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Wir haben beträchtlich verlangsamt. Die Tragflächen sind weiter ausgefahren worden, und in diesem Augenblick überfliegen wir in vergleichsweise niedriger Höhe und Geschwindigkeit die Stadt Evanston nördlich von Chikago. Kein Zeichen menschlichen Lebens, so weit das Auge reicht. Wir sind alle… äh… ein wenig nervös, glaube ich, selbst die aus Luftwaffenoffizieren bestehende Mannschaft, denn sollte etwas schief gehen, würden wir inmitten dieses… Nein, daran wollen wir nicht denken. Wir gehen tiefer und verlangsamen weiter.

Wir haben beschlossen, Chikago zu überfliegen, weil Aufnahmen von Satelliten und Höhenaufklärern eine Konzentration biologischer Aktivität um diese einstige Millionenstadt zeigen. Wie Chikago einmal das wirtschaftliche Zentrum des amerikanischen Herzlandes war, so dient es allem Anschein nach jetzt als eine Art Brennpunkt, eine Schaltstelle vielleicht, für die Aktivitäten überall im Land, von Kanada bis Mexiko. Deutlich sind in den Aufnahmen Strukturen wie Erdölleitungen zu erkennen, die aus allen Richtungen in Chikago zusammenfließen. In einigen Gegenden öffnen sich diese Strukturen zu breiten Kanälen, und gerade jetzt überfliegen wir einen und können das rasche Dahinströmen einer breiig aussehenden grünen Flüssigkeit beobachten… Ja, dort. Können wir vielleicht…? Nun, später in der Sendung. Der Kanal muß annähernd einen halben Kilometer breit gewesen sein. Erstaunlich. Furchterregend.

Gerüchten zufolge, die auf Kreise des militärischen Geheimdienstes in Wiesbaden, London und Schottland zurückgehen sollen, befindet sich ein weiteres und sehr andersartiges Zentrum biologischer Aktivität an der Westküste der Vereinigten Staaten. Einzelheiten sind nicht zugänglich, doch scheint Chikago mit Südwestkalifornien die Auszeichnung zu teilen, ein Hauptpunkt des Interesses für Forscher und Entdecker zu sein. Wir werden jedoch nicht zur Westküste fliegen; unsere Maschine verfügt nicht über die erforderliche Reichweite ohne aufzutanken, und so weit im Westen des Kontinents gibt es keine Auftankmöglichkeiten.

Die Maschine kreist nun über dem nördlichen Stadtgebiet Chikagos und beschleunigt wieder etwas. Unter uns liegt der Vorort Oak Park, doch läßt sich nicht eine einzige Straße nach dem uns vorliegenden Stadtplan identifizieren. Und nun befinden wir uns über Chikago selbst, wenn ich die Entfernungen richtig einschätze, und wir kommen wieder hinaus über den See; ja, da ist der Hafen von Montrose, die Uferstraße und der Lincoln Park, erkennbar durch die Umrisse des Seeufers. Wieder ein weiter Kreis, diesmal über dem Gebiet, wo das Museum für Wissenschaft und Industrie stand — wir alle können nur raten. Und jetzt sehe ich Wasserwege, vielleicht die ursprünglichen Verzweigungen des Schiffskanals, und wir sind jetzt auf ungefähr eintausend Meter Höhe heruntergegangen, eine sehr gefährliche Höhe, denn wir haben keine Ahnung, wie hoch diese biologischen Mikroorganismen sich ausbreiten können. Keiner von uns ist frei von Befürchtungen. Wir überfliegen jetzt… ja…

Großer Gott! Verzeihen Sie. Das müssen die Schlachthöfe gewesen sein. Wir haben sie eben kaum gesehen, denn der Pilot hat die Maschine steil hochgezogen, und wir nehmen jetzt Kurs nach Süden. Was wir gesehen haben…

Verzeihen Sie.

Ich muß erst meine Fassung wiedergewinnen, denn ich habe in all den Stunden, die wir über dem Alptraumland zugebracht haben, nichts dergleichen gesehen. Das Teleobjektiv zeigte uns genau Einzelheiten der Gegend, wo einst die berühmten Schlachthöfe und Viehpferche von Chikago gewesen sein müssen. Wenn wir die enorme Menge lebender Tiere in Betracht ziehen — Schweine, Schafe, Rinder — die in diesem Bereich konzentriert waren, sollten wir vielleicht nicht überrascht oder erschreckt sein. Die größten mir bekannten Lebewesen sind bisher Wale gewesen, aber was wir hier gesehen haben, übertraf selbst den größten Wal um… ich weiß nicht genau wieviel. Riesengroße bräunliche und weißliche Eier, können sie in der Luft geschwebt sein? Vielleicht ruhten sie am Boden. Größer als Dinosaurier, doch ohne erkennbare Beine, Köpfe, Schwänze. Doch auch nicht ohne Merkmale, Verlängerungen und Erweiterungen, und sie waren umgeben und wurden vielleicht gepflegt von Polyedern, das heißt, Ikosaedern oder Dodekaedern — mit insektenähnlichen Beinen, gerade und ohne Gelenke, Beinen, die zwei oder drei Meter dick sein mußten. Eine von den eiförmigen Kreaturen, oder was immer sie waren, hätte sicherlich ein Fußballfeld ausgefüllt.

Ja, ja — wir sind informiert worden… wir sind gerade informiert worden, daß es fliegende Lebensformen gibt, und daß wir mit knapper Not der Kollision mit einigen von ihnen entgangen sind, die gigantischen Rochen, Gleitflüglern oder Segeln ähnelten, auch braun und weißlich. Sie flogen in einer Reihe nach Südwesten, als hätten sie sich zu einem Geschwader oder einem Schwarm formiert. Entschuldigen Sie. Entschuldigen Sie…

Ton und Bild aus! Ton und Bild aus, verdammt noch mal!

(Pause von fünf Minuten.)

Wir sind wieder da, und ich bitte, die Verzögerung zu entschuldigen. Ich bin auch nur ein Mensch und… nun, bisweilen in Gefahr, von Gemütsbewegungen überwältigt zu werden. Ich hoffe, Sie werden dies verstehen. Und lassen Sie mich an dieser Stelle sagen, daß ich die Ruhe und das Können unserer Offiziere und Besatzungsmitglieder bewundere, die sich durch nichts aus der Fassung bringen lassen. Wir haben soeben Danville in Illinois überflogen und werden in Kürze Indianapolis erreichen. Wir haben Veränderungen im Charakter der Landschaft — oder vielleicht sollte ich sagen, der Biostrukturen — gesehen, Veränderungen in Farbe und Form, doch ist uns eine Interpretation dessen, was wir unter uns vorbeiziehen sehen, schlechterdings unmöglich. Es ist, als überflögen wir eine völlig neue, fremde Welt, und unsere beiden Wissenschaftler sind viel zu sehr mit Ablesungen und Tonbanddiktaten ihrer Beobachtungen beschäftigt, als daß sie uns Journalisten Theorien oder Hypothesen, die sie möglicherweise entwickelt haben, mitteilen könnten.

Jetzt liegt Indianapolis unter uns, genauso geheimnisvoll, unbegreiflich, fremdartig und… ja… schön wie die anderen Megaplexe. Einige der Strukturen hier scheinen annähernd so hoch zu sein wie die Gebäude, die sie ersetzen, vielleicht einhundert oder zweihundert Meter hoch, und jetzt werfen sie im späten Tageslicht lange Schatten. Bald wird sich der Zeitablauf für uns beschleunigen, wenn wir auf Ostkurs gehen, und die Sonne wird untergehen. Die Atmosphäre ist bemerkenswert klar — keine Industrie, keine Automobile —, doch wer kann sagen, welche Art von Umweltverschmutzung eine lebende Landschaft verursachen mag, die nicht durch Photosynthese Sauerstoff erzeugt und so lufterneuernd wirkt? Was an Verseuchung vor sich geht, scheint jedenfalls nicht in die Atmosphäre abgegeben zu werden.

Ja, das wird von unseren Wissenschaftlern bestätigt. Als wir in geringer Höhe Chikago überflogen, zeigten die Meßergebnisse praktisch reine Luft an, frei von Rauch und Abgasen, und diese Reinheit der Luft zeigt sich auch in den klaren Farben des Horizonts. Die Luft ist zudem feucht und für die Jahreszeit ungewöhnlich warm. Vielleicht wird es in Nordamerika dieses Jahr keinen Winter geben, denn inzwischen müßten Chikago und die anderen überflogenen Städte bereits unter dünnen Schneedecken liegen. Aber es gibt keinen Schnee, nur Regen, warm und in großen Tropfen. Wir haben Gebiete mit dichter Bewölkung überflogen, aber nirgendwo Schnee oder Eis gesehen.

Ja. Ja. Ich sah es auch. Wie eine Feuerkugel sah es aus, eine Art Meteor vielleicht, bemerkenswert — Und mehrere andere, anscheinend…

(Laute Stimmen im Hintergrund, ein Alarmsignal.)