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»Aber wenn wir es schaffen und siegen, dann werden die Zweifler Mühe haben, noch irgendwo Gehör zu finden.« Duellos salutierte sorgfältig. »Das ist ein gewaltiges Risiko, aber Sie haben sich um unser Vertrauen in Sie verdient gemacht.«

Geary erwiderte den Salut. »Danke.«

»Sind Sie übrigens wirklich davon überzeugt, dass wir es mit dem Sprungantrieb von Cydoni bis nach Sancere schaffen?«

»Auf jeden Fall.«

Nachdem Duellos »gegangen« war, kehrte Geary müde in seine Kabine zurück. Er musste nicht auf der Brücke sein, wenn die Flotte wendete, da er das Manöver ebenso gut auf dem Display in seiner Kabine mitverfolgen konnte. Normalerweise bemühte er sich, so viel Zeit wie möglich auf der Brücke zu verbringen, weil die Crew daran glauben musste, dass er sich für ihre Arbeit interessierte. Doch nach so vielen langwierigen und in zu vielen Fällen feindseligen Diskussionen hatte er eine Verschnaufpause dringend nötig.

Vor seiner Kabine wartete bereits Co-Präsidentin Rione auf ihn. Er wusste, dass sie Zeit genug gehabt hatte, um sich von den Kommandeuren der Schiffe der Callas-Republik über die jüngsten Entwicklungen unterrichten zu lassen. Nach dem wütenden Funkeln in ihren Augen zu urteilen, musste seine Verschnaufpause wohl noch eine Weile warten.

Rione stand schweigend da, ließ ihn eintreten, folgte ihm und wartete, bis sich die Luke hinter ihr geschlossen hatte. Erst dann ließ sie ihre wahren Gefühle erkennen.

Als er sie ansah, wurde ihm klar, dass er Co-Präsidentin Rione noch nie wütend erlebt hatte. Es war ein Anblick, auf den er gern verzichtet hätte. »Wie konnten Sie nur so etwas machen?«, fuhr sie ihn an.

»Ich glaube, das ist der beste Weg für …«

»Sie haben diese Flotte verraten! Sie haben die Allianz verraten! Und Sie haben mich verraten!«

Ihre Worte und der aufgebrachte Tonfall ließen ihn zusammenzucken, dennoch war ihm der letzte Teil nicht entgangen. »Wieso habe ich Sie verraten?«

Rione wurde rot und wich zurück. »Das ist … vergessen Sie’s! Das war ein Versprecher. Ich wollte sagen, Sie haben jeden in dieser Flotte verraten! Alle Offiziere und Matrosen, die darauf vertraut haben, dass Sie Ihre Macht klug einsetzen! Ich habe nicht gegen Sie gearbeitet, sondern versucht, Ihre Anstrengungen zu unterstützen. Ich war der Ansicht, Sie hätten einen mangelnden persönlichen Ehrgeiz ebenso bewiesen wie ein gewisses Maß an gesundem Menschenverstand. Ich habe mich geirrt, Captain Geary. Indem Sie mir etwas vorspielten, gelang es Ihnen, die Flotte so zu manipulieren, dass Sie den Helden spielen können, was Sie offenbar von vornherein vorhatten! Und dabei haben Sie mich zu einer ahnungslosen Komplizin gemacht!«

»Ich bin kein Held«, herrschte Geary sie an. »Darum geht es hier überhaupt nicht. Wenn Sie sich einen Moment Zeit nehmen, um sich meine Gründe anzuhö…«

»Ihre Gründe? Die kenne ich längst!«, fiel Rione ihm ins Wort. »Sie haben Angst, Captain Falco könnte Ihnen das Kommando über diese Flotte abnehmen. Ich habe gehört, was er zu Ihnen gesagt hat, als er Sie warnte, die Flotte würde sich einen anderen Commander suchen, wenn Sie nicht kühn genug handeln! Um das zu verhindern, sind Sie bereit, die Zerstörung der ganzen Flotte zu riskieren! Als ob die Flotte nur ein Spielzeug wäre, um das Sie und Captain Falco sich wie zwei kleine Kinder streiten! Wenn Sie die Flotte nicht haben dürfen, dann soll sie auch kein anderer bekommen!«

Es kostete Geary viel Mühe, sein Temperament im Zaum zu halten. »Madam Co-Präsidentin«, brachte er heraus. »Ich habe jede erdenkliche Vorgehensweise gründlich durchgespielt und …«

»Ach, wirklich? Und wo sind dann die Aufzeichnungen Ihrer gründlichen Überlegungen, Captain Geary?«, wollte sie wissen.

Diese Worte brachten Geary einen Moment lang aus dem Konzept. »Sie können auf meine persönlichen Strategiemodelle und Simulationen zugreifen? Die sollten eigentlich so gesichert sein, dass nur ich Zugang darauf habe.«

Rione schien zu bereuen, dass sie sich zu dieser Bemerkung hatte hinreißen lassen, dennoch fuhr sie aufgebracht fort: »Haben Sie irgendetwas zu verbergen, Captain Geary? Beispielsweise das Fehlen jeglicher Simulationen, von denen Sie behaupten, dass auf ihnen Ihre Entscheidung beruht?«

»Ich habe keine Simulationen laufen lassen«, fauchte er sie an. »Das kann ich im Kopf erledigen. Vielleicht nicht ganz so präzise wie eine Simulation, aber immer noch nahe genug an der Wirklichkeit, um zu erkennen, wo welche Gefahren lauern!«

»Und das soll ich Ihnen abnehmen? Halten Sie mich etwa für dumm und leichtgläubig? Mit welchen Tricks wollten Sie mich jetzt wieder manipulieren? Meinen Sie, ich hätte keinen Stolz und kein Ehrgefühl?«

Noch immer versuchte er, seine Wut in den Griff zu bekommen. »Ich habe Ihnen nichts vorgemacht und ich habe Sie auch nicht manipuliert. Ich war immer ehrlich zu Ihnen.«

Rione beugte sich vor, ihre Augen loderten. »Ich habe zum Wohl der Allianz eine Menge über mich ergehen lassen, Captain Geary. Aber dass mich ein Mann auf eine solche Art und Weise behandelt, das ist demütigender als alles, was ich je mitgemacht habe. Und das ist nicht mal das Schlimmste! Indem Sie mich für Ihre Zwecke benutzten, haben Sie diese Schiffe und vielleicht sogar die Allianz selbst dem Untergang geweiht. Die Menschen der Callas-Republik, denen ich meine treuen Dienste geschworen habe, sind dem Untergang geweiht. Ich habe versagt, Captain Geary. Ich hoffe, das verschafft Ihnen Befriedigung. Sie müssen nicht weiter so tun, als würde ich Ihnen zu Unrecht etwas vorwerfen.«

Er reagierte mit einem ebenso wütenden Blick. »Ob Sie’s glauben oder nicht, aber es geht dabei nicht um Sie.«

»Richtig, Captain Geary. Es geht nicht um mich. Es geht um Tausende Männer und Frauen, die von Ihnen in den Tod geführt werden.«

Geary sah zur Seite und versuchte, seine Fassung zurück zu erlangen. »Wenn Sie so freundlich wären, mich erklären zu lassen, welche Absichten …«

»Ihre Absichten habe ich bereits gehört.« Rione wandte sich ab und machte einen Schritt von ihm weg, dann drehte sie sich wieder zu ihm um. »Die Simulationen, die Sie angeblich durchgespielt haben, existieren gar nicht.«

»Ich habe nie behauptet, dass ich Simulationen durchgespielt habe!«

Rione hielt kurz inne, dann verzog sie den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Dann hat der schlichte Krieger seine Worte mit so großer Sorgfalt gewählt? Um alle glauben zu lassen, dass etwas existiert, obwohl das gar nicht der Fall ist.«

»Ich wollte nicht, dass irgendjemand meine Gründe für diese Vorgehensweise falsch auslegt. Sie müssen mir einfach glauben, dass ich das alles gründlich durchdacht habe.«

»Wie praktisch«, gab Rione frostig zurück. »Ich muss Ihnen also einfach nur glauben. Mir war nicht klar, dass Sie mich für so dumm halten. Bin ich wirklich derart leicht zu manipulieren?«

»Ich habe Sie nicht manipuliert! Das war nie meine Absicht.«

»Das sagen Sie.« Sie schüttelte langsam den Kopf, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Ihre wahren Absichten sind mir längst klar.«

»Schön«, knurrte Geary. »Dann erzählen Sie doch mal, was Ihrer Meinung nach meine wahren Absichten sind.«

»Das habe ich Ihnen bereits gesagt. Als Sie mit einem ernsthaften Herausforderer um das Kommando über diese Flotte konfrontiert wurden, haben Sie sich genau für die waghalsige, gedankenlose Vorgehensweise entschieden, um die Sie in den letzten Monaten immer einen großen Bogen machten. Ihre Absicht, Captain Geary, ist es, den Beweis zu liefern, dass Sie genauso hirnlos und aggressiv handeln können wie Captain Falco, weil Sie so sicherstellen, dass diese Schiffe Ihnen weiterhin folgen werden, ganz gleich, welche Konsequenzen das für sie haben kann.«

»Das ist nicht hirnlos«, herrschte er sie an. »Ich habe alle Möglichkeiten abgewogen.«

»Und dabei offensichtlich alle intelligenten Lösungen ausgeschlossen!«

»Ich will nicht, dass diese Flotte ausgelöscht wird. Wenn wir wie geplant weiterfliegen, werden wir erst durch kleinere Verluste in jedem weiteren System dezimiert und zermürbt, bis die Syndiks uns mit einer großen Streitmacht empfangen, der wir dann nichts mehr entgegenzusetzen haben!« Geary fiel auf, dass er sie wieder anbrüllte. Er war so wütend wie zu keinem anderen Zeitpunkt seit seiner Rettung.