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»Wir werden Vergeltungsschläge gegen von uns ausgewählte Ziele auf Sutrah IV und Sutrah V führen. Eine Liste mit Zielen, die in von Zivilisten bewohnten Bereichen oder in deren Nähe liegen, wird dieser Mitteilung folgen, damit vor der Bombardierung eine Evakuierung erfolgen kann. Wir sind nicht dazu verpflichtet, eine solche Liste zur Verfügung zu stellen, aber unser Krieg richtet sich gegen Ihre Führer. Denken Sie immer daran, dass wir nach dem Kriegsrecht alles Leben in diesem System auslöschen dürften. Wir haben uns dagegen entschieden. Die Allianz ist nicht Ihr Feind, sondern Ihre eigenen Führer sind Ihre Feinde.«

Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Auf die Ehre unserer Vorfahren!« Man hatte ihm gesagt, dass diese alte Form als Abschluss einer Nachricht kaum noch Verwendung fand, dennoch hielt er daran fest. Er glaubte immer noch daran, und es half ihm, sich in dieser Zukunft zurechtzufinden, in der der Ehre manchmal eine seltsame Bedeutung zukam. »Hier spricht Captain John Geary, Befehlshaber der Allianz-Flotte. Ende der Übertragung.«

Rione meldete sich hinter ihm zu Wort. »Danke, dass Sie das Leid der Zivilbevölkerung auf diesen Welten auf ein Minimum beschränken.«

Er sah zu ihr. »Gern geschehen. Aber ich hätte das so oder so getan. Es ist das, was die Ehre von mir verlangt.«

»Die Ehre unserer Vorfahren«, sprach Rione ohne eine Spur von Ironie in ihrem Tonfall.

Captain Desjani stand auf. »Die Shuttles der Dauntless werden in Kürze wieder andocken. Ich sollte mich zum Shuttlehangar begeben und unsere Gäste begrüßen.«

»Das sollte ich besser auch machen«, stimmte Geary ihr zu, erhob sich ebenfalls und versuchte, seine ablehnende Haltung zu überspielen. Es war tatsächlich seine Pflicht, die befreiten Gefangenen zu begrüßen, obwohl er sich viel lieber in seine Kabine zurückgezogen hätte, um dem damit verbundenen Rummel zu entgehen.

»Darf ich Sie begleiten?«, fragte Rione sie beide.

»Selbstverständlich«, erwiderte Desjani, die von der Bitte offenbar überrumpelt worden war. Sie musste überrascht sein, weil Rione eigentlich jedes Recht hatte, auf ihrer Anwesenheit zu bestehen. Stattdessen hatte sie um Erlaubnis gefragt. Unwillkürlich fragte er sich, ob da politisches Kalkül im Spiel war, um Desjani für sich zu gewinnen, oder ob sie die übergeordnete Rolle des Captains anerkannte. Er konnte nur hoffen, dass Letzteres der Fall war.

Zu dritt begaben sie sich zum Shuttlehangar, wobei Geary und Desjani jedes Besatzungsmitglied der Dauntless grüßten, das ihnen begegnete. Geary genoss es, wie viele von der Crew ihm dabei salutierten. Seine Kampagne, den Salut wieder zu einem Teil der Begrüßung zu machen, schien Früchte zu tragen.

»Gefällt es Ihnen, mit Salut begrüßt zu werden?«, fragte Rione in neutralem Tonfall. »Der Salut scheint wieder in Mode zukommen.«

Geary schüttelte den Kopf. »Ich brauche das nicht für mein Ego, wenn Sie darauf anspielen. Es geht um das, was der Salut bedeutet, Madam Co-Präsidentin, um das Maß an Disziplin, von dem ich glaube, dass die Flotte davon profitiert.« Er verkniff sich die Anmerkung, dass diese Flotte solche Disziplin dringend nötig hatte, wenn sie nicht auseinanderbrechen und auch weiterhin in der Lage sein wollte, sich gegen die Syndiks zur Wehr zu setzen. Der Sprung von einem simplen Salut bis hin zu einer sicheren Heimkehr der Flotte mochte gewaltig erscheinen, doch Geary war davon überzeugt, dass diese Verbindung existierte.

Erst als sie den Shuttlehangar erreichten, wurde Geary bewusst, dass er sich dort nicht mehr aufgehalten hatte, seit Admiral Bloch mit seinem Stab zu jenem schicksalhaften Zusammentreffen mit den Syndiks abgereist war. Er war in fast jedem Winkel der Dauntless gewesen, also musste er unbewusst einen Bogen um den Hangar gemacht haben. Er versuchte sich zu erinnern, wie er sich damals gefühlt hatte; er dachte an das Eis, das seine Gefühle und seinen Geist überzogen hatte. Er verspürte Erleichterung darüber, dass er dieses Eis hatte zurückdrängen können, da der Druck des Kommandos auf ihm lastete. Oder vielleicht obwohl dieser Druck auf ihm lastete. Auf jeden Fall konnte er jetzt hier stehen, ohne von Admiral Blochs Geist verfolgt zu werden, der ihn anflehte, den Rest der Flotte in Sicherheit zu bringen.

Er sah zu Captain Desjani, die neben ihm stand und wartete, dass die ersten Passagiere die Shuttles verließen. Während sie sonst eigentlich eher ernst war und sich nur freuen konnte, wenn Syndik-Schiffe in Stücke geschossen wurden, machte sie jetzt einen ganz anderen Eindruck. Die Vorfreude auf die Begegnung mit den befreiten Gefangenen ließen sie ungewöhnlich glücklich erscheinen. »Tanya?« Desjani sah ihn verblüfft an, da er nur selten ihren Vornamen benutzte. »Ich wollte Sie nur wissen lassen, wie froh ich bin, dass die Dauntless mein Flaggschiff ist. Sie ist ein gutes Schiff, und Sie sind eine gute Befehlshaberin. Ihre Kenntnisse und Ihre Unterstützung bedeuten mir wirklich viel.«

Sie wurde vor Verlegenheit rot. »Vielen Dank, Captain Geary. Sie wissen, ich bin seit Ihrem Auffinden sehr froh über Ihre Anwesenheit.«

Er lächelte ein wenig spöttisch. Desjani gehörte zu denjenigen, die davon überzeugt waren, dass die lebenden Sterne ihn zur Flotte geschickt hatten, um ihr in der Stunde ihrer größten Not beizustehen. Geary konnte sich nicht vorstellen, dass ihm dieses Maß an Vertrauen und Glauben wirklich jemals behagen würde. In dieser Hinsicht teilte er sogar Victoria Riones Ansicht: Wenn ihm diese Heldenverehrung jemals zusagen würde, dann war er längst im Begriff, für diese Flotte eine größere Gefahr darzustellen als die Syndiks selbst.

Als hätte sie seine Gedanken gelesen, meldete sich Co-Präsidentin Rione zurückhaltend zu Wort: »Wir können in der Tat froh sein, dass Captain Geary unser Befehlshaber ist.«

Die Shuttles der Dauntless bewegten sich wie riesige, schwerfällige Tiere in den Hangar. Kein Wunder, dass ein Shuttle im Flottenslang als »Vogel« bezeichnet wurde. Die äußeren Hangartore schlossen sich, die inneren gingen auf, und einen Moment später wurden die Rampen der Shuttles heruntergelassen.

Die der Dauntless zugeteilten Marines gingen als Erste von Bord, stellten sich in Formation auf und hielten respektvoll ihre Waffen hoch. Dann kam die Gruppe ehemaliger Gefangener zum Vorschein. Die Leute sahen sich um, als würden sie erwarten, dass sie jeden Moment aufwachten und sich immer noch in lebenslanger Gefangenschaft auf einer vergessenen Syndik-Welt befanden, von der es kein Entrinnen gab. Sie alle waren schmal, fast schon mager. Nur wenige besaßen noch eine unversehrte Uniform, während die anderen etwas trugen, das nach abgelegter Zivilkleidung aussah.

Captain Desjani sprach in ihre mobile Komm-Einheit. »An alle auf der Dauntless. Das von uns befreite Allianz-Personal benötigt Uniformen. Ich bitte jeden, das zur Verfügung zu stellen, was er erübrigen kann.« Sie sah Geary an. »Wir werden sie wieder ordentlich einkleiden, Sir.«

»Das werden sie sicher zu schätzen wissen«, gab er zurück, während er sich vorstellte, dass sich ähnliche Szenen wie diese im Augenblick in der gesamten Flotte abspielten.