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Damit hatte ihre Besessenheit begonnen, die Geheimnisse um die Ursprünge der Vampirrasse zu entschlüsseln und ihr Volk letztlich wieder zu seinem früheren Glanz zu führen. Ihre fixe Idee hatte sie gemeinsam von Amerika nach Afrika, durch Europa bis nach Asien und zurück reisen lassen. Drei Jahre hatte ihre Mission gedauert, bis sie in der irakischen Wüste in Blut und Tod geendet war – und mit der Entdeckung der Kreatur, die jetzt mit Danica in der Gruft saß.

Asher schauderte. Diesmal war Danica wirklich zu weit gegangen. Die Grabruhe eines der Alten zu stören, war selbst nach Vampirmaßstäben ein Sakrileg, und viel älter als dieser hier war kaum noch möglich.

Er warf einen nervösen Blick zur Tür. Wenn das Ding dort drin ihre Erlösung bedeutete, wollte er damit nichts zu tun haben. Wenn er nur halbwegs bei Verstand war, dann ließ er die beiden da drin, damit sie es unter sich austragen konnten. Danica war dieser Sache nicht im mindestens gewachsen, und sie war zu stur, um das zuzugeben.

Asher versuchte, sich nicht vorzustellen, was er tun würde, I wenn ihr irgend etwas zustieß…

Die Tür zur Gruft glitt auf, Danica taumelte nach draußen und fiel ihrem Bruder regelrecht in die Arme. Ihre Haut war totenbleich, an Hals und Schulter waren frische Bisswunden zu sehen. Ihr Seidentop war blutgetränkt.

„Danica!“ Asher legte seine Arme fester um sie, da ihr Beine den Dienst versagten. „Geht es dir gut?“ Er wusste, war eine verrückte Idee gewesen. Er griff nach seiner Waffel doch Danica legte ihre Hand auf seine. Sie zitterte und kämpfte mit sich, um sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.

„Lass ihn raus. Er will sehen, was aus seiner Welt geworden ist.“

3

Für den berühmten Talkmaster Bently Tittle war es ein guter Tag. Nicht nur, dass die Scheidung von seiner dritten Frau endlich vollzogen war – und das drei Minuten, bevor er auf Sendung ging –, sein Produzent hatte wieder einmal Erfolg mit seiner Suche nach dem albernsten Diskussionsthema von ganz Amerika gehabt.

Bently und sein Produzent arbeiteten inzwischen seit über acht Jahren zusammen, und sie hatten sich schon lange von dem alten Mantra verabschiedet, das Fernsehen solle informativ, lehrreich und unterhaltsam sein. Sie suchten ihre Gäste mittlerweile am unteren Ende der Skala, um mit denkbar geringen Kosten den größtmöglichen Unterhaltungswert herauszuholen.

Heute hatten sie sich beide etwas ganz Besonderes vorgenommen. Bentlys Wette mit dem Ersten Beleuchter würde ihm zu Weihnachten einige Tage mehr in der Sonne einbringen, wenn diese Typen ihm Quote brachten.

Er rieb sich die Hände, während er das breite Fernsehlächeln aufsetzte, das zu seinem Markenzeichen geworden war. Im abgedunkelten Studio ringsum herrschte rege Betriebsamkeit, da sich die Crew für die erste Einstellung bereit machte, die Ausrüstung überprüfte und Monitore einschaltete. Die Dunkelheit vor ihm war erfüllt von einem Durcheinander aus Rufen und dem Scheppern von schwerem Gerät, das in Position gebracht wurde. Unten im Graben brannte ein Stromkabel in einer Fontäne aus blauen Funken durch, als einer der Kameraleute darüberfuhr. Aus dem Hintergrund ertönte ein erstickter Aufschrei, gefolgt von einem dumpfen Knall. Damit befand sich der Studioleiter mindestens in der zweiten Phase seines täglichen Nervenzusammenbruchs.

Bently rümpfte die Nase und warf dem geduckten Kameramann einen leicht verächtlichen Blick zu. Sie alle waren wie eine Horde Ameisen, da sie unentwegt hin und her rannten und so taten, als hätten sie unglaublich viel zu tun und würden sich ihr Gehalt tatsächlich verdienen. Wenn einer von ihnen zusammenbrach und irgendwas von Erschöpfung brabbelte, übernahm ein anderer so schnell seinen Platz, als hätte es seinen Vorgänger nie gegeben. Bently hatte sich längst abgewöhnt, sich auch nur noch einen Namen zu merken. Er und der Produzent waren offenbar die Einzigen, die hier ihren Mann standen.

Er gähnte und fuhr sich mit seiner manikürten Hand durch das perfekt sitzende Haar, dann sah er dorthin, wo die neue Praktikantin hinter dem Mann mit der Steadicam kauerte und ihn mit einer Mischung aus Heldenverehrung und beruflicher Gier ansah. Sie hieß Suzi. Oder Sally? Ach, wen kümmerte das schon?

Er stierte sie noch einen Moment lang an, dann nahm er seine Interviewnotizen vom Tisch und spielte mit der Büroklammer, mit der sie zusammengehalten wurden. Ganz gleich, wie die Kleine hieß, sie war auf jeden Fall ein Wahnsinnsgerät. Er hatte gehört, dass ihrem Vater so viele erstklassige Grundstücke gehörten wie einer gewissen, bestens bekannten Hamburgerkette. Es war eine Beziehung wie aus dem Paradies, auch wenn sie nur von kurzer Dauer sein würde.

Bently strahlte Suzi gütig an, während er überlegte, wie er es anstellen konnte, die Sendung in Rekordzeit zu beenden und die Kleine in seinem Trailer zu haben, noch bevor der Nachspann durch war. Es würde nicht so leicht sein, sie an den Wachleuten vorbeizuschmuggeln, aber was zum Teufel sollte er in diesem Loch anderes tun?

Er seufzte, während vor seinem geistigen Auge Bilder aus einem Privatporno abliefen. Er war so in seinen Tagtraum vertieft, dass er kaum den jungen Mexikaner zu seiner Rechten bemerkte, der ihn bereits anzählte.

Die auf ihn gerichteten Scheinwerfer gingen an. Bently räusperte sich und blinzelte kurz. Er strahlte in die Kamera und versuchte, jene Wärme und Seriosität auszustrahlen, durch die er diesen Job überhaupt erst bekommen hatte. Zehn Jahre zuvor hatte er diese Arbeit mit dem größten Vergnügen übernommen und war durch eine Sendung nach der anderen geschwebt, vorangetrieben von echtem Spaß am Job und dem Bedürfnis, die Welt zu unterhalten und im Rahmen seiner Möglichkeiten zu einem besseren Ort zu machen.

Wenn er heute dagegen nur einfach in die Kamera lächeln sollte, hätte er am liebsten seinen Kopf auf den billigen Plexiglastisch geschlagen und anschließend seine kleine Glock aus der Tasche gezogen, um die gesamte Toncrew im Feuerhagel untergehen zu lassen, während er wie ein Wahnsinniger lachte und um ihn herum das Studio niederbrannte…

Bently schluckte, da seine Kehle mit einem Mal wie ausgedörrt war. Die Wirkung seiner verschreibungspflichtigen Arznei schien nachzulassen. Doch bevor er in seine Tasche greifen und noch eine Tablette nehmen konnte, ertönte über die Lautsprecheranlage des Studios die Titelmelodie.

Er war auf Sendung.

Mit einem breiten Lächeln, das wie aufgeklebt wirkte, griff Bently nach seinen Unterlagen und stieß sie auf eine Weise zusammen, von der er hoffte, dass es überzeugend professionell aussah. „Heute Abend sprechen wir mit Doktor Edgar Vance, dem forensischen Psychiater und Autor des Bestsellers Menschliche Gesundheit: Der ganzheitliche Durchbruch.“

Er ignorierte das erstickte Kichern eines Beleuchters, nahm sich aber vor, den Mann bei der nächstbesten Gelegenheit zu feuern. Dann wandte er sich der zweiten Kamera zu und sprach weiter: „Außerdem zu Gast – Polizeichef Martin Vreede. Beide werden eine ganze Stunde hier sein und Ihre Anrufe beantworten – gleich… bei Bently Tittle Live!“

Er lehnte sich in seinem gepolsterten Ledersessel zurück und sah freundlich den Mann an, der ihm gegenüber Platz genommen hatte. Edgar Vance war Anfang vierzig und sah so gesund aus, wie es nur ein Mann konnte, der ein sechsstelliges Jahreseinkommen hatte und regelmäßig Besuch von einer Frau erhielt, die ihm einen Einlauf machte.

Edgar erwiderte das Lächeln, das es mit Bentlys oraler Wattzahl fast aufnehmen konnte. Er konnte schon im Geiste hören, wie bündelweise Dollarnoten abgezählt und anschließend seinem Konto gutgeschrieben wurden. Er hatte sich nur unter der Voraussetzung zu diesem Auftritt bereit erklärt, dass er allein die Vermarktungsrechte an dieser Episode bekam. Ein sechsköpfiges Team war in diesem Moment bereits damit beschäftigt, die Videocover zu drucken.

Er hoffte, seine Mutter hatte eingeschaltet. Falls nicht, würde er ihr möglichst bald einen Mitschnitt verkaufen.

Bently legte die Fingerspitzen aneinander, als die Musik leiser und durch Beifall aus der Konserve übertönt wurde. „Doktor Vance, Sie sind Psychiater und Biochemiker, richtig?“