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»Das tun sie!« Er versuchte, zu ihr zu kommen und wurde durch ein plötzliches Heben des Bootes in einen Cockpitsitz geschleudert. »Ah!«

Sie lachte. Er packte die Reling des Cockpits und zog sich an ihre Seite hoch. Er sah sofort, was sie meinte. Der Wind war stark, vielleicht 65 Kilometer in der Stunde, und das Winseln in der minimalen Betakelung des Bootes war laut und anhaltend. Überall auf der blauen See waren Schaumkronen zu sehen, und der über all das zerwühlte Wasser brausende Wind klang ganz anders als an Land. Es gab hier unter den Milliarden platzender Blasen ein hohes, durchdringendes Kreischen und ein tiefes starkes Dröhnen. Jede Welle hatte weiße Kappen, und die großen Wogen der Gunddünung waren von Gischt bedeckt, die von den Kämmen herunterflog und in die Wellentäler rollte. Der Himmel war schmutzig grobe Umbra und sah sehr unheilvoll aus. Die Sonne lag verschattet wie eine matte alte Münze, obwohl es keine Wolken gab. Grus in der Luft. Ein Staubsturm. Und jetzt nahmen die Wellen an Kraft zu, so daß der Katamaran viele lange Sekunden eine Wellenseite hochschoß und dann fast ebenso lange in das Tal der nächsten hinunter sauste. Auf und ab in einem langen Rhythmus. Die positive Interferenz, von der Ann gesprochen hatte, ließ manche Wellen das Doppelte ihrer Größe gewinnen. Das Wasser, welches nicht schäumte, nahm die Farbe des Himmels an — bräunlich und trübe, dunkel, obwohl immer noch keine Wolke zu sehen war, nur diese verhängnisvolle Farbe des Himmels. Nicht das gewohnte Rosa, sondern eher wie die von Staub erstickte Luft des Großen Sturms. Die weißen Kappen ließen in diesem Gebiet nach, und der Klang von Wasser gegen das Schiff wurde lauter, ein matschiges Rumpeln. Das Meer war hier mit brüchigem Eis bedeckt oder den dickeren elastischen Schichten aus Eiskristallen, die Nilas hießen. Dann kamen die weißen Kämme wieder, doppelt so dick wie zuvor.

Sax kletterte ins Cockpit und sah sich den Wetterbericht auf dem Computer an. Ein katabatischer Wind kam von Kasei Vallis herunter zur Chryse- Bucht. Ein Howler, wie die Flieger von Kasei sagen würden. Aber wie viele katabatische Stürme war er in einer Stunde aufgekommen und war noch ein recht lokales Phänomen. Dafür aber sehr stark. Das Boot war wie auf einer Berg- und Talbahn und wackelte wie unter Hammerschlägen der Luft, wenn es auf der riesigen Grunddünung auf und ab schoß. An der Seite sahen die Wellen aus, als würden sie vom Wind umgestoßen, aber das Stampfen des Bootes zeigte, daß sie so stark wie immer dem fliegenden Gischt unterlagen. Oben hatte sich das Mastsegel fast zu einer Stange in Form einer aerodynamischen Folie zusammengezogen.

Sax beugte sich vor, um den Computer näher zu betrachten. Der Laustärkeregler des Piepsers war ganz heruntergedreht. Vielleicht hatte er also doch versucht, sie zu warnen.

Heftige Windstöße kamen rasch über die See herangebraust. Die nur vier Kilometer entfernten Horizonte halfen nichts. Die Winde auf dem Mars waren in all den Jahren der Verdichtung der Atmosphäre nie viel langsamer geworden. Unter den Füßen erbebte das Schiff, als ob es durch unsichtbare Eisschollen preschte. Es schien jetzt halb loses Packeis zu sein oder das zerbrochene dünne Scheibeneis, das währen der Nacht wieder leicht überfroren war. In all der fliegenden Gischt war das schwer zu erkennen. Gelegentlich fühlte Sax den Anprall eines größeren Eisbrockens. Sie waren wahrscheinlich mit einer Nordströmung durch die Chryse-Straße getrieben und wurden jetzt gegen die leeseitige Küste der südlichen Sinai-Halbinsel gedrückt.

Sie wurden gezwungen, das Cockpit mit seiner transparenten Haube abzudecken. Unter ihrem wasserdichten Schutz wurde ihnen sofort angenehm wärmer. Es würde ein echter Howler werden. Kasei Vallis diente als Führung für einen extrem kräftigen Luftstrom. Der Computer verzeichnete bei Santorini Windgeschwindigkeiten, die zwischen 180 und 220 Kilometern in der Stunde schwankten und ihr Tempo kaum verminderten, wenn sie den Golf überquerten. Es war sicher immer noch ein sehr starker Wind, 160 Stundenkilometer maß er an der Mastspitze. Die Wasseroberfläche wurde jetzt bereits zerteilt. Abgerissene Schaumkronen schleuderten durch den Wind. Das Schiff schoß als Reaktion auf all dies nach unten, der Mast wurde eingezogen, das Cockpit bedeckt und die Luken verklemmt. Dann wurde der Seeanker, eine Art Windsack, ausgeworfen. Der zerrte unter Wasser zur Luvseite, verlangsamte ihre leeseitige Abtrift und milderte die knarrenden Stöße gegen kleine Eisberge, die häufiger wurden, als sie sich alle leeseitig zusammendrängten. Jetzt mit ausgefahrenem Seeanker waren es das Packeis und die kleinen Eisberge, die mit dem Wind schneller schwammen, gegen den zum Wind gerichteten Rumpf stießen, auch als der leeseitige Rumpf noch auf eine dicker werdende Eismasse traf. Beide Rümpfe waren größtenteils unter Wasser. Das Schiff wurde praktisch zu einer Art U-Boot, das an der Oberfläche lag und knapp darunter. Die Stärke des Materials konnte jeden Stoß aushalten, den selbst ein Howler und eine leeseitige Küste von Eisbergen ausüben würden. Es konnte sogar Kräfte aushalten, die um einige Größenordnungen stärker waren. Aber die Schwachpunkte waren, wie Sax überlegte, als er hart gegen Sitzgurt und Schulterharnisch gestoßen wurde und sich grimmig an der Ruderpinne und der Rückenlehne festhielt, ihre Körper. Der Katamaran erhob sich auf einer Woge, sank mit einem Übelkeit verursachenden Stoß nach unten, stieß gegen einen großen Eisberg, so daß er stoppte und Sax atemlos in die Halterungen geschleudert wurde. Es sah so aus, als könnten sie totgeschüttelt werden — ein unangenehmer Abgang, wie er allmählich begriff. Innere Organe konnten durch die Sitzgurte beschädigt werden. Aber wenn sie sich losschnallten, würden sie im Cockpit umherfliegen, gegeneinander oder auf etwas Scharfes, bis irgend etwas zerbrach. Nein. Das war keine erträgliche Situation. Vielleicht würden die Halterungen, die er an seinem Bettgestell gesehen hatte, sanfter sein; aber die negativen Beschleunigungen, wenn das Boot gegen die Eismassen stieß, waren so abrupt, daß er zweifelte, ob die horizontale Lage besondere Erleichterung bringen würde.

»Ich werde sehen, ob uns der Computer in die Arigato-Bucht bringen kann«, rief er Ann ins Ohr. Sie nickte zum Zeichen, daß sie verstanden hatte. Er brüllte die Anweisung direkt in die Eingabe des Computers; und der hörte und begriff. Das war gut so; denn es wäre schwer gewesen, es einzutasten, während das Schiff rollte, stampfte und schlingerte, wenn es auf Eis stieß. Bei all diesem Krach war es nicht möglich, den Schiffsmotor zu beobachten, der die ganze Zeit lief. Aber ein kleiner Winkel gegen die Bodendünung überzeugte Sax, daß er nun stärker arbeitete, während der Computer ihn weiter nach Westen zu dirigierte.

Unten, auf der Südseite nahe der Spitze der SinaiHalbinsel, bildete ein großer überschwemmter Krater namens Arigato eine runde Bucht. Die Einfahrt in diese Bucht lag ungefähr bei 60 Grad vom Kreis des Kraters in südwestlicher Richtung. Auch Wind und Wellen kamen aus Nordwest, also genau durch die Mündung der Bucht, die als ein niedriger Teil des alten Kraterrandes recht seicht war. Das bedeutete unruhiges Wasser und sicher eine schwierige Passage. Wenn man aber erst einmal in der Bucht war, würde die Grunddünung durch eben diesen Rand abgeschnitten sein und Wellen wie Wind stark geschwächt, besonders wenn man hinter das westliche Kap der Bucht gelangte. Dort könnten sie den Howler abwarten und danach weiterfahren. Theoretisch war das ein ausgezeichneter Plan, obwohl Sax Bedenken wegen der Bedingungen in der Mündung der Bucht hatte. Die Karte zeigte, daß sie nur zehn Meter tief war, wodurch die Grunddünung sicher gebrochen wurde. Andererseits könnte in einem Schiff, das zu einer Art U-Boot geworden war (und trotzdem weniger als zwei Meter Tiefgang hatte), das Zurechtkommen mit den Brandungswellen kein großes Problem sein. Man ging einfach mit ihr. Der Computer schien seine Anweisungen im Rahmen des Möglichen zu erfüllen, denn das Schiff hatte den Seeanker eingeholt und bahnte sich mit seinen starken kleinen Motoren seinen Weg gegen Wind und Wellen auf die Bucht hin, die nicht zu sehen war. In der schmutzigen Luft war nichts von der Lee-Küste erkennbar.