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»Oh, die Allianz ist ihm tatsächlich wichtig«, bestätigte Duellos. »Oder besser gesagt: das, was er für die Allianz hält. Seine Reden sind so überzeugend, weil sie von Herzen kommen. Aber weil Falco auch glaubt, dass nur er wirklich weiß, was getan werden muss, und dass niemand außer ihm das leisten kann, hat er sich vor langer Zeit selbst weisgemacht, die Allianz zu retten und seine Karriere voranzubringen seien ein und dasselbe.« Duellos atmete schwer durch. »Er hat zwanzig Jahre damit verbracht, sich das Gleiche immer und immer wieder einzureden, und dabei war er von vornherein davon überzeugt, der Erretter der Allianz zu sein.«

Geary dachte eine Zeit lang darüber nach, ehe er abermals nickte. »Seine Argumente sind so eindringlich, weil er sie selbst glaubt, aber sie haben inzwischen noch weniger Bezug zur Realität als vor zwanzig Jahren.«

»Sogar ganz erheblich weniger«, bekräftigte ein sichtlich unglücklicher Duellos. »Hinzu kommt, dass Falco lange Zeit in einem Arbeitslager gesessen hat, wo alles nach Routine abläuft. Ist Ihnen aufgefallen, welche Schwierigkeiten er hat, auf etwas Unerwartetes zu reagieren, und das allein schon bei einer Unterhaltung? Er ist nicht mehr mit Notsituationen konfrontiert worden, er hat keine Gefechte ausgetragen, er hat keinerlei Übung mehr darin, ein Schiff zu befehligen. Und das ist nur die geistige Seite. Körperlich ist er älter geworden, und er hat unter aufreibenden Bedingungen gelebt. Die Ernährung war schlecht, die medizinische Versorgung noch schlechter.«

»Als ich diese Flotte übernahm, lag mein letztes Kommando hundert Jahre zurück«, hielt er dagegen.

Diesmal grinste Duellos breit. »Aber nur aus unserer Sicht. Für Sie waren nur ein paar Wochen vergangen. Und verzeihen Sie, wenn ich es so geradeheraus sage, aber Captain Falco hat mit Ihnen nur eine einzige Sache gemeinsam, nämlich das Rangabzeichen.«

»Freut mich, das zu hören«, gab Geary zu und lächelte dabei, um erkennen zu lassen, dass er das indirekte Kompliment nicht allzu ernst nahm. »Dann glauben Sie, Falco wird überhaupt nicht in der Lage sein, ein funktionierendes Kommando zuführen?«

Duellos schüttelte grimmig den Kopf.

»Und was werden diese Schiffe dann machen? Zum glorreichen Sturm auf die Syndik-Flotte blasen, von der sie dann in Stücke gerissen werden?«

Einen Moment lang betrachtete Duellos mit ernster Miene die Sterne auf dem Display. »Unwahrscheinlich, würde ich sagen. Ein glorreicher Sturmlauf in den Tod muss von jemandem angeführt werden. Wenn ich mit meiner Einschätzung nicht falschliege, dann wird Falco von den Ereignissen überwältigt werden und nicht in der Lage sein, das hinzubekommen. Die anderen Captains wie Numos oder Faresa haben weder eine mitreißende Wirkung, noch sind sie emotional in der Lage, diesen Mut der Verzweiflung aufzubringen. Also gibt es keinen Anführer, der die anderen antreiben kann. Schlimmstenfalls verlieren sie den Kopf und rennen in alle Richtungen davon, womit sie eine leichte Beute für die Syndiks werden. Bestenfalls erinnern sie sich an Ilion, halten ihre Formation so geschlossen wie möglich, um sich gegenseitig Schutz zu geben, und kämpfen sich den Weg dorthin frei. Die Syndiks werden nicht erwarten, dass die Schiffe einen Sprung unternehmen, der nur noch tiefer in ihr Gebiet führt. Dadurch könnte sich die Chance ergeben, mit dieser Taktik durchzukommen. Ist zwar nur eine minimale Chance, aber zumindest existiert sie.«

Geary nickte und musterte die gleichen Sterne. »Sie hören sich an, als hätten Sie meine Gebete an meine Vorfahren belauscht. Denn ich bete, dass die Schiffe genau das machen werden.«

»Wenn sie nach Ilion springen«, machte Duellos klar, »dann werden die Syndiks sie verfolgen. Sehr viele Syndiks.«

»Ich weiß. Wenn es dazu kommt, werden wir darauf gefasst sein. Wenn die Chancen schlecht stehen, werden wir bereit sein, uns den Weg aus dem System freizukämpfen. Stehen sie gut, versuchen wir, die Syndik-Streitmacht aus diesem Sektor zu vertreiben.«

»Das hätten Sie unseren Captains auch sagen sollen«, wandte Duellos ein.

»Das werde ich. Unmittelbar vor dem Sprung werde ich eine Nachricht senden.« Geary atmete tief durch. »Meinen Sie, es werden sich weitere Schiffe absetzen?«

»Jetzt? Nein, jetzt nicht mehr. Selbst diejenigen, die Ihnen mit einem unguten Gefühl folgen, haben mehr Angst davor, die Flotte zu verlassen. Deshalb sind sie auch nicht Captain Falco gefolgt.«

»Ich glaube, das ist das Beste, das ich mir erhoffen kann«, meinte Geary lachend.

Duellos erhob sich und salutierte. »Ich sehe Sie in Sancere wieder, Captain Geary.«

Geary erwiderte den Salut. »Darauf können Sie zählen.«

Zu seiner Überraschung tauchte Commander Cresidas Bild wieder auf, kaum dass Duellos verschwunden war. Sie wirkte abgekämpft. »Wir haben etwas, das funktionieren könnte.«

»Tatsächlich? Können wir die Energie beschränken, die bei einem Ausfall des Portals freigesetzt wird?«

»Zumindest in der Theorie, sofern die Annahmen zutreffen.« Cresida machte eine hilflose Geste. »Ob es funktioniert, können wir mit Gewissheit erst dann sagen, wenn wir es ausprobieren.«

»Und wenn nicht, könnte es zu spät sein, noch etwas anderes zu versuchen«, ergänzte Geary mürrisch. »Trotzdem haben Sie gute Arbeit geleistet.«

Geary hielt eine Datendisk in seiner Hand, als die Flotte zum Sprung ansetzte und die aufgedunsene Sonne von Cydoni hinter sich zurückließ. Bis nach Sancere würden sie über zwei Wochen im Sprungraum benötigen, ein Zeitraum, den außer Geary niemand in dieser Flotte ohne Unterbrechung dort verbracht hatte. Er nickte Captain Desjani zu, stand auf und wusste, dass er wahrscheinlich gedankenverloren wirkte. »Ich bin in meiner Kabine.«

Der Weg dorthin kam ihm ungewöhnlich kurz vor, da er mit seinen Gedanken anderswo war. Er setzte sich an seinen Tisch und tippte energisch auf die Komm-Kontrollen. »Madam Co-Präsidentin, ich muss mit Ihnen reden.«

»Das kommt mir jetzt ungelegen.« Victoria Riones Stimme klang nicht nur kälter als das All, sondern auch gelangweilt.

»Ich muss darauf bestehen.«

Erst nach ein paar Sekunden kam ihre Erwiderung. »Um was geht es?«

»Um etwas äußerst Wichtiges.«

»Und Sie erwarten, dass ich auf Ihre Einschätzung vertraue?«

Geary verkniff sich eine zornige Bemerkung. »Mir ist egal, ob Sie darauf vertrauen oder nicht. Ich muss etwas mit Ihnen besprechen. Wenn Ihnen die Sicherheit der Allianz wirklich etwas bedeutet, dann werden Sie herkommen und mit mir reden.«

»Und wenn nicht?«

Er starrte das Schott gegenüber an. Er konnte mit Gewaltanwendung drohen, doch dann würde Rione ihm erst recht nicht zuhören. »Bitte, Madam Co-Präsidentin, ich schwöre bei der Ehre meiner Vorfahren, es ist etwas, das Sie erfahren müssen.«

Diese Pause fiel noch länger aus. »Also gut, Captain Geary. An die Ehre Ihrer Vorfahren glaube ich nach wie vor. Ich werde in Kürze bei Ihnen sein.«

Geary ließ sich in seinen Sessel sinken und rieb sich die Augen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mich mal auf Riones Besuche gefreut habe! Aber das ist zu wichtig, das kann ich nicht auf sich beruhen lassen.

Die Türglocke zu Gearys Kabine wurde betätigt, Rione trat ein. Ihre Miene verriet keine Regung, und ihre Augen glitzerten wie von einer Eisschicht überzogen. »Ich höre, Captain Geary.«

Er deutete auf den Sessel ihm gegenüber. »Nehmen Sie bitte Platz.«

»Ich bleibe lieber stehen.«

»Setzen Sie sich einfach hin!«, herrschte er sie so plötzlich an, dass nicht nur Rione zusammenzuckte, sondern auch er selbst über seine Lautstärke erschrak. »Entschuldigen Sie. Was ich mit Ihnen besprechen muss, ist von wirklich großer Bedeutung.« Der förmliche Tonfall half ihm, mit ruhigerer Stimme weiterzureden.