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Er sah auf sein Display und stellte fest, dass die Basis inzwischen in Sichtweite der Flotte gerückt war. »Ich nehme an, die wurde bereits evakuiert.«

Desjani stutzte und überprüfte ihre Anzeigen. »Nein, es scheint momentan eine teilweise Evakuierung zu laufen.«

»Teilweise?«

»Ja. Da sind einige Kolonnen mit Bodenfahrzeugen unterwegs, aber die scheinen lediglich Familienangehörige zu transportieren. Uniformiertes Personal ist kaum zu entdecken.« Desjani schaute fragend zu Geary. »Es sieht so aus, als planten die Syndik-Truppen, ihre Positionen bis zum Ende beizubehalten.« Es schien Desjani nicht zu stören.

Geary sah das jedoch anders. Nachdenklich rieb er sich das Kinn. »Bodenfahrzeuge. Sonst hat nichts die Basis verlassen?«

»Mal sehen.« Diesmal zog Desjani verwundert die Augenbrauen hoch. »Ah, doch. Vor einer halben Stunde haben mehrere Luftfahrzeuge die Basis verlassen und sind zur nächstgelegenen Gebirgskette geflogen. Das System konnte sie verfolgen.«

»Die oberste Führungsebene. Die Herren Offiziere wollen sich in ihren Kommandobunker zurückziehen, um in Sicherheit und Luxus unseren Vergeltungsschlag abzuwarten«, erklärte er.

Desjani nickte zustimmend.

»Ich will diesen Bunker ausfindig machen.«

Sie grinste.

»Ich nehme an, wir haben genügend kinetische Salven, um damit ein Loch in massiven Fels zu sprengen, oder?«

»Ja, die haben wir, Sir«, erwiderte Desjani strahlend. Geary hatte soeben den Wunsch durchblicken lassen, Syndiks zu töten, und damit war ihre Welt wieder in Ordnung.

Ein ganzer Schwarm Shuttles hatte die Allianz-Flotte verlassen und senkte sich wie ein großer Insektenschwarm auf Sutrah V herab. Über ihnen waren die Schiffe der Flotte zu einer kompakten Formation zusammengeschlossen, die dennoch einen weitläufigen Bereich in Anspruch nahm. Geary wusste, dass die Bewohner von Sutrah V in diesen Sekunden ängstlich zum Himmel aufblickten, da sie wussten, dass diese Flotte den Tod auf sie herabregnen lassen und den ganzen Planeten binnen kürzester Zeit völlig unbewohnbar machen konnte.

Das virtuelle Display, das die Positionen der Shuttles anzeigte, schwebte gleich neben Gearys Platz. Die begleitenden Marines wurden daneben wie auf Sammelkarten dargestellt. Mit einer Bewegung seiner Finger konnte er mit jedem von ihnen in direkten Kontakt treten oder mittels Helmsensoren das sehen, was sie selbst sahen. Aber der einzige Marine, den er rief, war Colonel Carabali, da er niemanden in der Befehlskette übergehen wollte, auch wenn die technischen Möglichkeiten ihm genau das verlockend einfach machten.

»Die Erkundungsshuttles haben rings um das Arbeitslager keine Hinweise auf Nuklearwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen finden können«, meldete Carabali. »Wir suchen noch einmal alles ab, dann landen die Erkundungsteams.«

»Können Sie bestätigen, dass die angegebene Zahl an Gefangenen zutrifft?«, fragte er sie.

»Sieht ganz so aus«, meinte sie grinsend. »Und von hier oben betrachtet, wirken sie ziemlich fröhlich.«

Geary lehnte sich lächelnd zurück. Seit seiner Rettung war er in viele Situationen geraten, mit denen er nie gerechnet hätte, und die meisten von ihnen waren unangenehm gewesen. Die Pflicht war für ihn eine schwere Last, doch jetzt waren da einige tausend Menschen, die niemals mit einer Befreiung gerechnet hatten, und die sahen nun die Flotte aus Shuttles, die sich ihnen näherte. Menschen, die vielleicht schon seit Jahrzehnten hier gefangen waren und keine Hoffnung mehr auf Rettung besaßen. Diese Flotte, seine Flotte würde sie retten, und das war ein gutes Gefühl.

Wenn die Syndiks bloß nicht noch einen weiteren Trick versuchten. Es war immer noch möglich, dass Tausende, die kurz vor ihrer Befreiung standen, doch sterben mussten.

»Erkundungsshuttles gelandet«, meldete Carabali und bestätigte damit die Anzeige auf Gearys Display, das er auf das Lager ausgerichtet hatte. »Teams gehen von Bord.«

Geary konnte der Versuchung nicht widerstehen und rief einen der Offiziere aus Carabalis Team auf. Ein Fenster öffnete sich, das den Blick vom Helm des Mannes aus darstellte. Staub und Schmutz waren ebenso zu sehen wie ramponierte Bauwerke. Der Himmel zeigte ein verwaschenes Blau, das zu Grau tendierte und so trostlos wirkte, wie das Leben in diesem Arbeitslager gewesen sein musste. Syndik-Wachen waren nirgends zu sehen, aber die Gefangenen hatten sich in Reihen aufgestellt, die Offiziere vor ihnen, während sie nervös und auch ein wenig benommen zusahen, wie die Marines an ihnen vorbeieilten, um nach Hinweisen auf mögliche Gefahren zu suchen.

Der Marine, durch den Geary das Geschehen mitverfolgte, blieb vor einer Gruppe von Gefangenen stehen und wandte sich der Frau an deren Spitze zu. »Wissen Sie, ob hier irgendwo Waffen verborgen sind? Irgendwelche ungewöhnlichen Aktivitäten?«

Die dünne ältere Frau, deren Haut ledrig geworden war, nachdem sie ohne entsprechende Schutzkleidung wohl den größten Teil ihres Lebens hier zugebracht hatte, antwortete ruhig und präzise: »Nein, Lieutenant. Wir wurden letzte Nacht in unsere Quartiere geschickt und konnten nichts von dem beobachten, was draußen vor sich ging, aber wir hörten, wie die Wachen vor Sonnenaufgang in aller Eile das Lager verließen. Wir haben alles abgesucht, Waffen haben wir allerdings keine gefunden. Das Verwaltungsgebäude ist dieses dort drüben.«

Der Marine hielt kurz inne und salutierte. »Vielen Dank, Commander.«

Geary zwang sich, dieses Fenster zu schließen und stattdessen die gesamte Flotte im Auge zu behalten.

»Sieht ruhig aus«, ließ Desjani ihn wissen. »Die einzige feststellbare Aktivität sind die Kolonnen mit Evakuierten, die sich von den Zielen entfernen. Ein Trümmerstück der Monde bewegt sich auf eine Stelle zu, die rund dreihundert Kilometer vom Lager entfernt liegt«, fügte sie an und deutete auf das Display. »Rings um die Absturzstelle wird alles verwüstet werden, aber im Lager dürften sie davon wohl nur einen dumpfen Knall und die Ausläufer der Druckwelle mitbekommen.«

Geary las die Berechnung für den Aufprall durch. »Und vielleicht werden sie ein Zittern im Boden spüren. Immer, wenn wir bislang geglaubt haben, dass in diesem System Ruhe herrscht, warteten die Syndiks mit einer neuen bösen Überraschung auf. Was könnten wir diesmal übersehen haben?«

Desjani schürzte die Lippen und grübelte. »Die Marines untersuchen die Gefangenen, ob sie biologischen Kampfstoffen ausgesetzt wurden, die erst mit Verzögerung ihre Wirkung entfalten. Die Gefangenen selbst müssten bemerkt haben, wenn irgendetwas im Lager vergraben worden wäre. Die einzigen Syndik-Schiffe im System sind — von ein paar Frachtern abgesehen — die drei Jäger, die wir seit unserer Ankunft im Auge behalten und die alle mehr als eine Lichtstunde von uns entfernt sind. Ich würde ihnen zutrauen, dass sie den ganzen Planeten in die Luft jagen, nur um uns schwere Verluste zuzufügen, aber es gibt keine Waffe, die so etwas bewerkstelligen kann.«

Vor Geary öffnete sich ein Fenster, und Colonel Carabali salutierte. »Ich schicke jetzt die Hauptgruppe rein, Captain Geary. Bislang keine Bedrohung entdeckt.« Auf seinem Display konnte er mitverfolgen, wie der Pulk der Shuttles zur Landung ansetzte; viele davon außerhalb des Lagers, da nicht genug Platz vorhanden war. Marines stürmten heraus und wirkten in ihrer Gefechtsausrüstung selbstbewusst und todbringend.

Geary empfand den Anblick jedoch als besorgniserregend. Fast alle Marines der Flotte waren dort unten. Wenn ihnen etwas zustieß, würde er eine sehr wichtige Kampfeinheit verlieren, die zugleich jenen Teil der Flotte darstellte, auf deren Gehorsam er sich verlassen konnte. Im nächsten Moment gab er sich im Geist eine Ohrfeige, dass er die möglichen Verluste allein danach bemaß, anstatt daran zu denken, wie viele gute Männer und Frauen er verlieren würde.

Co-Präsidentin Rione schien Gearys Unbehagen zu teilen. »Nach all diesen Fallen, die uns die Syndiks hier gestellt haben, geht das jetzt fast schon eine Spur zu glatt.«