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Beneide und beglückwünsche mich. Des Glückes ist kein Ende mehr.

Dein Peter.<

Dr. Portz hob den Brief nicht an die Nase und schnupperte das Parfüm des Paradieses — er schleuderte das Papier in den Papierkorb und griff zum Kognak.

Sabine Sacher mit meinem Assessor Bornemeyer und Peter Sacher mit einer Yvonne, die Lippen wie Nektarseen hat. Das war auch für einen Riesen wie Portz nicht zu verkraften.

Das Maß der Dinge aber sprengte ein zweiter Bericht Assessor Bornemeyers, den Dr. Portz als untersten Brief hervorzog. Als er den Poststempel sah, warf er das Schreiben erst einmal weit weg und setzte sich erschöpft in einen der Sessel, in denen sonst seine klagenden Klienten saßen und ihn mit trauriger Miene glaubenheischend belogen.

So geht es nicht weiter, das war der Gedanke, der sich im Gehirn Dr. Portz' immer wiederholte und der wie ein Kreisel durch seine Hirnwindungen lief. Die ersten drei Tage des Eheexperimentes sind bereits eine Katastrophe. Wie wird es erst aussehen, wenn sechs Wochen herum sind? In 42 Tagen kann, wenn es so weitergeht, die Erde von der Blutrache in den Strudel Sacherscher Entgleisungen gezogener Familien überschwemmt sein!» Nur eins gibt es«, sagte Dr. Portz laut zu sich selbst.»Sie müssen alle wieder zurück nach Düsseldorf! Amerikanische Psychologie ist eben nichts für einen Rheinländer!«

Nach dieser Selbstberuhigung holte er den zweiten Brief Bornemeyers aus der Ecke und las ihn.

>13. — 10 Uhr morgens. Treffe mich mit Sabine Sacher im Kaffeesalon. Süße Frau! Gesteht mir, daß sie zur Zeit völlig ungebunden ist. Kann als ehewidrig ausgelegt werden! Ich pflichte ihr bei, was sie zu ermutigen scheint. Anschließend Wanderung durch die Dünen.

11.27 Uhr. Habe Sabine geküßt. Küßt wunderbar. Zeugen: Ein Strandwärter, zwei Badegäste (Namen und Anschriften in der Anlage) und ein Fischer. Sabine ist entzückend. Haben uns für 14 Uhr zum Baden verabredet. Zum Abschied wieder Kuß.

12.05 Uhr. Zeugen: sieben Kurgäste auf der Promenade (Namen und Anschriften in der Anlage) und zwölf Kinder im Alter von 5-13 Jahren. Da minderjährig, als Zeugen nicht vorschlagbar.

Nächster Bericht übermorgen.

gez. Bornemeyer.<

Dr. Portz zerknüllte den Brief in seiner Hand. Den Papierknödel warf er irgendwohin.»Dieses Theater ist zu Ende!«brüllte er gegen die Wand, vor der er stand.»Beide kommen zurück! Und ich sperre sie so lange in meinem Büro ein, bis sie wie die Turteltauben um meinen Schreibtisch gurren! Und wenn's ein Jahr dauert! Und Bornemeyer, Bornemeyer.«

Dr. Portz ballte die Fäuste. Sie sahen aus wie Schmiedehämmer. Er wußte nicht, was er mit Bornemeyer tun würde, aber irgend etwas tat er.

An diesem Morgen empfing Dr. Portz keine Klienten mehr. Sogar ein Generaldirektor mußte gehen. Die Auskunft» Kann ich die kleine Wohnung meiner Geliebten als Betriebsunkosten von der Steuer absetzen?«gab ihm der Bürovorsteher.

Dr. Portz schrieb zwei Briefe.

Einen an Ferro-Bornemeyer. Strikte Weisung, sofort, sofort!!! zurückzukommen. Mit Sabine Sacher! Wie Bornemeyer das schaffte, war seine Sache. Hatte er es geschafft, mit Frau Sacher im Doppelbett zu schlafen, würde er auch das schaffen!

Der andere ging nach Paris.

Rückkehr dringend erforderlich. Deine Frau plötzlich sehr erkrankt. Völlige Störung des Hormonhaushaltes. Der Beistand des Mannes ist sehr erwünscht. Außerdem stammt der Wunsch Deiner Rückkehr von Sabine selbst

Portz!<

Eigenhändig trug er diese Briefe zur Post. Bevor er sie in den Briefkasten warf, sah er nochmals auf die Kuverts.

«Das ist das letzte Mal, daß ich Schicksal spiele«, dachte er. Dann hob er die Klappe des Briefkastens und warf die Briefe hinein.

Die Post hatte wieder sinnloses Geld verdient.

Beide Briefe kamen zu spät.

In den Dünen außerhalb des regen Badebetriebes, gedrückt in das harte Strandgras, lagen Sabine und Ermano Ferro auf ihren Bademänteln und sonnten sich.

Sie trug einen golden leuchtenden Badeanzug. Wie eine Goldbronzehaut umschloß er ihren schönen Körper. Durch die schwarzen Haare hatte sie ein rotes Band geschlungen. Ihre schon angebräunte Haut glänzte vom Sonnenöl; auf ihren geschlossenen Lidern tanzten winzige Schweißperlen.

Ermano Ferro sah sie oft an und seufzte leise, aber mit südländischem Charme. Sabine überhörte es schicklich, aber unter den Wimpern hinweg beobachtete sie ihn.

Seine weiße Haut, die so gar nicht nach Süden aussah, stach kraß von seinem Gesicht ab, das braun war. Ferro hatte Sabine dieses Phänomen erklärt, als er sich zum erstenmal entblößte, weil es gar nicht anders ging, denn man kann ja nicht voll angezogen neben einer dreiviertel nackten Frau in den Dünen liegen.

«Mein Beruf schreibt immer strengste Kleidung vor«, sagte er, sogar wahrheitsgemäß.»Nur das Gesicht und die Hände können die Glut der Sonne aufnehmen. Dafür ist aber alle verlorene Glut in meinem Herzen aufgespeichert, Signora. «Und als Sabine ihn noch kritisch ansah, fügte er unter einem wohltönenden Seufzer hinzu:»Außerdem ist mein Antlitz verbrannt unter den Strahlen Ihrer Sonne, Signora. Mein Körper hat diese Gunst noch nicht gehabt.«

Da wurde sie hellrot, wandte sich ab, legte sich auf den Bademantel und schloß die Augen.

Eine Frau, die errötet und stumm bleibt, hat eine Schlacht verloren. Bornemeyer kannte dies nur aus Romanen und Filmen. Er machte die Wahrheitsprobe, beugte sich über Sabine und küßte sie. Sie wehrte ihn nicht ab, und wenn sie ihn auch nicht widerküßte, so war doch die Duldung ein vollendeter juristischer Akt. Bornemeyer meldete den Kuß demnach auch gewissenhaft an Dr. Portz, ahnungslos ob der Wirkung, die er damit in Düsseldorf erzeugte.

Der Kuß Nummer zwei war eine Überrumpelung, von der Bornemeyer allerdings nichts schrieb. Er war neben Sabine hergegangen, war plötzlich stehengeblieben, hatte sie angeblickt und mit Spannung in der Stimme gesagt:

«Psst! Ganz still, Signora! Auf Ihrer Nase sitzt ein Käfer.«

Sabine hatte auf die Nase geschielt, aber sie hatte nichts gesehen. Desungeachtet hielt sie still.»Wo?«fragte sie nur.

«Er ist für Sie im Moment unsichtbar. Ich sehe es ganz genau. Es ist ein Käfer von der Gattung cephalus eroticus. Ich nehme ihn jetzt weg. Ganz still halten und die Augen schließen.«

Gehorsam folgte Sabine dieser Anweisung. Als sie den Kuß spürte, wehrte sie sich wieder nicht; sie war auch nicht böse oder entrüstet, sondern öffnete nur die Augen und meinte:

«Bester Signore Ferro, das hätten Sie einfacher haben können. Wozu diese faden Tricks?«

Zwei Tage war das her. Zwei Tage, in denen Ferro-Bornemeyer kaum ins salzige Meerwasser ging, weil er in einem süßen Meer des Glückes schwamm.

Heute nun lagen sie wieder in den Dünen in der Nähe der Kiebitz-Delle, sonnten sich, sprachen wenig, dachten um so mehr und hatten beide ein wenig Angst, wie es sechs Wochen lang weitergehen sollte, ohne weiter zu gehen als bisher. Ab und zu, in Abständen von zehn Minuten, küßte Ferro den ausgestreckten nackten Arm Sabines,»um die Hitze individuell aufzulockern«, sagte er einmal, und kam sich ungeheuer klug und witzig vor, seufzte dann jedesmal tief als Ausdruck seiner unterdrückten Sehnsucht und wagte es sogar einmal, Sabines Schenkel zu streicheln, was ihm ein» Na, Herr Ferro!«einbrachte. Da ließ er es sein und beschränkte sich auf Seufzer.

Sabine Sacher dachte bei den 10-Minuten-Intervall-Küssen intensiv an ihren Mann Peter. Nicht wegen der Küsse, die Ferro als so unverbindlich betrachtete, wie sie Sabine auch hinnahm, sondern weil ihre Gedanken sich damit beschäftigten, was wohl Peter jetzt in Paris machen würde. Sicherlich war er in galante Abenteuer verstrickt, denn müde Stiere werden immer munter, wenn sie auf fremden Weiden grasen.