Diese Leute wollen nicht etwa nur, daß die Tiere sowenig wie möglich leiden müssen - das möchte ich auch, und ich glaube, daß es dafür strengere Gesetze geben muß -, diese Leute verlangen, daß unser gesamter Wissenschaftszweig, der auf die Tiere angewiesen ist, zum Erliegen kommt.«

»Glaubst du, daß es mal eine Zeit geben wird, in der die Forschung Tierversuche wird entbehren können?« frage Yvonne.

»Ja, vielleicht später einmal. Denn schon heute werden für manche Tests andere Methoden angewendet - Gewebekulturen, Mengenpharmakologie und Computer. Aber ganz ohne Tiere . . .« Martin schüttelte den Kopf. »Vielleicht wird es das einmal geben, aber bis dahin vergeht noch viel Zeit.«

»Dann kümmere dich einfach nicht darum.« Yvonne stopfte die Protestbriefe in eine Aktentasche. »Außerdem - denk doch mal an unsere Tiere. Durch Peptid 7 sind sie gesünder und gescheiter.«

Aber ihre Worte konnten Martin nicht aus seiner düsteren Stimmung reißen. Die Flut von Protestschreiben hatten ihn deprimiert.

Im Institut herrschte jedoch eine völlig andere Stimmung, die in krassem Gegensatz zu früheren Tagen stand, als man noch völlig im dunkeln tappte und es kaum Fortschritte, nur negative Einflüsse gab. Das veranlaßte Martin, Rao Sastri gegenüber zu bemerken: »Ich mache mir Sorgen. Wenn etwas so gut läuft wie bei uns, kann es passieren, daß man plötzlich hinter der nächsten Kurve zurückgeworfen wird.«

Seine Worte sollten sich früher als erwartet bewahrheiten.

Es geschah am darauffolgenden Wochenende. Sonntag nacht, kurz nach ein Uhr, wurde Martin durch einen Telefonanruf geweckt. Yvonne schlief neben ihm.

Als Martin den Hörer abnahm, meldete sich Nigel Bentley.

»Ich bin im Institut«, sagte der Verwalter. »Die Polizei hat mich gerufen. Ich glaube, es ist besser, wenn Sie herkommen.«

»Was gibt es denn?«

»Schlechte Nachrichten, fürchte ich.« Bentleys Stimme klang wütend. »Aber es wäre mir lieber, wenn Sie es sich selbst ansähen. Können Sie schnell kommen?«

»Bin schon unterwegs.«

Inzwischen war Yvonne aufgewacht. Als Martin in seine Hose fuhr, zog sie sich auch schnell an.

Sie nahmen Martins Auto. Vor dem Institut standen schon mehrere Fahrzeuge, zwei davon Polizeiwagen mit Blaulicht. Ein Feuerwehrwagen fuhr gerade ab. Die Eingangstüren zum Institut standen weit offen.

Bentley kam ihnen entgegen. Er war in Begleitung eines Polizeiinspektors in Uniform. Falls Bentley überrascht war, Yvonne zu sehen, ließ er es sich nicht anmerken.

»Es ist eingebrochen worden«, erklärte er. »Von Tierschützern.«

Martin runzelte die Stirn. »Tierschützer?«

»Ja, Sir«, sagte der Polizist, »die Leute nennen sich >Armee zur Rettung der Tiere<. Sie haben uns schon öfter Schwierigkeiten gemacht.« Der Inspektor, ein Mann mittleren Alters, hatte das resignierte, ironische Benehmen eines Menschen, der schon vielen Verrückten begegnet ist.

»Was haben sie getan? Was ist geschehen?« fragte Martin ungeduldig.

»Sie sind eingebrochen und haben alle Tiere freigelassen«, erwiderte Bentley. »Manche laufen noch immer im Gebäude herum. Aber die meisten Käfige haben sie rausgebracht und geöffnet, und natürlich sind die Tiere auf und davon. Dann haben sie alle Akten und Berichte, die sie finden konnten, eingesammelt, nach draußen geschafft und mit Benzin übergössen.«

»Sie haben damit ein Feuer gemacht, Doktor«, sagte der Inspektor. »Jemand in einem anderen Gebäude hat es gesehen und Alarm geschlagen. Die Feuerwehr war da und hat es gelöscht, als wir hier eintrafen. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um zwei

Verdächtige zu ergreifen, eine Frau und einen Mann. Der Mann war schon mal wegen ähnlicher Vorkommnisse im Gefängnis, wie er selbst zugibt.«

»Die beiden werden in meinem Büro festgehalten«, fuhr Bentley fort. »Es scheint sich um eine Gruppe von sechs Leuten zu handeln. Sie haben den Nachtwächter überwältigt und in einen Schrank gesperrt. Sie wußten auch, wie man den Alarm abschaltet.«

»Das ganze Unternehmen war sorgfältig geplant«, sagte der Polizeiinspektor. »Das ist typisch für diese Leute.«

Martin konnte kaum zuhören. Seine Augen waren auf vier Ratten gerichtet, die sich in einer Ecke der Empfangshalle zusammendrängten. Durch die vielen Stimmen erschreckt, liefen sie jetzt durch eine offene Tür nach draußen. Martin folgte ihnen, rannte in Richtung der Labors und Tierställe. Er stand vor einem totalen Chaos. Die Käfige waren entweder offen und leer oder gar nicht mehr vorhanden. Notizbücher waren verschwunden, Aktenordner aus den Regalen gerissen, der Inhalt auf dem Boden verstreut. Viele fehlten, waren wahrscheinlich verbrannt.

Bentley, der Inspektor und Yvonne waren Martin gefolgt.

»O mein Gott!« murmelte Yvonne.

Martin, der völlig verzweifelt war, konnte nur stammeln. »Aber warum? Warum denn nur?«

»Vielleicht sollten Sie diese Frage dem Pärchen stellen, das wir festgenommen haben, Doktor«, schlug der Inspektor vor.

Martin nickte wortlos, und der Inspektor ging voraus zum Büro des Verwalters, in dem ein junger Polizist einen Mann und eine Frau bewachte.

Die Frau, Mitte Dreißig, war groß und schlank. Sie hatte hagere, arrogante Gesichtszüge und einen kurzen Haarschnitt. Zwischen ihren Lippen hing eine brennende Zigarette. Sie trug enge Jeans, einen Lumberjack und wadenhohe Gummistiefel. Als der Inspektor und die anderen hereinkamen, blickte sie ihnen voller Verachtung entgegen.