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Leise schloß sich die Tür hinter ihr, und ihre Schritte entfernten sich im Flur.

Mary sah hoffnungsvoll zu ihrem Vater auf. »Daddy?« sagte sie zaghaft.

Sichtlich erschüttert setzte sich Ted zu ihr aufs Bett und musterte sie mit forschendem Blick. Er wußte nicht, was er sagen, wie er beginnen sollte. Er brachte kein einziges Wort zustande. Er hatte das Gefühl, als hätte man ihm mit einem Ruck den Boden unter den Füßen weggerissen.

»Was ist passiert?« hörte er sich schließlich fragen.

»Ich weiß es nicht, Daddy. Beide Ärzte sagen, daß ich ein Kind bekomme.«

Er nickte langsam. Er erinnerte sich, daß Lucille ihm, während er vor dem Fernseher gesessen hatte, etwas von einem Arzt in einer luxuriösen Praxis erzählt hatte, der nicht einmal eine einfache Grippe diagnostizieren konnte; sie hatte irgend etwas von Laboruntersuchungen erzählt und daß dieser Arzt die Frechheit besessen hätte zu behaupten, ihre Tochter sei schwanger. Und am Samstag nachmittag, als sie am Schwimmbecken gesessen und Pina Coladas geschlürft hatten, während auf dem Grill die Steaks brutzelten, hatte Lucille erklärt, daß sie mit Mary, die immer noch an Übelkeit litt, zu einem Gynäkologen gehen würde.

Während Ted jetzt auf Mary hinuntersah, fragte er sich, wo war ich eigentlich die ganze Zeit.

»Es ist nicht wahr«, hörte er Mary mit kleiner Stimme sagen. »Ich weiß nicht, was mir fehlt, Daddy, aber ich bin bestimmt nicht schwanger.«

Ted räusperte sich in der Hoffnung, daß endlich die Worte fließen würden. Aber es kam gar nichts.

»Ich weiß ja, daß sie Untersuchungen gemacht haben, Daddy, und ich weiß auch, daß sie beide erfahrene Ärzte sind, aber es ist einfach nicht möglich.«

Ted brachte endlich wenigstens einen tiefen Seufzer zustande. Und dann kamen auch Worte. »Mary«, sagte er leise. »Ich mache mir Vorwürfe. Ich habe das Gefühl, das ist alles meine Schuld.«

»Aber wieso denn?«

»Ich habe als Vater versagt. Ich habe dir nicht beigebracht -

«

»Aber Daddy! Es hat nichts mit dir zu tun. Ich habe irgendeine Krankheit oder was, das die Ärzte nicht erkennen können. Was hat das damit zu tun, ob du ein guter Vater bist oder nicht?«

»Kätzchen.« Ted streichelte Marys Wange. »Vielleicht hatte deine Mutter recht. Vielleicht hätte ich dich und Amy auf der katholischen Schule lassen sollen. Vielleicht wäre das dann nicht -«

»Aber Daddy -«

»Hör mir zu, Kätzchen. Ich glaube nicht, daß du etwas Schlimmes getan hast, okay? Glaubst du mir das?«

Sie nickte unsicher.

»Du hast wahrscheinlich nicht gewußt, was du tust. Selbst jetzt ist dir wahrscheinlich nicht klar, was du getan hast. Ich dachte immer, deine Mutter hätte dich aufgeklärt -«

»Daddy«, sagte sie flehentlich. »Ich weiß genau, wie es geht, und ich hab nie so was getan. Das hab ich den Ärzten auch gesagt. Ich hab so was nie getan.«

Ted sah seiner Tochter stirnrunzelnd ins Gesicht. »Mary, ich glaube nicht, daß zwei Ärzte eine Schwangerschaft bei dir feststellen könnten, wenn es nicht so wäre.«

»Aber ich bin nicht schwanger!« rief sie. »Daddy!« Die Tränen schossen ihr in die Augen. »Du mußt mir glauben. Ich hab nichts getan.«

»Komm, komm«, flüsterte er, legte den Arm um sie und zog sie an sich. Sie legte den Kopf an seine Brust. Ein Weilchen weinte sie noch, dann wurde sie still. Ted hielt sie fest an sich gedrückt.

»Mary«, sagte er leise. »Du mußt mir vertrauen, ja?« Sie nickte stumm.

»Ich verurteile dich nicht. Ich bin auch nicht böse oder sonst etwas in der Richtung. Ich stehe auf deiner Seite, Mary, denn du bist meine Tochter. Ich möchte dir helfen. Glaubst du mir das?«

Sie nickte wieder.

»Kätzchen - sag mir nur eines.«

»Ja, Daddy?«

Er holte Atem. »Wer war es?«

Mit einem Ruck hob Mary den Kopf und wich vor ihrem Vater zurück. »Du glaubst ihnen«, flüsterte sie ungläubig.

»Das muß ich doch, Kätzchen.«

»Wieso? Wieso mußt du ihnen glauben und nicht mir?«

»Sag mir nur, wer es war, Mary? War es Mike?«

Sie fuhr zurück, als hätte er sie geschlagen. »Daddy!« schrie sie mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Ach, Daddy! Oh, lieber Gott!«

Als sie aufsprang, fuhr Ted hoch und packte sie beim Arm.

»Lauf jetzt nicht vor mir weg, Mary.«

»Du bist genau wie Mutter. Du glaubst, daß ich es getan habe.«

»Mary -«

»Nein! Nein!« Mit einer abrupten Bewegung riß Mary sich los und rannte zur Tür.

»Mary! Warte!« rief Ted ihr nach, aber er war so blind von seinen eigenen Tränen, daß er nicht sehen konnte, wohin sie lief.

Im sanften Licht der Spätnachmittagssonne, das durch die großen Fenster seiner Praxis strömte, saß Jonas Wade über lästiger Büroarbeit. Nachdem er die Sprechstundenhilfe nach Hause geschickt hatte, war er mit grimmiger Entschlossenheit daran gegangen, Krankenblätter zu vervollständigen und Korrespondenz zu diktieren, die bisher unerledigt liegengeblieben war.

Am Nachmittag war nicht viel los gewesen. Mehrere Patienten hatten ihre Termine abgesagt. Wer konnte es ihnen verübeln, daß sie bei dieser Hitze lieber in ihrem Garten geblieben oder zum Schwimmen gegangen waren? Selbst Gel-sons Supermarkt, den er von seinem Platz aus sehen konnte, war wie ausgestorben. Die Sonne würde erst in zwei Stunden untergehen; dies war die heißeste Zeit des Tages. Er hob den Kopf, als er von draußen Geräusche hörte. Ja, jemand rüttelte am Türknauf. Als es danach klopfte, ging er ins Wartezimmer hinaus. Er konnte hören, wie im Hausflur jemand davonging.

Er öffnete die Tür und schaute hinaus. Überrascht sah er Mary Ann McFarland bei den Aufzügen stehen.

»Mary?« rief er.

Sie drehte sich um. Als sie ihn sah, lächelte sie entschuldigend und kam auf ihn zu.

»Hallo, Dr. Wade. Ich dachte, Sie wären schon gegangen. Die Tür zur Praxis war abgeschlossen.«

»Ja, die Praxis ist auch schon geschlossen. Wolltest du zu mir?«

Sie blieb unschlüssig stehen.

»Komm doch herein, wenn du möchtest.« Er trat zurück und hielt ihr die Tür auf.

Als sie, immer noch zögernd, an ihm vorüberging, sah er, daß ihre Augen rot und verschwollen waren. Sie sah auch nicht so gepflegt und adrett aus wie die vergangenen Male, als sie bei ihm gewesen war. Ihr Haar war so zerzaust, als sei sie gerade aus dem Bett gekommen, die Bluse hing ihr hinten aus dem Rock.

Er ging ihr voraus in sein Sprechzimmer und setzte sich. Mary blieb stehen, ohne ein Wort zu sagen.

»Wie bist du denn hergekommen, Mary?« fragte Jonas Wade, um dem Mädchen seine Befangenheit zu nehmen.

»Mit dem Rad.«

»Bei dieser Hitze?«

Sie hob den Kopf zu den großen Fenstern und sah blinzelnd in die dunstige gelbe Sonne. »Ja, es ist wirklich ziemlich heiß

»Setz dich doch, Mary.«

Sie kauerte sich auf die Sesselkante, als wolle sie jeden Moment wieder aufspringen und davonlaufen.

»Möchtest du etwas Kaltes trinken?« fragte er, während er das unruhige Spiel ihrer Hände beobachtete. »Ich glaube, wir haben eine Cola draußen im Kühlschrank.«

»Nein, danke.« Sie hielt den Kopf gesenkt.

»Was kann ich für dich tun, Mary?«

Sie zupfte an ihrem Rock. »Ich wollte mit jemandem reden.«

»Okay.«

Langsam hob sie den Kopf und sah ihn an. Sein Gesicht war

ernst, aber sein Blick machte ihr Mut.

»Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich hergekommen bin. Ich wollte nur weg.«

»Weg von wo?«

»Von zu Hause.«

»Warum?«

Sie senkte wieder den Kopf. »Ich hätte wahrscheinlich lieber zu Pater Crispin gehen sollen, aber manchmal ist er nicht in der Kirche. Er ist ziemlich viel unterwegs, wissen Sie, in Krankenhäusern und so. Aber ich wußte, daß Sie da sein würden, Dr. Wade, weil ja Mittwoch ist, und - na ja, letzten Mittwoch . . .«