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Er fuhr sich durchs Haar, starrte auf die Tischplatte und versuchte, seinen Zorn abebben zu lassen. Nach ein paar Sekunden wandte er sich wieder den anderen Offizieren zu und hoffte, dass seine Stimme ruhig klang, als er zu reden begann. »Es wird eine Weile dauern, bis die Invincible vollständig evakuiert ist. Ihre Crew hat sich in herausragender Weise verhalten. Sie und das Schiff werden eine lobende Erwähnung für besondere Tapferkeit erhalten, noch bevor die Besatzung von Bord geholt und das Schiff aufgegeben wird. Wir werden das Schiff anschließend sprengen, damit es nicht dem Feind in die Hände fallen kann. Den Verlust der Invincible bedauere ich zutiefst, ebenso den jüngsten Verlust der anderen Schiffe. Ich möchte, dass wir morgen bereit sind, das System zu verlassen, vorausgesetzt die Warrior, die Majestic, die Orion und die leichteren Einheiten, die Schäden davongetragen haben, sind bis dahin zum Sprung bereit. Ich möchte über alle Probleme informiert werden, die sich auf diesen Schiffen ergeben und die unsere Abreise verzögern könnten. Unser Ziel wird Tavika sein. Gibt es irgendwelche Fragen?«

Eine Frau mit geplagtem Gesichtsausdruck meldete sich zu Wort. »Was beabsichtigen Sie mit den Schiffen zu machen, die Captain Falco gefolgt sind, Sir?«

Geary betrachtete die Frau. Commander Gaes von der Lorica, einem der überlebenden Schweren Kreuzer. Ihr Schiff war bei der Invincible geblieben, als die sich schwerfällig in Sicherheit brachte. »Was denken Sie, was ich tun sollte?«

Sie setzte ein paar Mal vergeblich zum Reden an, dann sagte sie: »Uns für unser Verhalten zur Rechenschaft ziehen, Sir.«

»Wie schlimm war es bei Vidha?«, wollte Geary wissen.

Commander Gaes biss sich auf die Lippe und schaute einen Moment lang zur Seite. »Sehr schlimm. Der Gegner besaß eine erdrückende Übermacht. Auf dem Weg nach Vidha verloren wir an einem verminten Sprungpunkt bereits zwei leichte Kreuzer und einen Zerstörer. Bei der Ankunft im Vidha-System fielen vier weitere Schiffe Minenfeldern zum Opfer. Die Polaris wurde so schwer beschädigt, dass sie den Anschluss an die Flotte verlor. Die Syndiks kamen auf uns zu, und als wir nach Befehlen fragten, kam keine Antwort. Die Triumph wies uns an, die Flucht zu ergreifen, während sie uns den Rücken freihielt. Ohne sie wäre keiner von uns mehr da rausgekommen.« Sie hielt kurz inne. »Mein XO ist bereit, das Kommando über mein Schiff zu übernehmen.«

Gaes hatte sich vermutlich genauso schuldig gemacht wie Numos, aber immerhin was sie bereit, die Konsequenzen für ihr Handeln zu tragen. Und sie war bei der Invincible geblieben, um nach Kräften zu helfen, wie ein beschädigter Schwerer Kreuzer einem noch stärker in Mitleidenschaft gezogenen Schwesterschiff eben helfen konnte. »Noch nicht«, erwiderte Geary. »Sie haben einen schweren Fehler gemacht, und das gilt auch für die Commander der anderen Eskortschiffe. Im Gegensatz zu gewissen Captains sind Sie bereit, Ihren Fehler einzugestehen und die Verantwortung zu übernehmen. Sie waren außerdem so tapfer und ehrbar, dass Sie die Invincible nicht im Stich ließen. Das ist mir nicht entgangen. Auf der Grundlage dieser Beobachtungen bin ich bereit, Ihnen eine zweite Chance zu geben. Werden Sie diesmal bei der Flotte bleiben, Commander Gaes?«

»Ja, Sir.«

»Dann zeigen Sie mir, wie gut Sie als Befehlshaberin sein können. Sie und die anderen. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich Sie alle ganz besonders im Auge behalten werde. Können Sie damit leben?«

Sie sah Geary wieder mit diesem geplagten Blick an. »Ich werde mit den Erinnerungen an Vidha leben müssen, Sir.«

»Da haben Sie recht. Ich hoffe, es wird Sie und die anderen zu besseren Offizieren machen. Wenn einer von Ihnen zu der Ansicht gelangt, dass er die Last seines Kommandos nicht länger ertragen kann, dann soll er es mich wissen lassen. Bis dahin führen Sie weiter Ihre Befehle aus, Commander Gaes.«

Sie nickte bestätigend. »Das werde ich machen.«

»Dann sehen wir uns alle bei Tavika wieder.« Geary blieb sitzen, während die Bilder der anderen Offiziere rasch verschwanden — auch das von Victoria Rione. Desjani saß kopfschüttelnd da und schaute Geary mitfühlend an, dann entschuldigte sie sich, da sie sich um andere Aufgaben kümmern musste.

Nach kurzer Zeit war nur Captain Duellos’ Bild noch übrig. Er machte eine nachdenkliche Miene. »Ich habe mich nie für Captain Falco interessiert, aber so etwas ist traurig mitanzusehen, nicht wahr?«

Geary nickte und fragte: »Wie ziehen wir einen Mann zur Rechenschaft, der nicht mehr in dieser Welt lebt?«

»Vielleicht haben die Flottenärzte ja eine Möglichkeit, ihn zu heilen.«

»Damit wir ihn dann vor Gericht stellen können? Damit er seine Fähigkeiten einsetzen kann, um wieder das Kommando über die Flotte zu beanspruchen?« Geary lächelte bitter. »Oder sollen wir ihn heilen, damit er begreift, was er diesen Schiffen und ihren Besatzungen angetan hat, die ihm gefolgt sind? Das wäre schon eine Art Rache, nicht wahr? Aber würde Falco seine Schuld jemals einsehen? Oder würde er einen Weg finden, jegliche Verantwortung von sich zu weisen?«

»Ich kann nicht behaupten, dass ich weiß, was ich in einem solchen Fall als Gerechtigkeit ansehen soll«, gab Duellos zurück. »Aber Captain Falco hat lange Zeit in einem Universum gelebt, das sich nur um ihn drehte. Zugegeben, er war auch voller Hingabe für die Allianz, doch in seinem Weltbild sind er und die Allianz ein und dasselbe. Ich glaube, er würde niemals verstehen, welche Rolle er bei der Zerstörung dieser Schiffe gespielt hat.«

»Und die anderen?«, hakte Geary nach.

»Sind sie nicht verachtenswert?«, kommentierte Duellos angewidert. »Man kann nur hoffen, dass sie mit diesem Auftritt, mit dem sie jegliche Verantwortung für ihr Handeln von sich weisen wollten, auch noch ihre letzten Anhänger verprellt haben. Aber vielleicht auch nicht. Manche Leute finden immer einen Weg, sich aus der Affäre zu ziehen. Ich glaube, Sie sind mit Kerestes, Numos und Faresa richtig umgegangen. Aber was die Commander der leichteren Einheiten angeht, sollten Sie wissen, dass nicht alle von denen so wie Commander Gaes ihre Lektion gelernt haben.«

»Ich weiß, und ich werde sie auch im Auge behalten. Ich hasse es nur, Befehlshaber gleich im Rudel zu suspendieren. Das ist was für die Syndiks.«

»Manchmal ist das aber notwendig.« Duellos hielt inne und betrachtete Geary forschend. »Aber ich vermute, Sie waren etwas zu nachsichtig, nachdem Sie fast etwas zu rachsüchtig geworden wären.«

Geary versuchte, gegen einen Kopfschmerz anzukämpfen. »Das ist Ihnen aufgefallen?«

»Ja, das ist es. Ich weiß nicht, wer es sonst noch gemerkt hat. Aber Sie haben eindeutig die richtige Entscheidung getroffen. Und das aus meinem Mund, wo ich einen Moment lang drauf und dran war, mich freiwillig zum Erschießungskommando zu melden.«

»Danke.« Geary musterte die Darstellung des Systems, die unverändert über dem Tisch schwebte. »Warum sterben Menschen wie die Besatzung der Terrible, während Leute wie Numos und Faresa weiterleben dürfen?«

»Ich fürchte, die Antwort darauf übersteigt meinen Verstand«, gestand ihm Duellos. »Ich weiß aber, dass ich heute Abend mit meinen Vorfahren darüber reden werde.«

»Ich ebenfalls. Mögen sie uns die Weisheit bringen, die wir benötigen.«

»Und den Trost. Wenn Sie anfangen, sich zu sehr auf diejenigen zu konzentrieren, die hier starben, Captain Geary, dann denken Sie an die Matrosen, die diesen Kampf überlebt haben und die unter Ihrem Kommando aus dem Heimatsystem der Syndiks entkommen sind.«