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Vielleicht sollte sie ihm von dem geheimen Bericht erzählen.

Alec arrangierte ihren Rückflug nach Zürich in einem Konzern-Jet.

»Ich find’s selber    scheußlich, dich schon zurückzuhetzen«, entschuldigte er sich. »Aber da gibt es ein paar sehr dringende Entscheidungen zu treffen.«

Der Flug selbst war ereignislos. Auf dem Flughafen warteten die Reporter. Elizabeth gab eine kurze Erklärung über ihren Unfall ab. Dann hatte Alec sie entschlossen in die Limousine verfrachtet, die sie zum Konzern-Hauptquartier bringen sollte.

Im    Konferenzsaal    waren    alle Mitglieder    des Direktoriums versammelt. Die Sitzung dauerte schon drei Stunden, und die Luft war zum Schneiden. Elizabeth fühlte sich nach ihrem Erlebnis immer noch nicht ganz auf der Höhe und hatte scheußliches Kopfweh. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, Miss Roffe«, hatte    der Arzt    gesagt. »Wenn erst    die Gehirnerschütterung geheilt ist, verschwinden auch die Kopfschmerzen.«

Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen, musterte die angespannten, verärgerten Mienen. »Ich habe mich entschieden: Es wird nicht verkauft«, hatte sie ihnen eröffnet. Sie hielten sie für eigensinnig und dickschädelig. Wenn sie wüssten, dachte Elizabeth, wie kurz ich vor dem Nachgeben gestanden habe. Aber nun war das nicht mehr möglich. Jemand in diesem Raum war der Feind. Und wenn sie jetzt aufgab, würde er der Sieger sein.

Alle hatten versucht, sie umzustimmen, jeder auf seine Weise.

Alec sagte ruhig und vernünftig: »Das Unternehmen braucht einen erfahrenen Präsidenten, Elizabeth. Vor allem jetzt. In deinem eigenen Interesse, aber auch zum Besten aller Beteiligten, solltest du die Hände davon lassen.«

Ivo setzte seinen Charme ein. »Du bist doch eine schöne Frau, carissima! Dir gehört die ganze Welt. Warum willst du dich zur Sklavin langweiliger Geschäfte machen? Du könntest das Leben genießen, könntest reisen -«

»Gereist bin ich schon mehr als genug«, fiel ihm Elizabeth ins Wort.

Charles nahm gallische Logik zu Hilfe. »Du besitzt die Aktienmajorität. Das ist einem tragischen Unglück zu verdanken. Aber es bedeutet noch lange nicht, dass du dich jetzt auch zur Konzernführung berufen fühlen kannst. Wir haben ernste Probleme. Und du wirst sie nur gravierender machen.«

Walther suchte sein Heil in der Holzhammermethode. »Die Gesellschaft ist schlimm genug dran. Du hast keine Ahnung, wie schlimm. Wenn du jetzt nicht verkaufst, ist es zu spät.«

Elizabeth fühlte sich regelrecht belagert. Sie hörte alle an, beobachtete sie, wog ihre Argumente ab. Jeder gab vor, das Wohl des Konzerns im Auge zu haben. Einer jedoch arbeitete an dessen Untergang.

Alle aber wollten Elizabeth los sein, wollten unbedingt ihre Einwilligung, die Anteile zu verkaufen und Roffe und Söhne damit in die Hände von Fremden zu legen. Elizabeth wusste, sobald sie nachgab, bedeutete das den Schluss-Strich unter ihr Vorhaben, den Schuldigen zu finden. Solange sie ihren Platz behauptete, gab es zumindest die Chance, dem Saboteur auf die Spur zu kommen. Und sie würde nur so lange bleiben, wie es unbedingt nötig war. In den vorangegangenen drei Jahren war sie Sam nahe genug gewesen, um von ihm einiges über das komplizierte Räderwerk des Unternehmens zu lernen. Und Sam hatte ein tüchtiges und erfahrenes Management aufgebaut, mit dessen Hilfe sie die Geschäftspolitik ihres Vaters weiterverfolgen konnte. Das Drängen der Direktoriumsmitglieder, die Finger davon zu lassen, bestärkte sie nur in ihrem Vorhaben. Sie würde bleiben.

Und jetzt, so meinte sie, hatte die Konferenz lange genug gedauert.

»Ich habe meine Entscheidung getroffen«, verkündete Elizabeth. »Im übrigen schwebt mir nicht vor, das Unternehmen im Alleingang zu führen. Ich weiß genau, wieviel ich noch lernen muss, und auch, dass ich mich auf euch alle verlassen kann. Wir werden die Probleme der Reihe nach angehen.«

Da saß sie, am Kopfende des Tisches, noch ganz blass von ihrem Unfall, wirkte klein und hilflos.

Ivo warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Kann ihr denn niemand Vernunft beibringen?«

Rhys wandte sich Elizabeth zu. Er lächelte. »Ich glaube, es bleibt uns keine andere Wahl, als der Lady ihren Willen zu lassen.«

»Danke, Rhys.« Elizabeth sah die anderen an. »Und da wäre noch etwas. Da ich den Platz meines Vaters einnehmen möchte, wäre es gut, wenn man es auch offiziell verkündet.«

Charles starrte sie ungläubig an. »Das heißt - du willst doch nicht sagen, dass du als Präsident fungieren wirst?«

»In der Tat«, erklärte Alec trocken, »ist Elizabeth es bereits. Sie ist nur höflich genug, uns die Gelegenheit zu geben, das auch amtlich zu machen.«

Charles zögerte. Dann fügte er sich in das Unvermeidliche. »Na schön. Ich beantrage, Elizabeth Roffe zum Vorsitzenden und Präsidenten von Roffe und Söhne zu nominieren.«

»Ich unterstütze den Antrag«, kam es von Walther.

Der Antrag wurde angenommen.

Dabei herrschten so schlechte Zeiten für Präsidenten, dachte er betrübt. Wie viele mussten ihr Leben lassen!

21. Kapitel

Keiner spürte mehr als Elizabeth die enorme Last der Verantwortung, die sie sich aufgeladen hatte. Solange sie den Konzern führte, waren Tausende von Arbeitnehmern von ihr abhängig. Sie brauchte Hilfe, aber woher nehmen? Wem konnte sie trauen? Elizabeth hatte keine Ahnung. In der Reihe derer, denen sie sich gern anvertraut hätte, standen Alec, Rhys und Ivo vorne an. Aber dazu war es noch zu früh. Sie ließ Kate Erling kommen.

»Ja, Miss Roffe?«

Elizabeth zögerte, wusste nicht, wie und wo sie beginnen sollte. Kate Erling hatte viele Jahre lang ihrem Vater treu gedient. Wenn jemand ein Gespür für die Strömungen unter der trügerisch glatten Oberfläche hatte, dann sie. Sie wusste über alles Bescheid, kannte das Räderwerk der Firma, Sams Seelenleben, seine Pläne. Kate Erling, dachte Elizabeth, könnte eine starke Verbündete abgeben.

Schließlich sagte sie: »Kate, mein Vater hat sich da einen vertraulichen Bericht anfertigen lassen. Wissen Sie etwas davon?« In Kate Erlings Kopf arbeitete es. Elizabeth sah förmlich, wie sie ihr Gedächtnis quälte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Mit mir hat er nie darüber gesprochen, Miss Roffe.«

Elizabeth versuchte es auf andere Weise. »Wenn mein Vater eine streng vertrauliche Untersuchung wünschte, an wen hätte er sich da gewandt?«

Diesmal kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen. »An unsere Sicherheitsabteilung.«

Genau dahin hätte sich Sam zuallerletzt gewandt, dachte Elizabeth. »Vielen Dank«, sagte sie laut.

Also gab es niemanden, mit dem sie offen reden konnte.

Auf ihrem Tisch lag der neueste Finanzbericht des Unternehmens. Beim Lesen bekam Elizabeth eine Gänsehaut. Sofort ließ sie den Leiter des Rechnungswesens rufen. Er hieß Wilton Kraus, war jünger, als Elizabeth erwartet hatte, wirkte intelligent und eifrig und strömte eine leichte Aura von Überlegenheit aus. Typisch Wharton School, dachte Elizabeth. Möglicherweise auch Harvard.

Sie kam ohne Umschweife zum Thema. »Wie kann ein Konzern von unseren Ausmaßen in finanzielle Schwierigkeiten geraten?«

Kraus sah sie an, zuckte die Achseln. Offensichtlich war er es nicht gewöhnt, einer Frau Bericht abzustatten. Herablassend hob er an: »Also, um es möglichst simpel -«

»Beginnen Sie mit den Fakten«, schnitt Elizabeth ihm das Wort ab. »Bis vor zwei Jahren hatten Roffe und Söhne genug eigene Finanzreserven.«

Sie beobachtete, wie sich seine Miene veränderte. Er versuchte, sich anzupassen. »Also, ja - ja, Ma’am, das stimmt.«

»Warum sind wir dann heute bei den Banken so hoch verschuldet?«