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„Es gibt keinen Himmel“, erklärte er Zoe. „Kein Gott, keine Engel. Kein Happy End für brave kleine Mädchen.“ Er kam wieder ein Stück näher. „Das Einzige, worauf du dich freuen kannst, ist das Nichts.“

Während Drake sprach, weiteten sich seine Pupillen so sehr, dass sie sogar das Weiße in seinen Augen verschwinden ließen. Zoe starrte ihn an, unfähig, den Blick von ihm abzuwenden. Die Augen des Mannes schienen immer größer zu werden, und sie bekam das Gefühl, gegen ihren Willen immer stärker von ihm angezogen zu werden. Es war so, als würde ihr Gehirn in den flüssigen Strömen seines Banns schwimmen. Sie bohrte ihre Fingernägel in die Handflächen, um gegen das Gefühl anzukämpfen. Was es war, wusste sie nicht, doch ihr war klar, dass es ihr überhaupt nicht gefiel.

Dann redete Drake mit sanfter und sonorer Stimme weiter. „Aber was wäre, wenn du das ändern könntest?“, fragte er. „Was wäre, wenn du immer Kind bleiben könntest?“ Er strich mit einem seiner langen Fingernägel über die zarte Wange von Zoe. „Stell dir vor, du könntest immer dieses kleine Puppengesicht behalten, bis die Sonne längst zu einem Felsbrocken erkaltet ist.“ Er sah ihr tief in die Augen. „Würde dir das nicht gefallen? Würdest du dieses Geschenk haben wollen?“

Zoe blinzelte, dann streckte sie eine Hand aus und berührte ihrerseits Drakes Wange. „Meine Freunde kommen, um dich zu töten.“

Drei Zimmer weiter sackte King rückwärts gegen die Säule, Blut lief ihm aus der Nase und dem Mund. Er blinzelte, um sich von den Tropfen der klebrigen roten Flüssigkeit zu befreien, die ihm ins Auge gespritzt waren. Benommen sah er auf, während Grimwood nach hinten ins Licht trat, seine gewaltigen Muskeln spielen ließ und auf der Stelle tänzelte, als sei er ein Boxer im Ring.

Für King war zunehmend klar, dass das Leben eine beschissene Angelegenheit war. Vor allem, wenn man von einem Typen durchgeprügelt wurde, der nicht wusste, wo sein Hintern war, es sei denn, er bezahlte jemanden, damit der einen Spiegel hochhielt und es ihm zeigte.

Das Ganze war nicht mal in irgendeiner Weise ehrenvoll. Die Vampire hatten ihn geschnappt, und nun würden sie ihn umbringen. So simpel war das.

Die umstehenden Vampire besaßen nicht mal genug Phantasie, um irgend etwas anderes zu tun, als herumzustehen und wie ein Haufen großer Feiglinge lediglich zuzusehen.

Das kam einer Beleidigung gleich.

Trotzdem war es immer noch besser als das, was Danica ihm angedroht hatte.

King spuckte Blut auf den edlen Teppich und warf einen finsteren Blick auf Asher und Danica, die sich vor ihm aufgebaut hatten. Er sah alles doppelt, deshalb war er nicht sicher, welche der beiden weiblichen Gestalten die echte Danica war. Irgendwie hübsch waren sie beide, auch wenn sie böse und natürlich extrem schlampig waren. Er zermarterte sich das Hirn, aber ihm wollte kein passender Witz über weibliche Vampire einfallen.

Er musste sich in einer schlechteren Verfassung befinden, als er es selbst für möglich gehalten hatte.

Stattdessen sah er wütend Grimwood an. Er war zwar durchgeprügelt worden, aber sie würden nicht erleben, wie er aufgab. Er fletschte die Zähne und hoffte inständig, seine Stimme würde durchhalten. „Das wird dir noch Leid tun.“

„Niemand kommt, um dich zu retten, King“, mischte sich Asher mit kühler, spöttischer Stimme ein. King starrte ihn finster an. Dieser Hurensohn hatte seinen Spaß daran, es einem Sterblichen heimzuzahlen, der seine Schwester flachgelegt und es aller Welt erzählt hatte.

Tja, er hatte eine kleine Überraschung für ihn.

Eigentlich hatte er für sie alle eine kleine Überraschung.

King drehte den Kopf und versuchte, das seltsame Krachen zu ignorieren, das sein Hals von sich gab, sobald er ihn bewegte. Bei seinem dritten Versuch konzentrierte er sich auf Asher: „Na, und ob. Ich habe ihnen eine kleine Spur aus digitalen Brotkrumen hinterlassen.“

Danica lachte spöttisch. „Sonst geht es dir noch gut?“

King warf ihr einen finsteren Blick zu. Dieses Miststück von Vampirin. Er hätte sie umbringen sollen, als er die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Er wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel und setzte sich auf, wobei er Danica gezielt ignorierte. „Es gibt da etwas, das ihr über uns Nightstalker wissen müsst. Wenn ihr Mitglied in unserem Club werdet, kriegt ihr eine Wundertüte mit richtig coolen Geschenken. Unter anderem auch ein toller kleiner Sender, der in den Körper eingepflanzt wird.“

„Blödsinn.“ Grimwood grinste ihn höhnisch an, doch seine Stimme verriet, dass er verunsichert war. King spürte das. War es nur Einbildung, oder hatte dieser 120 Kilo schwere Vampir tatsächlich gerade eben wie ein ängstliches kleines Mädchen zur Tür gesehen?

King bewegte hinter dem Rücken seine Handgelenke und testete abermals seine Fesseln. „Pfadfinderehrenwort. Wenn einer von uns abhanden kommt, dann wählen die anderen einfach einen Satelliten an, und schon kann die Kavallerie losreiten.“

Grimwood blickte zu Danica und wirkte nicht mehr ganz so mutig. Sollte dieser jämmerliche Trottel etwa die Wahrheit sagen?

Asher war unbeeindruckt. „Er blufft.“

Danica lächelte King zu und ging auf sein Spiel ein. Sie glaubte ihm kein Wort, aber sie wollte herausfinden, wie lange er an dieser Lüge festhalten würde. Wenn sie ihn so gut kannte, wie sie glaubte, dann konnte das sehr vergnüglich werden. „Okay, King. Wo steckt denn dieser tolle Sender?“

King täuschte einen Hustenanfall vor, dann räusperte er sich und bedeutete Danica näher zu kommen. Erwartungsvoll sah sie ihn an, während sie den stechenden Geruch von Angst und Hass wahrnahm, der von seiner Haut ausging. King hustete wieder, dann flüsterte er: „In meiner linken Arschbacke.“

Mit einer Wucht, als würde ein Hurrikan einen Ast peitschen, schlug Danica ihm ins Gesicht. Kings Schädel wurde herumgerissen, Sterne tanzten vor seinen Augen. Dann aber schüttelte er den Kopf wie ein Hund, seine Stimme gewann an Kraft. Langsam machte ihm die Sache Spaß. „Okay, ich geb’s zu. Er ist in meiner rechten Arschbacke.“

Danica traf King erneut und schlug seinen Kopf diesmal in die andere Richtung. Er durfte in diesem Ton nicht mit ihr reden, jedenfalls nicht vor den anderen.

King blinzelte und versuchte, seinen Blick auf sie oder auf etwas anderes zu konzentrieren. „Nein, ehrlich…“ Mit ernster Miene überlegte er einen Moment, was er als Nächstes tun sollte. Dann spuckte er wieder Blut und zielte auf Danicas teure, hochhackige Schuhe. Er grinste sie breit an. „Er ist wirklich in meinen Hintern eingepflanzt, gleich unter dem ,Hello Kitty’-Tattoo.“

Diesmal griff Grimwood ein und landete einen kraftvollen Treffer gegen seinen Oberkörper. Ein lautes Krachen war zu hören, King wurde bleich und sackte keuchend vornüber.

Einen Moment später hob er den Kopf wieder, unter den Blutspritzern war sein Gesicht schneeweiß. Er holte unter Schmerzen Luft, aber er wollte sehen, wie weit er Danica treiben konnte. „Zieh doch meinen Slip runter“, flüsterte er. „Dann kannst du dich persönlich davon überzeugen.“

Ihre Unterlippe bebte, ihre Augen begannen zu brennen. Obwohl er halbtot und an einer Säule angekettet war, gelang es King, sie vor den anderen zum Narren zu machen.

„Das reicht!“, brüllte sie. „Das ist nicht mehr witzig.“

King, der mehr an der Säule hing, als dass er stand, wandte ihr sein geschwollenes Gesicht zu und sah Danica durch blutige Schleier hindurch an. Sie trat unwillkürlich einen Schritt nach hinten, als sie den Hass in seinen Augen erkannte. „Nein, das ist es wirklich nicht, du Miststück.“ Er zuckte zusammen, als ihn eine gebrochene Rippe ins Fleisch stach. „Aber in ein paar Sekunden wird es das sein.“

Danica hustete und versuchte, die Fassung wiederzuerlangen. „Und was passiert in ein paar Sekunden, mein Schatz?“ fragte sie mit eisiger Stimme.

„Showtime.“

Die Vampire starrten King verständnislos an.

Auf Kings Gesicht zeichnete sich ein wissendes Lächeln ab. „Spürst du das Kratzen in deiner Kehle?“