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»Danke.« Geary betrachtete eine vergrößerte Darstellung des Planeten. Die Sensoren der Dauntless hatten einige Bereiche markiert, in denen noch Ruinen standen, die allerdings unter den extremen Umweltbedingungen so sehr gelitten hatten, dass sie aussahen, als seien sie einige Jahrtausende alt. Eine Vielzahl Ruinen lag unmittelbar an einem ausgetrockneten Meer, die teilweise erhaltenen Wände waren fast ganz von Staubdünen bedeckt worden, die der Wind dorthin getragen hatte, bevor die Atmosphäre zu dünn wurde. Das Land leuchtete im Schein des sich ausdehnenden Sterns in einem rötlichen Licht. Geary fragte sich, wie diese Stadt wohl ausgesehen hatte, als noch die Wellen an den Strand schlugen. Die Informationen aus dem Syndik-Handbuch standen ihm zur Verfügung, also griff er auf sie zu. Portjunosa. Bereits vollständig aufgegeben, bevor die Syndiks diese mittlerweile veralteten Daten zusammengestellt hatten. Menschen hatten dort gelebt, hatten die Stadt errichtet und sie zu einem Ort gemacht, an dem eine menschliche Gemeinschaft entstanden war. Geblieben waren davon nur noch Ruinen, und ein Jahrhundert weiter würden sie von dem sich ausweitenden Stern ebenfalls ausgelöscht worden sein. Nach den unbewohnten Systemen Strabo und Cydoni würde es eine angenehme Abwechslung sein, wieder in ein von Leben erfülltes System wie Sancere zu gelangen, auch wenn da nur der Feind zu Hause war.

»Wir müssen einen Kurs einschlagen, der uns in sicherem Abstand um die angeschwollene Photosphäre herumführt«, ließ Captain Desjani verlauten.

Geary nickte. »Richtig. Haben Sie Probleme mit dem Kurs, den das Steuersystem des Schiffs vorgeschlagen hat? Wir brauchen so zwar vier Tage, bis wir den Sprungpunkt nach Sancere erreichen, aber ich sehe keine brauchbare Alternative.«

»Es gibt auch keine«, stimmte Desjani ihm zu. »Das ist die beste Option, die wir haben.«

Vier Tage. Vier Tage Zeit für die nicht ganz so zuverlässigen Commander in der Flotte, um darüber nachzudenken, was bei Strabo vorgefallen war. Vier Tage Zeit, um zu überlegen, ob sie einen anderen Sprungpunkt anfliegen sollten. Ich muss sie irgendwie beschäftigen, damit sie auf Sancere konzentriert bleiben. Sie müssen mit Simulationen, Manövern und Plänen überhäuft werden, die sie nur an Sancere denken lassen, aber an nichts anderes. Es wird mich bis an den Rand der Erschöpfung bringen, aber ich sehe keine Alternative.

Er begann eine Flottenkonferenz im kleineren Rahmen vorzubereiten, an der die Befehlshaber von nur gut dreißig Schiffen teilnehmen würden. Wer sollte sie leiten? Bislang war er unschlüssig gewesen, aber ein Blick auf die Liste der fähigen Befehlshaber ließ sofort einen Namen ins Auge springen. Trotzdem gab es da noch eine ungeklärte Frage, auf die die Datenbank der Dauntless offenbar so schnell keine Antwort liefern konnte. Oder aber er hatte seine Frage so formuliert, dass die künstliche Intelligenz ihn nicht verstand. Das Problem war ihm schon viel zu oft begegnet. »Wie lange dauert es eigentlich, bis diese KI-Einheiten mich verstehen?«, beschwerte er sich unüberhörbar.

Desjani warf einer Wachhabenden einen auffordernden Blick zu, woraufhin die sich räusperte und antwortete: »Sir, die KI-Einheiten haben ihre Antwortmuster so erlernt, wie sich die Denk-, Sprech- und Schreibcharakteristika der Personen gestalten, mit denen sie zu tun haben.« Sie geriet ins Stocken.

»Und ich denke nicht wie diese Personen, wie?«

»Nein, Sir. Ihre unausgesprochenen Annahmen, Ihre Denkmuster und die Art, wie Sie Sätze formulieren, entsprechen nicht dem … ähm …«

»Dem modernen Verstand?«, half Geary ihr weiter, konnte sich aber einen ironischen Unterton nicht verkneifen. Es ergab sogar einen Sinn, wie er erkennen musste. In einem Jahrhundert entwickelten sich viele unterschwellige und gar nicht so unterschwellige Veränderungen in der Art, wie die Menschen dachten und wie sie diese Gedanken zum Ausdruck brachten. Entweder ich lache jetzt darüber oder ich ärgere mich, aber ich habe zu viele andere Dinge um den Kopf, um mich darüber zu ärgern.

Die Wachhabende lächelte nervös. »Ja, Sir. Ich fürchte, es ist genau so, Sir. Die meisten Menschen, die Fragen an die KI-Einheiten richten, gehen mit Informationen anders um als Sie, darum stellen sie sich nicht auf Sie ein.«

»Warum können Sie nicht eine Subroutine einrichten, mit der die KI-Einheiten reagieren, wenn sie mit Captain Geary zu tun haben?«, fragte Desjani. »Dann könnten sie sich auf seine Formulierungen einstellen, während die Eingaben der übrigen Offiziere und Crewmitglieder wie gewohnt bearbeitet werden.«

»Die Flottenvorschriften regeln den Einsatz von KI-Einheiten, Captain. KI-Einheiten in Schiffssystemen sollen nie in persönliche Einheiten für einzelne Individuen verändert werden. Das kann bei der künstlichen Intelligenz zu einem Interessenskonflikt führen.«

Geary schüttelte den Kopf und wunderte sich, warum es sogar für etwas so Simples derart komplizierte Vorschriften gab. »Kann der Flottenbefehlshaber diese Vorschrift außer Kraft setzen, wenn ein Notfall vorliegt?«

Die Wachhabende sah ihn unschlüssig an. »Sir, ich müsste erst nachschlagen, was laut Vorschriften als Notfall gelten kann.«

»Lieutenant!«, ermahnte Desjani sie. »Wir befinden uns tief in feindlichem Gebiet und versuchen, möglichst heil nach Hause zu kommen. Für mich ist damit der Tatbestand eines Notfalls erfüllt.«

»Für mich auch«, pflichtete Geary ihr bei. »Erledigen Sie das, Lieutenant. Das wird mir das Leben sehr erleichtern.«

Die Wachhabende zeigte sich erleichtert, da sie nun eine klare Anweisung hatte, die ihr aus ihrem Dilemma heraushalf. »Ja, Sir. Selbstverständlich, Sir. Wir begeben uns sofort an die Arbeit.«

»Danke.« Er sah zu Desjani. »Das wird mir die Planung sehr erleichtern.«

Desjani lächelte, da sie wie immer vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten hatte. »Haben Sie einen Plan für Sancere?«

»Ja, den habe ich. Sancere wird wahrscheinlich gut geschützt sein. Ich nehme an, wir werden eine Streitmacht vorfinden, die uns Schwierigkeiten bereiten kann. Falls ich mich irre, können wir uns problemlos auf geringeren Widerstand einstellen.«

»Sie haben es auf das Hypernet-Portal abgesehen?«

»Richtig.« Nachdenklich senkte er den Blick. »Ich habe versucht, darüber etwas herauszufinden. Ich nehme an, die Syndiks könnten versuchen, das Portal zu zerstören. Wissen Sie, wie schwierig es ist, das zu bewerkstelligen?«

Desjani sah ihn überraschte an. »Ich habe keine Ahnung. Es wird schon mal darüber geredet, aber soweit ich weiß, hat das noch nie jemand tatsächlich gemacht.«

»Ich hoffe, es kommt auch nicht dazu«, meinte er achselzuckend. »Wenn wir die Syndik-Verteidiger von ihren Positionen weglocken können und dann einen Satz in Richtung Hypernet-Portal machen, könnte es uns gelingen, sie von dessen Zerstörung abzuhalten. Wenn wir das geschafft haben, können wir die Verteidiger schlagen, die Vorräte plündern und alle Einrichtungen zerstören, die die Syndiks für den Krieg nutzen.«

Desjanis Augen begannen zu leuchten. »Das wird für die Syndiks ein schwerer Schlag sein, wenn wir dort angreifen, wo sie nicht mit uns rechnen.«

»Genau.« Vorausgesetzt, sie haben da nicht schon die gleiche Art von Hinterhalt vorbereitet, der diese Flotte im Heimatsystem der Syndiks fast ausgelöscht hätte. Und vorausgesetzt, meine Flotte verliert auf dem Weg dorthin nicht noch weitere Schiffe. »Ich treffe mich mit einigen Befehlshabern.«

Commander Cresida schien gleich neben Geary zu sitzen, die übrigen achtundzwanzig Kommandeure saßen aufgereiht zu beiden Seiten des Konferenztischs und waren sichtlich neugierig, aus welchem Grund sie für dieses virtuelle Treffen ausgewählt worden waren.