Выбрать главу

Blade erreichte den Kopf der Treppe und stand nun vor Drake. Er verspürte das eigenartige Gefühl, sich in einer schicksalhaften Situation zu befinden. Er hatte Tausende von Vampiren getötet, doch das hier war etwas völlig anderes. Vor ihm stand Dracula, der Vampir schlechthin. Alle existierenden Vampire verdankten ihm ihr schmutziges untotes Leben, dessen heimliche Regentschaft eine blutige Spur durch die Geschichte zog und alles Leben vernichtete.

Blade musste bei diesem Gedanken leise knurren. Drake trug die Schuld daran, dass er als Monster zur Welt gekommen war, dass er hasste, was er war, und dass er dennoch nicht in der Lage war, etwas dagegen zu unternehmen. Es war Drakes Schuld, dass er sein Leben lang Vampire bekämpfte, auf sie einschlug, bis seine Finger blutig waren und dabei immer eines wusste: Er konnte heute so viele Vampire umbringen, wie er wollte, morgen würde ihre Zahl dennoch um hundert größer sein. Und Drake war Schuld, dass seine Mutter tot war. Und Whistler. Und Sommerfield, Dex, Hedges und so viele andere.

Und er war immer völlig machtlos gewesen, daran etwas zu ändern.

Bis jetzt.

Blade warf Drake einen finsteren Blick zu. „Das war ich schon seit dem Tag meiner Geburt, Motherfucker.“

„Dann lass mich dir dabei behilflich sein“, gab Drake lächelnd zurück.

Ohne zu zögern machte Drake einen Satz in die Luft und beschrieb eine Rolle rückwärts, dann landete er zwölf Meter tiefer, als sei ein solcher Sprung völlig normal. Erwartungsvoll sah er zu Blade.

Der wappnete sich für das, was kommen würde, sprang über das Geländer und folgte Drake, während er mitten im Flug sein blitzendes Schwert zog. Er landete in perfekter Kampfhaltung genau vor Drake, richtete sich auf und hob sein Schwert. Die beiden Krieger standen da, die Schwerter bereit, den Blick unverwandt auf die Augen des anderen gerichtet. Die erstarrte Haltung war die klassische Pose der Samurai.

Die Botschaft war unmissverständlich.

Wer sich zuerst bewegte, hatte schon verloren.

Drake schärfte seine übernatürlichen Sinne bis zum Äußersten und betrachtete Blade genau, um die Kraft des Daywalkers einzuschätzen. Er konnte die schwachen Geräusche wahrnehmen, die der Fußboden von sich gab, der nach Blades Landung wieder in seine ursprüngliche Struktur zurückkehrte. Ebenso nahm er das Knacken von Blades Schenkelknochen auf zellularer Ebene wahr, die beim Aufsetzen um Bruchteile von Millimetern gestaucht worden waren. Obwohl er sich gegen eine ganze Legion von Danicas Handlangern zur Wehr hatte setzen müssen, ging Blades Atem völlig gleichmäßig, sein Blick war klar. Drake roch das Blut von dreißig verschiedenen Vampiren, das sich mit dem Schweiß auf Blades athletischem Körper vermischte. Er roch keine Angst, nur Adrenalin und mühsam beherrschte Wut.

In Blades Bein zuckte ein Muskel, als sich eine überbeanspruchte Sehne meldete. Drake sah, dass die Aufmerksamkeit des Daywalkers für einen Sekundenbruchteil nachließ.

Er griff an.

Blade spürte, dass sich Drakes Schwert bewegte, noch bevor seine Augen die Bewegung registrieren konnten. Er wehrte den unglaublichen schnell ausgeführten Hieb mit einem kraftvollen Schlag nach oben ab, der die Muskeln in seinem Arm fast bersten ließ. Die beiden Klingen trafen in einem gleißenden Funkenregen aufeinander.

Der Kampf war eröffnet.

Blade stöhnte vor Anstrengung leise auf, als er sein Schwert von Drakes Waffe zurückzog und Metall über Metall kreischte. Durch sein Handgelenk und den Ellbogen fuhr ein Stich, der die Folge des urgewaltigen Schlags war. Er holte mit seiner Klinge aus und ging auf Drake zu, in seinen Augen ein erwartungsvolles Funkeln.

Sein Leben lang hatte er auf diesen Augenblick gewartet.

Er wehrte Drakes zweiten tödlichen Hieb ab, dann den dritten, den vierten, wobei er sein Schwert schneller und schneller bewegte, bis das Aufeinanderprallen der Klingen sich so anhörte, als würde ein Schmied ein Stück glühendes Metall unablässig mit dem Hammer bearbeiten. Blades Körper wurde zu einer verschwommenen Kontur, als er in rasender Abfolge nach dem König der Vampire ausholte, schlug und stach und ihn so zurücktrieb. Drake war schnell, doch Blade hatte schon früher gegen schnelle Widersacher gekämpft. Sein Verstand lief auf Hochtouren, als er Drakes übermenschlich schnelle Hiebe abwehrte. Er genoss die Kraft seiner Muskeln und die stählerne Macht seiner Gliedmaßen, die seinen Körper so exakt wie hydraulische Kolben vorantrieben. Jede Faser von Blades Sein war darauf ausgerichtet, Drake zurückzuschlagen. Zusätzlichen Antrieb erhielt seine Attacke durch Hass, der sich ein Leben lang angestaut hatte. Eine elektrische Adrenalinwoge feuerte ihn an, wieder und wieder anzugreifen und es Drake nicht zu gestatten, dass er auch nur einen Moment lang Ruhe bekam.

Drake wirbelte herum und knurrte Blade an, dann holte er mit seinem Schwert von unten aus. Der Hieb hätte das Herz des Daywalkers durchbohren sollen, doch Blade hatte den Angriff bereits erwartet, bevor er überhaupt begonnen hatte. Er blockte ihn mit einem diagonalen Hieb ab, der so schnell kam, dass er Drake fast das Schwert aus der Hand geschlagen hätte. Der musste sich ducken, um nicht enthauptet zu werden, während Blade den Hieb mit einem lauten Schrei durchzog, dabei aber die supragehärtete Klinge tief in einen Stahlträger hinter sich bohrte.

Schwitzend zerrte Blade an seinem Schwert, doch es steckte fest.

Verdammt!

Hinter ihm richtete Drake sich grollend auf. Innerhalb von Sekunden hatte er sich von Blades Attacke erholt und ließ sein Schwert unmenschlich schnell herabsausen, um die Hände des Daywalkers abzuschlagen.

Im allerletzten Augenblick gelang es Blade, die Klinge aus der Säule zu ziehen und in einem hohen Bogen hochzureißen, um Drakes Hieb zu blockieren. Sie pressten die Schwerter gegeneinander, und einen Herzschlag lang waren ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

Blades Körper pulsierte vor Anspannung, während er sich bemühte, sich Drake vom Leib zu halten. Seine Arme zitterten, und er spürte die wahnsinnige Kraft, die hinter dem Schwert des Meistervampirs steckte. Ein Blick in die reptilartigen Augen ließ ihn die Verachtung erkennen, mit der Drake ihn betrachtete – als sei Blade ein Insekt, das zerquetscht werden müsse.

Dann verstand Blade, was dieser Blick zu bedeuten hatte.

Dieser Mistkerl glaubte, er würde gewinnen.

Blade fühlte, wie der Zorn in ihm aufwallte. Er bleckte die messerscharfen Zähne, die im Kunstlicht aufblitzten, und knurrte Drake wie ein Tier an. Dann riss er wie wild sein Schwert los, indem er es nach oben zog und dabei Drake einen Schnitt auf der Wange zufügte.

Die Wunde war unbedeutend, doch sie schmerzte Drake aus einem anderen Grund. Er stieß einen Wutschrei aus und brachte sich mit einem großen Satz außer Reichweite seines Gegners, indem er auf einem hohen Mauervorsprung landete, von dem aus er das Atrium überblicken konnte. Er balancierte auf der Kante und wirkte dabei wie ein übergroßer Wasserspeier, während er die Schnittwunde berührte und mit trauriger Miene das vergossene Blut beklagte.

Er hob den Kopf und sah zu Blade, das Gesicht zu einer hasserfüllten Maske erstarrt. Er fühlte, wie sich seine Miene veränderte, als der Knorpel unter seiner Haut in Bewegung geriet und auf Stirn und Wangenknochen Wülste bildete, während sich über die ganze Länge seines Rückgrats nadelspitze Dornen aus dem Fleisch bohrten.

Einen Moment lang sah Blade Drakes wahres, Furcht erregendes Erscheinungsbild.

Mit Mühe bekam Drake sich wieder unter Kontrolle, die Dornen zogen sich mit einem Schnapplaut wieder ein und die Haut schloss sich wie fließendes Wasser über ihnen.

Mit einem kehligen Laut machte Drake einen Satz und sprang den Daywalker mit ausgestreckten Krallen an, um nach seinem Gesicht zu schlagen und Vergeltung für die zugefügte Verletzung zu üben. Ehe Blade sein Schwert heben konnte, hatte Drake ausgeholt und um ihm einen Haken verpasst, der ihn quer durch das Atrium schleuderte. Während Blade versuchte, sich wieder aufzurappeln, durchquerte Drake den Raum mit einem einzigen Sprung und packte ihn an der Kehle, um Blades Luftröhre zuzudrücken.