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»Sie glauben, das würde es aufwiegen, wie? Das tut es aber nicht. Jedes Schiff, jeder Matrose, den wir verlieren, versetzt mir einen Schlag.«

»Und trotzdem ist es das, was wir tun müssen«, meinte Duellos zum Abschied.

Exakt sechzehn Stunden später beobachtete Geary auf seinem Display, wie das im All treibende Wrack der Invincible durch einen überhitzten Antrieb in Stücke gerissen wurde. Die Syndiks würden aus dem Schiff keinen Nutzen mehr ziehen können, und die Besatzungsmitglieder waren alle auf die Flotte aufgeteilt worden. Dennoch war es ein trauriger Moment, der ihn unwillkürlich an das Schicksal der Triumph erinnerte. »Alle Einheiten, beschleunigen Sie auf 0,05 Licht und gehen Sie auf Kurs nach unten eins drei Grad, backbord zwei null Grad bei Zeit fünf eins.« Der Moment war gekommen, nach Tavika zu springen und sich von Ilion zu verabschieden.

Er musste sich auf dem Schiff sehen lassen, er musste der Crew zeigen, dass er ihre Anstrengungen zu schätzen wusste und dass sie ihm wichtig war, obwohl das vorrangig in Captain Desjanis Zuständigkeit fiel. Gemächlich ging Geary durch die Korridore, grüßte Besatzungsmitglieder, blieb hier und da kurz stehen und unterhielt sich mit Matrosen, die tatsächlich an eine Heimkehr zu glauben begannen. Ihr Vertrauen in ihn machte ihn noch immer nervös, doch zumindest konnte er sich damit trösten, dass er zwar einige Fehler begangen, aber zugleich auch die Flotte so weit geführt hatte, obwohl immer wieder ernsthafte Hindernisse zu überwinden gewesen waren.

Plötzlich hörte er leise, aber wütende Stimmen, und als er um die nächste Ecke bog, sah er Captain Desjani und Co-Präsidentin Rione, die sich in dem ansonsten menschenleeren Korridor so dicht gegenüberstanden, als wollten sie sich jeden Moment gegenseitig an die Gurgel gehen. Als sie ihn bemerkten, verstummten sie beide. »Stimmt etwas nicht?«

»Nein, Sir«, antwortete Desjani knapp. »Eine persönliche Angelegenheit. Wenn Sie gestatten, Sir.« Dann salutierte sie präzise und ging rasch weg.

Gearys Blick wanderte zu Rione, die Desjani aufgebracht hinterhersah. »Was ist hier los?«

Sie verbarg ihre Verärgerung hinter einer neutralen Miene. »Sie haben Ihren Offizier gehört, Captain Geary. Eine persönliche Angelegenheit.«

»Wenn es mich betreffen sollte …«

»Glauben Sie etwa, wir würden um Sie kämpfen, Captain Geary?«, fragte sie spöttisch.

Wut stieg in ihm auf. »Nein. Aber ich habe ein Recht zu erfahren, wenn es zwischen Ihnen und Captain Desjani Unstimmigkeiten gibt.«

Rione reagierte wieder mit diesem kühlen Gesichtsausdruck, der nichts von dem verriet, was in ihr vorging. »Aber nein, Captain Geary. Captain Desjani und ich verstehen uns bestens.« Sie sagte es so, dass es wie eine Lüge klang, und er wusste, sie machte das absichtlich. Der Grund dafür war ihm allerdings ein Rätsel.

Er versuchte, sein Temperament zu bändigen. »Victoria …«

Sie hob eine Hand, damit er schwieg. »Co-Präsidentin Rione hat zu diesem Thema weiter nichts zu sagen. Wenn Sie die Sache nicht auf sich beruhen lassen wollen, dann befragen Sie Ihren Offizier. Guten Tag, Captain Geary.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging weg. Ihre steifen Bewegungen verrieten ihren Zorn.

Sie waren noch immer einige Stunden vom Sprungpunkt nach Tavika entfernt, und schon musste er sich mit einem neuen Problem beschäftigen. Aber was war überhaupt das Problem? Desjani war in letzter Zeit Rione gegenüber toleranter aufgetreten, auch wenn sie weit davon entfernt war, ihr vor Freude um den Hals zu fallen. Rione wiederum hatte es geschafft, seit der Konferenz einen Bogen um ihn zu machen. Er wusste noch immer nicht, was sie über die Geschehnisse während dieser Konferenz dachte, und in den kurzen Unterhaltungen seitdem war Rione immer wieder unter dem Vorwand ausgewichen, sie sei mit Recherche und anderen Aufgaben beschäftigt.

In seiner Kabine angekommen, setzte sich Geary hin, starrte eine Zeit lang auf sein Display, ehe er die interne Komm-Taste bediente. »Captain Desjani, kommen Sie bitte in meine Kabine, sobald Sie Zeit haben.«

»Ich bin gleich da, Sir«, meldete sie sich in einem neutralen Tonfall. Wenige Minuten später betrat sie seine Kabine und machte einen äußerlich gefassten Eindruck, doch ihre Augen ließen ihre Besorgnis erkennen.

»Setzen Sie sich bitte«, bot er ihr an, was sie auch tat, ohne sich dabei aber zu entspannen. Auch sonst saß sie in Habachthaltung da, doch jetzt wirkte es irgendwie verkrampft. »Es tut mir leid, wenn ich hartnäckig bleibe, aber ich muss Sie nochmals fragen. Können Sie mir sagen, was der Grund für den Streit zwischen Ihnen und Co-Präsidentin Rione war?«

Sie sah über seine Schulter an ihm vorbei, ihr Mienenspiel verriet nichts. »Ich muss Ihnen die Antwort darauf bei allem Respekt verweigern, Sir. Es ist eine persönliche Angelegenheit.«

»Das ist Ihr gutes Recht«, gab Geary widerstrebend zurück. »Aber ich muss wissen, ob Sie trotzdem weiterhin in der Lage sein werden, problemlos mit Co-Präsidentin Rione zusammenzuarbeiten.«

»Ich versichere Ihnen, Sir, dass ich vorbehaltlos in der Lage bin, meinen Pflichten auf eine professionelle Weise nachzukommen.«

Er nickte, ließ sich aber seine Unzufriedenheit anmerken. »Mehr als das kann ich von Ihnen nicht fordern. Lassen Sie es mich bitte wissen, wenn Sie das Gefühl haben, dass sich daran etwas ändert. Und wenn Sie es irgendwann für vertretbar halten, mir zu sagen, um was es bei diesem Streit ging, dann wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie es mir mit Blick auf die Sicherheit dieser Flotte und ihres Personals anvertrauen würden.«

Desjani ließ sich weiterhin nichts anmerken. »Ja, Sir.«

»Ihnen ist doch klar, dass ich mich hier in einer Zwickmühle befinde.«

»Das tut mir leid, Sir.«

»Na gut.« Geary wollte ihr gerade sagen, sie dürfe wegtreten, da ging die Tür zu seiner Kabine auf und Rione trat ein — entweder zufällig oder aber in der vollen Absicht, die Tatsache kundzutun, dass sie uneingeschränkten Zutritt zu Gearys Quartier hatte. Es war auf jeden Fall ein bemerkenswerter Zufall, dass Rione ausgerechnet diesen Moment wählte, nachdem sie ihn seit der Konferenz beharrlich gemieden hatte.

Rione sah sie ohne eine erkennbare Regung an. »Störe ich?«

Desjani stand auf und präsentierte sich von einer gleichermaßen kühlen Seite. »Keineswegs, Madam Co-Präsidentin. Ich wollte sowieso gerade gehen.«

Fasziniert beobachtete Geary die beiden, die sich wie zwei Schlachtkreuzer belauerten: die Schilde auf maximaler Leistung, alle Waffen feuerbereit, aber doch völlig beherrscht, sodass die Situation sich nicht in ein Blutbad verwandeln konnte. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, warum die beiden sich so feindselig verhielten. »Danke, Captain Desjani«, sagte er behutsam, während er sich fragte, ob wohl ein falsches Wort von seiner Seite genügen würde, um den Streit offen ausbrechen zu lassen. Er war nicht so von sich eingenommen, dass er geglaubt hätte, die beiden würden sich um ihn streiten, aber diese Erkenntnis half ihm nicht weiter, da er nach wie vor nicht wusste, was zwischen ihnen vorgefallen war.

Desjani verließ die Kabine, und es kam ihm fast so vor, als würde sich die Luke hinter ihr mit besonders viel Wucht schließen. Geary atmete schwer aus und sah Rione an. »Ich habe eine Menge um den Kopf, wie Sie wissen.«

»Das ist mir mehr als einmal deutlich geworden«, stimmte sie ihm in diesem merkwürdig distanzierten Tonfall zu.

Einen Moment lang musterte er sie und wunderte sich, wie sie mal so vertraut und mal so fremd erscheinen konnte, was manchmal sogar beides zugleich der Fall war. »Wer stattet mir diesen Besuch ab? Rede ich mit Victoria oder mit Co-Präsidentin Rione?«

»Das kommt darauf an. Rede ich mit John Geary oder Black Jack Geary?«

»Ich bin immer noch John Geary.«

»Tatsächlich? Vor Kurzem habe ich Black Jack zu sehen bekommen. Er war im Begriff, jemanden erschießen zu lassen. Er wollte es wirklich.«