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Geary nickte und schaute auf das Display. »Also würde der Krieg weitergehen.«

»Der Krieg würde weitergehen«, bestätigte Duellos.

»Ich würde gern zu einem besseren Ergebnis gelangen.«

Duellos grinste zynisch. »Sie können auf die Flotte zählen. Hier kommt alles zusammen: der Stolz der Flotte, der Wunsch, die Schiffe unserer Kameraden zu retten, das aus den jüngsten Siegen geborene Selbstbewusstsein, die Ausbildung, die wir von Ihnen erhielten. Auch wenn unsere Chancen schlecht stehen, können wir etwas zustande bringen.« Sein Grinsen wurde noch etwas breiter. »Und gerade fällt mir etwas ein, wie wir unsere Chancen verbessern können.«

Man sollte meinen, dass man sich an das Warten gewöhnt, wenn man so viele Jahre bei der Flotte ist, überlegte Geary, während er durch die Korridore der Dauntless schlenderte. Sehr viel Zeit bei der Flotte verbrachte man einfach nur mit Warten. Warten darauf, irgendwo anzukommen. Warten, wenn man angekommen war. Warten auf einen Notfall oder eine Krise, die vielleicht gar nicht eintreten würden. Warten darauf, dass man herausfand, wie lange man würde warten müssen. Das schien genauso ein Teil des Lebens eines Militärs zu sein wie die miese Verpflegung und die Gefahr, getötet zu werden.

Diese Erkenntnis machte es ihm nicht leichter, darauf zu warten, ob irgendwelche Schiffe zu ihnen zurückkehren würden. Die Flotte war direkt vor dem Sprungpunkt in Position gegangen, durch den Allianz-Schiffe kommen konnten, sofern sie so lange überlebt hatten. Seine Schiffe hingen quasi im All, während sie dem Sprungpunkt auf seinem gemächlichen Weg durch das System folgten. Die Hilfsschiffe waren ausgelastet, da sie neue Waffen und Ersatzteile produzieren mussten, gleichzeitig waren an allen möglichen Kriegsschiffen Wartungen oder Reparaturen vorzunehmen. Geary hatte persönlich getan, was er konnte, um die Flotte vorzubereiten, aber er war zu rastlos, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Also streifte er durch die Korridore der Dauntless, wo er den Matrosen und Offizieren begegnete, deren Gesichter ihm allmählich vertrauter wurden und denen er nach und nach auch einen Namen zuordnen konnte. Ganz langsam stellte sich bei ihm das Gefühl ein, dass er wirklich hierher gehörte.

In einem Gang begegnete er Captain Desjani und stellte überrascht fest, dass sie jene gute Laune ausstrahlte, die ihr sonst nur anzumerken war, wenn sie zusah, wie Syndik-Schiffe zerstört wurden. »Sie wirken so gut gelaunt«, sprach er sie freundlich an.

Lächelnd erwiderte sie: »Ich konnte mich ausführlich mit jemandem von der Furious unterhalten, Sir.«

Die Furious war weit von der Flotte entfernt, da sie wieder die Eingreiftruppe auf einer weiteren Spezialmission anführte. Einen Moment lang rätselte Geary, warum Desjani sich ausgiebig mit Captain Cresida unterhalten sollte, zumal eine große Zeitverzögerung zu berücksichtigen war. Dann aber verstand er, was sie meinte. »Wie geht es Lieutenant Casell Riva?«

Sie errötete ein wenig. »Sehr gut, Captain. Er ist sehr beeindruckt von Captain Cresida und den neuen Sensoren und Waffen, die wir haben.«

»Verstehe. Es freut mich, dass ihm die neuen Waffen der Flotte gefallen.«

»Um ehrlich zu sein, er ist froh darüber, befreit worden zu sein, und es schien ihm zu gefallen, mit mir zu reden«, gestand Desjani.

»Ich nehme an, er ist sogar sehr froh, Tanya. Hat er sich auch gut eingelebt?«

Ihr Lächeln verblasste ein wenig. »Es gab ein paar schwierige Momente, hat er mir anvertraut. Die andauernde Gefangenschaft im Syndik-Arbeitslager ohne Hoffnung auf eine Heimkehr wird ihn noch lange Zeit verfolgen. Manchmal wacht er in Panik auf, weil er fürchtet, die Befreiung könnte nur eine Halluzination gewesen sein. Aber natürlich hat er jetzt wieder Hoffnung geschöpft.« Nach einer kurzen Pause fügte sie an: »Cas … Lieutenant Riva war überrascht über die Art, wie Sie die Flotte führen. Die Taktiken, die Sie anwenden, und so weiter. Dass Captain Falco die Flotte verlassen hat, irritiert und betrübt ihn noch immer. Aber er hat alles mitverfolgt, was bei Sancere geschehen ist, und er war sehr erstaunt, Sir.«

Nun fühlte Geary sich in Verlegenheit gebracht. »Vieles ist richtig gelaufen. Wir hatten Glück.«

»Für einen Großteil unseres Glücks waren Sie verantwortlich, Sir, wenn ich das so sagen darf.« Wieder verstummte sie kurz. »Er ist immer noch der Mann, den ich in Erinnerung hatte. Vielleicht wird sich daraus wieder etwas entwickeln.«

»Das möchte ich hoffen. Dieser Krieg bringt schon genug Menschen Chaos in ihr Leben. Da ist es schön, wenn zwei von ihnen eine Chance auf einen Neuanfang bekommen.«

Desjani nickte, ihre Gedanken waren weit in die Vergangenheit abgeschweift. »Wir werden sehen. Es ist viel Zeit nachzuholen, wir müssen viele Erfahrungen teilen. Wussten Sie eigentlich, dass sich unter den bei Sancere heruntergeladenen Dateien auch eine riesige Datenbank befindet, die die Kriegsgefangenen der Syndiks auflistet? Sie ist nicht auf dem neuesten Stand, die jüngsten Einträge sind auch schon wieder drei Jahre alt, aber es finden sich etliche Namen von Matrosen auf der Liste, die wir für tot gehalten haben. Falls wir … entschuldigen Sie, Sir. Wenn wir ins Gebiet der Allianz zurückkehren, wird es viele Leute geben, die sich freuen werden, welche Namen aufgelistet sind.«

Geary sah sie neugierig an. »Wie lange ist es her, dass die Syndiks der Allianz eine Aufstellung ihrer Gefangenen übermittelt haben?«

»Mindestens einige Jahre, aber das genaue Datum muss ich nachsehen. Irgendwann beschlossen die Syndiks, dass es der Moral der Allianz mehr schadet, wenn nicht bekannt ist, ob das verschollene Personal tot oder in Gefangenschaft ist. Die Allianz hat im Gegenzug den Syndiks natürlich auch keine Listen mehr überlassen.«

Das war kein angenehmer Gedanke. Es war schon schlimm genug, Freunde, Geliebte und Angehörige in den Krieg ziehen zu lassen, aber wenn man nicht einmal erfuhr, was aus ihnen geworden war, dann kam das einer quälenden Folterung gleich. »Wir müssen unsere Liste aktualisieren, danach können wir die Syndiks vielleicht dazu bewegen, dass der Datenaustausch wiederaufgenommen wird.«

»Wenn das jemandem gelingen kann, dann Ihnen«, erwiderte Desjani. »Ich habe gerade erst begonnen, mir die Liste anzusehen. Es sind unglaublich viele Namen, die auf eine etwas eigenartige Weise sortiert sind, daher bekomme ich bei meinen Suchen meistens Ergebnisse geliefert, um die ich gar nicht gebeten habe. Aber es gibt ein paar Leute, deren Schicksal mich interessiert. Einige von ihnen gerieten angeblich in Gefangenschaft, andere sind mutmaßlich im Gefecht gefallen. Vielleicht erhalte ich jetzt eine Bestätigung, was aus ihnen geworden ist.«

»Ich schätze, das werden außer Ihnen noch viele machen«, sagte Geary. Eine drei Jahre alte Liste würde ihm keine Auskunft darüber geben, ob es seinem Großneffen wie durch ein Wunder doch noch gelungen war, sich unmittelbar vor ihrer Zerstörung von der Repulse zu retten. Am besten war es, wenn er davon ausging, dass Michael Geary tot war. Dann konnte er sich immer noch angenehm überraschen lassen, sollte er doch noch leben. Allerdings gab es wenig Grund zu der Annahme, er könnte das Ende seines Schiffs überstanden haben.

Das brachte seine Gedanken zurück zu den neununddreißig Schiffen, die Captain Falco bei Strabo gefolgt waren. Wie viele von ihnen hatten überlebt? Er wünschte, er wüsste die Antwort darauf bereits, so schrecklich die vermutlich auch ausfallen würde. Die Ungewissheit war fast so schlimm wie die Befürchtung, dass allenfalls ein paar Schiffe nach Ilion gelangen würden.

»Sie sind da!«

Geary stürmte aus seiner Kabine, ohne zuvor noch einen Blick auf sein Display zu werfen. Er rannte durch die langen Korridore und kletterte Leitern nach oben, bis er schließlich keuchend auf der Brücke eintraf, wo er sich in seinen Sessel fallen ließ. Dann aktivierte er sein Display und betete insgeheim, es möge so viele Überlebende wie nur irgend möglich geben.