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Zögernd kam sie näher. Alecs Gesicht war vor Scham hochrot. Wie gern hätte Elizabeth ihn getröstet, aber sie wusste nicht, wie. Alec trat an einen großen Refektoriumstisch, nahm eine Pfeife, stopfte sie und zündete sie an. Seine Bewegungen schienen eine halbe Ewigkeit zu dauern.

Schließlich sprach Alec. »Du musst Verständnis für Vivian haben.«

»Aber Alec, das geht mich doch gar nichts an«, stammelte sie. »Ich -«

»Doch, irgendwie schon. Wir sind alle eine Familie. Und ich möchte nicht, dass du vorschnell über sie urteilst.«

Elizabeth traute ihren Ohren nicht. Nach der unglaublichen Szene, die sie soeben mit angehört hatte, verteidigte Alec seine Frau noch.

»Manchmal«, fuhr Alec fort, »ist das so in einer Ehe. Ein Mann und eine Frau mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen.« In einer Verlegenheitspause suchte er nach den rechten Worten. »Und ich möchte nicht, dass du Vivian die Schuld dafür gibst, dass - dass ich einige ihrer Bedürfnisse nicht erfüllen kann. Das kann man ihr nicht anlasten, verstehst du?«

Elizabeth hatte nicht an sich halten können. »Hat sie das - ich meine, geht sie oft mit anderen Männern aus?«

»Ich fürchte, das tut sie.«

Vor Entsetzen konnte Elizabeth zuerst keine Worte finden. Dann sagte sie: »Warum trennst du dich nicht von ihr?«

Sie sah nur sein mildes Lächeln. »Das kann ich nicht, mein Kind. Versteh doch, schließlich liebe ich sie.«

Am Tag darauf war Elizabeth in die Schweiz zurückgekehrt. Von da an fühlte sie sich Alec näher verbunden als allen anderen.

In jüngster Zeit hatte sich Elizabeth zunehmend Sorgen um ihren Vater gemacht. Er schien häufig in Gedanken versunken. Irgend etwas beschäftigte ihn stark, aber Elizabeth hatte keine Ahnung, worum es ging. Als sie ihn eines Tages rundheraus fragte, bekam sie zur Antwort: »Nur ein kleines Problem, für das ich eine Lösung finden muss. Ich erkläre es dir später.«

Er zeigte sich in letzter Zeit verschlossen, und Elizabeth bekam keinen Zugang mehr zu vertraulichen Unterlagen. Als er ihr eröffnete: »Morgen fahre ich nach Chamonix, will endlich mal wieder ein bisschen Bewegung haben«, war Elizabeth erleichtert. Sie fühlte, er brauchte Entspannung. Er hatte an Gewicht verloren und sah abgespannt aus.

»Ich werde gleich für dich buchen«, hatte sie geantwortet.

»Mach dir keine Mühe, ist bereits geschehen.«

Auch das sah ihm gar nicht ähnlich. Am Morgen darauf war er abgereist. Und Elizabeth hatte ihn zum letztenmal gesehen.

Jetzt wusste sie: Es war ein Abschied für immer gewesen. Sie lag in ihrem abgedunkelten Schlafzimmer, und ihre Gedanken wanderten in die Vergangenheit zurück. Der Tod ihres Vaters war für sie um so unwirklicher, weil sie Sam so unglaublich lebendig in Erinnerung hatte.

Als letzter männlicher Erbe trug er den Namen Roffe. Was würde jetzt aus dem Konzern werden? Ihr Vater war Hauptanteilseigner gewesen. Wem er wohl seine Aktien vererbt hatte?

Die Antwort erhielt sie am späten Nachmittag des folgenden Tages. Sams Anwalt war in dem Haus auf Long Island erschienen. »Ich habe eine Kopie des Testaments Ihres Vaters mitgebracht. Ich behellige Sie nur ungern in Ihrem Schmerz, aber ich meine, Sie sollten sofort Bescheid wissen. Ihres Vaters einziger Erbe sind Sie. Mit anderen Worten: In Ihren Händen liegt jetzt die Aktienmehrheit von Roffe und Söhne.«

Elizabeth konnte es nicht glauben. Das sollte doch sicher nicht heißen, dass sie von nun an das Familienunternehmen leiten musste? »Aber warum?« fragte sie immer wieder. »Warum gerade ich?«

Nach einigem Zögern sagte der Anwalt: »Darf ich ganz aufrichtig sein, Miss Roffe? Ihr Herr Vater war noch verhältnismäßig jung. Seinen Tod hat er bestimmt noch in weiter Ferne gesehen. Ich bin sicher, zu angemessener Zeit hätte er ein neues Testament aufgesetzt und jemanden dazu bestimmt, den Konzern zu übernehmen. Wahrscheinlich war er sich noch nicht schlüssig, wer das sein sollte.« Er zuckte die Schultern. »Das alles ist jetzt nur von akademischem Interesse. Tatsache ist, die Zukunft des Unternehmens, seine Führung liegen von nun an in Ihren Händen. Und Sie allein haben zu entscheiden, was zu tun ist und was nicht und wen Sie an Ihrer Seite haben wollen.« Er sah sie einen Moment forschend an. »Noch nie hat eine Frau die Geschicke von Roffe und Söhne gelenkt, aber - na ja, jedenfalls treten Sie fürs erste an Ihres Vaters Stelle. An diesem Freitag findet in Zürich eine Direktoriumssitzung statt. Können Sie daran teilnehmen?«

Sam hätte es von ihr erwartet. Ebenso der alte Samuel.

»Ja, ich werde dort sein«, verkündete Elizabeth.

15. Kapitel

Portugal

Mittwoch, 9. September, Mitternacht

Im Schlafzimmer einer kleinen Mietwohnung liefen die letzten Vorbereitungen für eine Filmszene. Das Appartement lag in einer der engen, finsteren Seitengassen von Alto Estoril. Vier Menschen befanden sich in dem Raum: außer dem Kameramann die beiden Darsteller auf dem Bett - ein Mann in den Dreißigern und ein junges Mädchen, blond, mit atemberaubender Figur. Sie trug nichts außer einem grellroten Band um den Hals. Der Mann wirkte wie ein junger Herkules, hatte die Schultern eines Ringkämpfers und einen gewaltigen Brustkorb mit ungewöhnlich glatter, unbehaarter Haut. Sein Phallus zeigte sogar in Ruhestellung ein enormes Ausmaß. Der vierte Anwesende war ein Zuschauer. Er saß im Hintergrund, trug einen schwarzen breitkrempigen Hut und eine große dunkle Sonnenbrille.

Mit fragendem Blick wandte sich der Kameramann an den Zuschauer. Der nickte. Daraufhin begann die Kamera zu surren, und die Darsteller erhielten das Kommando: »Okay, Kamera läuft.«

Der Mann kniete über dem Mädchen. Sie nahm seinen Penis in den Mund, bis er hart wurde. Dann ließ sie davon ab. »Du meine Güte, ist das Ding riesig!«

»Steck ihn ihr rein!« befahl der Kameramann.

Der Mann ließ sich auf die Frau hinabgleiten, und sein Penis verschwand zwischen ihren Beinen.

»Nun mal langsam, Schatz.« Sie hatte eine hohe, quengelige Stimme.

»Tu so, als ob’s dir Spaß macht.«

»Wie kann ich denn? Der ist doch so groß wie eine verdammte Wassermelone.«

Der Zuschauer lehnte sich vor, beobachtete jede Bewegung, als der Mann in sie eindrang. »Oh, mein Gott!« rief das Mädchen. »Das fühlt sich wunderbar an! Mach nur weiter so, Baby!«

Der Zuschauer atmete schneller. Er starrte unverwandt auf die Szene im Bett. Das Mädchen dort war bereits die dritte und noch schöner als die anderen zuvor.

Sie wand sich jetzt unter dem Riesen, stöhnte laut. »Ja, ja«, keuchte sie. »Nicht aufhören!« Sie umklammerte die Hüften des Mannes und zog ihn dichter an sich heran. Ihr Partner wurde jetzt schneller, bewegte sich in einem besessenen, hämmernden Rhythmus. Ihre Fingernägel gruben sich in seinen nackten Rücken. »O ja«, stöhnte sie, »ja, ja, ja.«

Der Kameramann sah zu dem Zuschauer hinüber. Seine Augen blitzten hinter den dunklen Gläsern. Er nickte.

»Jetzt!« rief der Kameramann dem Riesen auf dem Bett zu.

Das Mädchen hörte die Worte nicht einmal. Als ihr Gesicht sich in Ekstase verzerrte und ihr Körper konvulsivisch zu zucken begann, schlössen sich die gewaltigen Hände des Mannes um ihre Kehle. Er drückte zu, schnürte ihr den Atem ab. Voller Verwunderung starrte sie ihn an, Unverständnis, dann Panik im Blick.

Den Zuschauer überkam es: Das ist der Moment. Jetzt! Du lieber Gott! Diese von Entsetzen geweiteten Augen. Mit aller Kraft versuchte sie, das eiserne Band um ihre Kehle zu lösen, doch es war zwecklos. Es kam ihr immer noch, und die Verzückung im Orgasmus verschmolz mit den hektischen Bewegungen ihres Todeskampfs.

Der Zuschauer war in Schweiß gebadet; seine Erregung schien unerträglich. Mitten in der herrlichsten Erfüllung, die das Leben zu bieten hat, musste das Mädchen sterben. Ihre Augen starrten in die Augen des Todes. Es war einfach wundervoll.