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»Viele sehen in Ihnen aber Black Jack Geary«, hielt sie dagegen.

»Ich weiß. Sie sehen den in jeder Hinsicht perfekten Black Jack. Black Jack, der nicht mal im Traum daran denken würde, das Falsche zu tun, auch wenn er eine Frau noch so sehr mögen würde.«

»Oh? Mögen Sie mich etwa so sehr?«

Unwillkürlich begann er zu grinsen. »Nur wenn Sie mich nicht gerade in den Wahnsinn treiben.«

»Und warum haben Sie solche Angst davor, es wenigstens jetzt zu zeigen? Werden Sie nur reden oder auch handeln?«

Er war der Meinung gewesen, dass er nun schon einige Überraschungen erlebt hatte, doch diese Frage kam so aus dem Nichts, dass er nur verdutzt fragen konnte: »Was?«

Und dann lächelte Rione ihn auch noch an. »Wir sind uns bereits darüber einig geworden, dass ich nicht tabu für Sie bin. Und wir sind uns einig, dass wir einsam sind und Trost suchen, und dass wir beide geliebte Menschen verloren haben. Jeder von uns trägt eine große Verantwortung, die er mit niemandem teilen kann. Deshalb möchte ich, dass Sie mir zeigen, wie sehr Sie mich mögen.«

Geary war auf so ziemlich alles vorbereitet gewesen, was ihn und die Flotte im Sancere-System erwarten würde, aber das hier hatte eindeutig nicht dazugehört. Er war so verblüfft, dass er Rione nur anstarren konnte.

Sie schüttelte den Kopf und lächelte nach wie vor. »Sie tun so, als hätten Sie noch nie eine Frau geküsst.«

Es war kein Zweifel möglich, sie meinte das ernst. Er hatte sich damit abgefunden, keinen körperlichen Kontakt zu anderen zu haben, weil das zu seiner gefühlsmäßigen Isolation passte, aber wie es schien, war das ein Irrtum gewesen. »So ist es nicht, aber das letzte Mal ist immerhin ein Jahrhundert her.«

»Ich bin davon überzeugt, dass Sie nicht vergessen haben, wie es geht.«

»Ich will es nicht hoffen.«

»Dann zeigen Sie es mir. Für einen schneidigen Helden können Sie manchmal sehr zögerlich sein.«

Sonderbarerweise fühlte sich der Kuss für Geary tatsächlich so an wie der erste seit hundert Jahren. »Was läuft hier ab, Madam Co-Präsidentin?«

Rione schüttelte den Kopf und sah wieder zur Decke, diesmal unübersehbar verzweifelt. »Madam Co-Präsidentin wird auf diese Frage nicht antworten.«

»Ich bitte um Verzeihung«, erklärte er mit gespielter Förmlichkeit. »Victoria, was läuft hier ab?«

»Ich versuche dich zu verführen, John Geary. Hast du das immer noch nicht gemerkt? Wie kannst du bei mir so ahnungslos sein, wenn du gleichzeitig genau vorhersagen kannst, wie die Syndiks drei Sternensysteme weiter reagieren werden?«

Eine Weile sah er sie nur an, bevor er über eine Antwort nachdachte. »Die Syndiks sind leichter zu durchschauen. Warum, Victoria?«

Sie seufzte leise. »Du dürftest der einzige Matrose im Universum sein, der diese Frage vorher stellt anstatt hinterher. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht weil wir beide heute einen Blick in die Unendlichkeit geworfen und es überlebt haben. Warum ist das für dich so wichtig?«

»Ich vermute, es ist mir so wichtig«, entgegnete er schließlich, »weil du mir so wichtig bist.«

Daraufhin lächelte sie ihn auf eine sehr natürliche Weise an, die ihr sehr gut stand, und er küsste sie erneut. Bevor er sich von ihr lösen konnte, hatte sie bereits die Arme um ihn geschlungen, und er kam zu dem Schluss, dass er gar nicht losgelassen werden wollte.

Wie sich herausstellte, war Küssen nicht das Einzige, was Geary nach wie vor beherrschte. Als Victoria unter ihm lag und sich lustvoll wand, hatte sich Geary bereits an einige andere Dinge erinnert, mit denen er seine Partnerin zufriedenstellen konnte. Als sie beide erschöpft auf sein Bett sanken, wurde ihm bewusst, dass er zum ersten Mal seit seiner Bergung aus der Rettungskapsel nicht dieses eisige Gefühl in seinem Körper oder seiner Seele spüren konnte. Diese Feststellung hatte etwas Erleichterndes, zugleich aber auch etwas Beängstigendes.

[Genereller Hinweis: Geary und Rione duzen sich hier zwar, aber in der Folge wechselt das immer wieder, abhängig von der jeweiligen Situation. Sobald sie dienstlich miteinander Umgang haben, siezen sie sich, aber in einer Szene auf der Brücke, in der sie miteinander tuscheln, bin ich wieder zum Du übergegangen.]

Acht

Sein Komm-Alarm ertönte, und Geary schreckte hoch. Er rollte sich zur Seite und wollte bereits den Ruf annehmen, da fiel ihm im letzten Moment ein, nur Audio zu aktivieren, damit niemand sah, dass er nicht allein war. »Geary hier.«

»Sir, Captain Desjani möchte Sie darüber informieren, dass Colonel Carabali ihre Sorge zum Ausdruck bringt, was die Bewegungen der Flottenformation Bravo betrifft.«

»Sorge?« Wenn die Marine bislang wegen irgendeiner Sache besorgt gewesen war, hatte sie damit jedes Mal recht gehabt. »Ich bin in einer Minute für sie da. Bitten Sie Carabali zu warten.«

»Jawohl, Sir.«

Geary setzte sich vorsichtig auf und versuchte, keinen Lärm zu machen.

»Hast du wirklich gedacht, das hätte mich nicht aufgeweckt?«, fragte Victoria Rione.

»Tut mir leid.«

»Ich schätze, daran werde ich mich gewöhnen müssen.«

Geary hielt in seiner Bewegung inne und sah zu ihr, wie sie auf dem Rücken dalag und ihn so selbstverständlich anschaute, als würden sie schon seit Jahren jeden Morgen Seite an Seite aufwachen. »Willst du, dass das was Langfristiges wird?«

Fragend zog sie eine Augenbraue hoch. »Soll das heißen, du willst das nicht?«

»Nein, das soll es nicht heißen. Ich würde es gern versuchen. Ich glaube, etwas Langfristiges würde mich …«

»Glücklich machen? Es ist in Ordnung, glücklich zu sein, John. Nach dem Tod meines Mannes habe ich lange gebraucht, um das zu verstehen, aber schließlich habe ich es erkannt.«

»Wie lange hast du dafür gebraucht?«, fragte er leise.

»Bis heute Nacht. Und jetzt sprich mit Colonel Carabali, und zieh dir vorher was an!«

»Ich möchte wetten, Carabali hat schon Schlimmeres gesehen«, gab Geary zurück, zog aber hastig seine Uniform an, während er zu seinem Schreibtisch ging. Dort aktivierte er das Komm-Terminal und versuchte, seine Gedanken an die Nacht mit Rione zu verdrängen, damit er sich auf seine Arbeit konzentrieren konnte. »Was beunruhigt Sie denn, Colonel?«

Carabali war sichtlich übermüdet, was Geary Schuldgefühle bereitete, da er so ausgeruht war wie schon lange nicht mehr. Die Befehlshaberin der Marines zeigte auf ein Display gleich neben ihr. »Sir, Ihre Schiffe bewegen sich ganz in der Nähe der vierten Welt. Normalerweise geht mich das ja nichts an, aber es ist meine Aufgabe, Flottenoffiziere auf mögliche Bedrohungen hinzuweisen, die von Planeten ausgehen können.«

»Bedrohungen? Wir haben auf dieser Welt alles zerbombt, was uns bedrohen könnte. Da sollte keine antiorbitale Waffe mehr übrig sein.«

»Richtig«, stimmte Carabali ihm zu. »Aber ›sollte‹ besagt nicht, dass es auch so ist. Sir, wir haben alles getroffen, was wir aus einer Entfernung von einigen Lichtstunden erkennen können. Allerdings handelt es sich um eine dicht bevölkerte und massiv bebaute Welt. Bei so vielen Gebäuden und Anlagen ist es nicht so einfach, alles zu erkennen, was es da unten gibt. Außerdem haben die Einschläge unserer Waffen viel Staub und Wasserdampf in die obere Atmosphäre aufsteigen lassen, weshalb wir im Moment von der Oberfläche praktisch nichts sehen können. Wir wissen nicht, was wir übersehen haben, und wir haben auch keine Ahnung, was sich jetzt dort unten befindet.«

Geary betrachtete das Display und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Gutes Argument«, musste er eingestehen. Der Kampf im All verleitet einen allzu leicht zu der Annahme, dass man jede Bedrohung sehen kann, lange bevor sie einen erreicht. Das trifft hier aber nicht zu, und das hätte ich erkennen sollen. Die Siege über die Syndiks im Sancere-System und die vereitelte Katastrophe des zusammenbrechenden Hypernet-Portals haben mich zu selbstsicher werden lassen. Ich war nicht so paranoid wie sonst, um darüber zu spekulieren, was in diesem System vielleicht noch auf uns lauert. »Können die uns durch diese Wolkendecke hindurch mit irgendetwas beschießen?«