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Er versuchte sich zu erinnern, was er noch hatte fragen wollen, bevor die Nachricht von Falcos Wechsel ihn überrumpelte. »Captain Desjani, was diesen Offizier angeht, über den wir gesprochen haben — hat sich da eine zufriedenstellende Lösung ergeben?« Wenn man lange genug in der Flotte diente, dann konnte man jedes Gesprächsthema so verpacken, dass es einen offiziellen Anstrich bekam.

»Er wurde auf die Furious versetzt, Sir«, erwiderte Desjani im gleichen sachlichen Tonfall. »Wie vorgeschlagen, habe ich ihm die Situation geschildert und ihm die Gründe für seine Versetzung erläutert.«

»Wie hat er das aufgenommen?«

»Ihm schien die Gelegenheit zu gefallen, die sich ihm dadurch bietet, Sir.«

»Gut.« Es klang alles so offiziell, dass Geary Schwierigkeiten hatte, sich vor Augen zu halten, dass es hier um eine rein private Angelegenheit ging. Er hoffte, sein Ratschlag würde für Desjani und Riva zu einem besseren Ende führen, als es bei ihm der Fall gewesen war.

»Dann wollen wir mal von hier verschwinden«, verkündete er, warf einen letzten Blick auf die mit Stunden Verspätung eintreffenden Bilder der Syndik-Schiffe, ging dann die lange Liste seiner Schiffe durch, ob auch bei allen ein grünes Licht anzeigte, dass sie für den Sprung bereit waren, und befahl der Flotte, nach Strabo aufzubrechen.

Der Transit nach Strabo dauerte lediglich fünf Tage, und der anschließende Sprung nach Cydoni sollte ebenfalls keine langwierige Angelegenheit sein — doch der Sprung nach Sancere würde das alles mehr als wettmachen.

Der Sprungraum war schon immer sonderbar gewesen. Eine scheinbar endlose, mattschwarze Leere, in der nur hin und wieder ein paar Lichtkleckse auftauchten, umgab alles. Was das für Lichter waren und wodurch sie verursacht wurden, das war zu Gearys Zeiten schon ein Rätsel gewesen, und daran hatte sich bis heute nichts geändert, da man noch immer nicht wusste, wie man den Sprungraum erforschen sollte. In gewisser Weise hatte das auf Geary eine beruhigende Wirkung: Es gab etwas aus seiner Vergangenheit, an dem sich bis in die Gegenwart hinein nichts geändert hatte.

Allerdings war das auch der einzige Trost, den er während der Reise empfand. Es war schlimm genug, dass Co-Präsidentin Rione ihn seit dem Streit nicht mehr aufgesucht hatte, war sie doch die Einzige, der er sich zumindest teilweise anvertrauen konnte. Und es war auch schlimm, dass er sich wie üblich Sorgen machte, mit welcher unangenehmen Überraschung die Syndiks sie womöglich bei Strabo erwarteten. Womöglich hatten sie ihn durchschaut und erahnt, dass er sich für die unwahrscheinlichste von allen Lösungen entscheiden würde. Aber wenn er sich von dieser Angst überwältigen ließ, wenn sie ihn lähmte, dann konnte er überhaupt keine Entscheidungen mehr treffen, weil die Syndiks theoretisch jeden seiner Schachzüge vorausahnen konnten.

Nein, es gab noch etwas anderes, das ihm diesmal Sorgen bereitete, und am vierten Tag im Sprungraum hatte er die Probleme auf zwei Themen eingrenzen können. Eines davon betraf Captain Falco, das andere drehte sich um Captain Numos und die anderen verärgerten Offiziere, für die er stand. Eines von den beiden Problemen kann ich allein bewältigen, aber beide zusammen? Was ist, wenn Numos Falco zu der Galionsfigur macht, die er braucht, um mir einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen? Wenn wir Strabo erreichen, hatten die beiden fast eine Woche Zeit, um sich einen Plan zurechtzulegen, wie sie mir das Leben schwer machen und wie sie die Flotte in Gefahr bringen können.

Noch frustrierender war dabei, dass eine Durchsicht der Heerscharen von Nachrichten, die vor der Abreise aus dem Sutrah-System zwischen den Schiffen der Flotte ausgetauscht worden waren, keinen Hinweis auf einen Kontakt zwischen Falco und Numos ergab, denn das musste nichts bedeuten. Bei dem Hin und Her der Shuttles zwischen den Schiffen wäre es kein Problem gewesen, eine Nachricht zu überbringen. Dass es keine Kommunikation zwischen Falco und anderen Offizieren gab, wirkte auf Geary wie ein Fanal. Falco war ein Mann, der aufblühte, wenn er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, der seine zwischenmenschlichen Fähigkeiten nutzte, um auf der Karriereleiter weiter nach oben zu kommen und um der Allianz etwas Gutes zu tun. Er würde nicht davor zurückschrecken, andere Offiziere davon zu überzeugen, dass sie sich ihm anschlossen, und das konnte nur bedeuten, dass Falco seine Nachrichten auf eine Weise verbreitet hatte, die weder Geary noch einem seiner Verbündeten unter den Befehlshabern aufgefallen war.

Bin ich paranoid? Aber Duellos und Rione haben mich beide vor Falco gewarnt, und ihre Ratschläge haben sich bislang immer als zutreffend erwiesen. Zu schade, dass Duellos nur einfache, kurze Nachrichten empfangen kann, solange wir im Sprungraum sind. Und zu schade, dass Rione nicht mit mir reden will.

Geary beobachtete die wandernden Lichter im Raum. Er wurde zunehmend gereizter und begann sich zu fragen, was im Strabo-System geschehen würde.

Für einen Stern hatte Strabo sehr wenig zu bieten. Mit Blick auf seine Ausmaße schien er kaum groß genug, dass in seinem Inneren die Fusionsreaktionen ausgelöst wurden, die ihn zu einem Stern machten und nicht nur zu einem sehr großen Planeten. Seine Satelliten passten denn auch mehr zu einem Planeten als zu einer Sonne: eine Ansammlung von kargen Felsen in geringer Entfernung zu dem Stern. Geary hatte schon einige Sternensysteme zu sehen bekommen, doch keines davon war je so unscheinbar und bemitleidenswert gewesen wie dieses hier. Kein Wunder, dass die von den Syndiks eingerichtete Notfallstation schon vor langer Zeit eingemottet worden war.

»Nichts«, stellte Captain Desjani fest.

Geary nickte. »Beziehen Sie sich auf Bedrohungen durch die Syndiks, oder war das ein Kommentar zu diesem System?«

»Sowohl als auch«, meinte sie grinsend.

»Scannen die Flottensensoren nach Hinweisen auf Anomalien irgendwo im System, die auf Minenfelder hindeuten könnten?«

»Ja, Sir. Die Sensoren tasten alles automatisch ab, allerdings arbeiten sie effizienter, wenn sie auf ein bestimmtes Gebiet gerichtet werden. Bislang keine Minen entdeckt.«

»Gut.« Syndik-Schiffe waren im System auch nirgends festzustellen. Die Allianz-Flotte breitete sich um die Dauntless herum aus, jedes Schiff nahm die ihm zugewiesene Position ein. Keine Bedrohungen, keine erkennbaren Probleme aus Falcos oder Numos’ Richtung. Genau wie bei der Situation bei Sutrah begann Geary sich auch jetzt zu fragen, was er übersehen hatte.

Strabo konnte auch nicht beeindrucken, wenn es um die Zahl der Sprungpunkte ging, die das System zu bieten hatte. Während Sutrah immerhin vier besaß, waren es hier nur drei. In Relation zu der Stelle, an der die Flotte angekommen war, lag der Sprungpunkt nach Cydoni auf der anderen Seite des Systems. Um dorthin zu gelangen, mussten sie den dritten Sprungpunkt passieren, von dem aus man direkt das einzige ans Hypernet angeschlossene System erreichte, ehe man zu zwei weiteren Syndik-Welten weiterspringen konnte. In allen Fällen ging Geary davon aus, dass sie schwer bewacht wurden oder vermint worden waren, da es sich bei ihnen um jene Systeme handelte, die sie auch von Sutrah aus hätten erreichen können. Es gefiel ihm gar nicht, so dicht an diesem Sprungpunkt vorbeizufliegen, aber es gab auch keinen plausiblen Grund, warum sie um den Punkt einen Bogen machen sollten, den sie in einem Abstand von mehreren Lichtminuten passieren würden. Ein Umweg würde bloß jenen Gerüchten Nahrung geben, dass er ein zu ängstlicher Commander war.

Er überprüfte den Flugplan und befahl der Flotte, sich zum Sprungpunkt nach Cydoni zu begeben. Da Strabo ein so kleines System war, ließ sich das Ziel in nur eineinhalb Tagen erreichen.

Diese Zeit nutzte er, um die Befehlshaber für eine weitere Gefechtssimulation einzuberufen. Alles lief genau nach Plan, jedes Schiff befolgte exakt Gearys Anweisungen, was ihn eigentlich hätte freuen sollen. Doch das Gegenteil war der Fall, denn seine bekanntlich problematischen Commander verhielten sich untypisch friedlich. Falco, Numos und die anderen, die immerhin bekundet hatten, wie wenig sie Geary vertrauten, schwiegen beharrlich. Hier und da flogen Shuttles von einem Schiff zum anderen, aber dabei handelte es sich offiziell um den Transport von Personal und Material. Geary war davon überzeugt, dass an Bord dieser Shuttles auch Nachrichten von Falco an die anderen Befehlshaber weitergeleitet wurden, doch ihm wollte kein Weg einfallen, um das zu unterbinden. Ich habe bereits mit dem Sicherheitsdienst gesprochen, und da kann mir niemand garantieren, dass eine verborgene Videonachricht tatsächlich gefunden wird, selbst wenn sie das Shuttle in seine Einzelteile zerlegen. Duellos hat auch nichts gehört, aber ihm wird auch keiner etwas sagen, weil sie wissen, er ist mein Verbündeter.