Выбрать главу

»Genauso ist es«, sagte Kate Erling.

»Und wie wird es geschützt?«

»Handelt es sich um ein wichtiges Projekt, erfolgen alle Arbeiten in den Labors unter höchster Sicherheitsstufe. Sämtliche Unterlagen werden aus der allgemeinen Registratur entfernt und in die Sonderabteilung eingeordnet. Dazu haben nur drei Leute Zugang: der Wissenschaftler, dem das Projekt untersteht, der Präsident und jeweils ein Direktoriumsmitglied.«

»Wer entscheidet, welches Mitglied das sein soll?«

»Ihr Vater hat Walther Gassner beauftragt.«

Sobald der Name heraus war, bemerkte Kate Erling ihren Fehler.

Die beiden Frauen sahen sich an. »Danke, Kate, das wäre fürs erste alles«, beendete Elizabeth die Unterhaltung.

Sie hatte Joepplis Projekt überhaupt nicht erwähnt. Trotzdem wusste Kate Erling, wovon sie sprach. Es gab zwei Möglichkeiten. Entweder hatte Sam ihr vertraut und ihr von Joepplis Forschungen erzählt - oder sie hatte es auf eigene Faust herausgebracht. Dann natürlich für jemand anderen.

Die Sache war viel zu wichtig, als dass auch nur das Geringste schiefgehen durfte. Sie würde die Sicherheitsvorkehrungen selbst überprüfen. Und sie musste unbedingt mit Walther Gassner reden.

Am selben Nachmittag noch saß Elizabeth in einem Linienflugzeug nach Berlin.

Walther Gassner benahm sich auffällig nervös.

Sie saßen an einem Ecktisch im oberen Teil des Restaurants Papillon und blickten auf den Kurfürstendamm. Bei allen früheren Gelegenheiten, wenn Elizabeth Berlin besuchte, hatte Walther stets darauf bestanden, sie bei sich zu Hause zu bewirten. Diesmal war das überhaupt nicht erwähnt worden. Statt dessen hatte er als Treffpunkt das Restaurant vorgeschlagen.

Walther Gassner hatte noch immer das frische, jungenhafte Aussehen eines Filmstars, doch der Firnis schien abzublättern. In sein Gesicht hatten sich tiefe Falten eingegraben, und seine Hände bewegten sich ständig. Es sah aus, als stünde er unter einem außergewöhnlichen Druck. Als sich Elizabeth nach Anna erkundigte, antwortete Walther ausweichend. »Sie fühlt sich nicht wohl und konnte nicht mitkommen.«

»Irgend etwas Ernstes?«

»Nein, nein, gar nicht. Nur vorübergehend. Sie liegt zu Hause und ruht sich aus.«

»Ich werde sie anrufen und -«

»Ach, stör sie lieber nicht.«

Elizabeth empfand die Unterhaltung als recht merkwürdig und gar nicht typisch für Walther, der sonst überaus herzlich und offen war.

Sie schnitt das Thema Emil Joeppli an. »Wir brauchen das Präparat, woran er arbeitet, sehr, sehr dringend.«

Walther nickte. »Das wird eine ganz große Sache.«

»Ich hab’ ihm gesagt, er soll seine Berichte nicht länger an dich schicken.«

Plötzlich und zum ersten Mal blieben Walthers Hände ganz still auf dem Tisch. Es war wie ein stummer Schrei. Er sah Elizabeth an. »Warum hast du das getan?«

»Das hat überhaupt nichts mit dir zu tun, Walther. Genau dasselbe hätte ich bei jedem anderen Direktoriumsmitglied verfügt. Es ist nur, ich will die Sache auf meine eigene Art handhaben.«

Er nickte. »Verstehe.« Aber seine Hände rührten sich noch immer nicht. »Dazu hast du das Recht, natürlich.« Er rang sich ein Lächeln ab, und sie sah, welche Anstrengung es ihn kostete. »Elizabeth«, brachte er schließlich heraus, »Anna besitzt ein sehr großes Aktienpaket. Ohne deine Zustimmung kann sie es nicht verkaufen. Es - es ist unbeschreiblich wichtig. Ich -«

»Es tut mir leid, Walther. Ich kann jetzt nicht zulassen, dass Aktien auf den Markt kommen.«

Plötzlich bewegten sich seine Hände wieder.

24. Kapitel

Julius Badrutt war ein dünner, spröder Mann, der aussah wie ein antiker Gottesanbeter in einem modernen schwarzen Geschäftsanzug. Wie das unbeholfen gezeichnete Strichmännchen eines Kindes mit eckigen Armen und Beinen und obendrauf einem unfertigen Gesicht: so sah der Bankier Julius Badrutt aus. Steif saß er im Konferenzsaal von Roffe und Söhne, das Gesicht Elizabeth zugekehrt. In seiner Gesellschaft befanden sich fünf weitere Bankiers. Alle trugen schwarze Anzüge mit Westen, weiße Hemden, dunkle Krawatten. Elizabeth dachte, sie wirkten nicht angezogen wie normale Leute, sondern wie Soldaten in Uniform. Der Reihe nach betrachtete sie die Gesichter am Tisch, kalte, passive Mienen, und sie bekam ungute Gefühle. Vor Beginn der Sitzung hatte Kate ein Tablett hereingebracht: Kaffee und köstliches frisches Gebäck. Die Besucher hatten alle abgelehnt. Ebenso, wie sie vorher Elizabeths Einladung zum Lunch zurückgewiesen hatten. Das war ein schlechtes Zeichen, stellte sie für sich fest. Die suchten hier nur eins: das Geld, das man ihnen schuldete.

Elizabeth eröffnete die Sitzung mit ausgesuchter Höflichkeit. »Zunächst einmal möchte ich Ihnen danken, dass Sie sich heute hierherbemüht haben.«

Die Antwort bestand aus einem höflichen Gemurmel.

Elizabeth holte tief Luft. »Ich habe Sie hergebeten, um mit Ihnen eine Fristverlängerung der Darlehen zu erörtern, die Sie Roffe und Söhne gewährt haben.«

Julius Badrutt schüttelte den Kopf, eine kleine energische Bewegung. »Es tut mir außerordentlich leid, Miss Roffe. Unsere Entscheidung ist bereits Ihrem -«

»Ich bin noch nicht fertig«, unterbrach ihn Elizabeth.

Sie blickte demonstrativ in die Runde. »An Ihrer Stelle, meine Herren, würde ich ablehnen.«

Einen Moment lang waren sie verwundert, dann suchten sie sich untereinander mit Blicken zu verständigen; ihre Mienen spiegelten Verwirrung wider.

Elizabeth fuhr fort: »Wenn Sie schon Angst um Ihr Geld hatten, als mein Vater noch lebte, und der war als zuverlässiger, vertrauenswürdiger Geschäftsmann bekannt, warum sollten Sie dann Ihr Geld einer Frau anvertrauen, die in dem Geschäft völlig unerfahren ist?«

Julius Badrutt fiel trocken ein: »Damit haben Sie, möchte ich meinen, den Nagel auf den Kopf getroffen, Miss Roffe. Wir haben nicht die Absicht, die -«

Wieder unterbrach ihn Elizabeth. »Ich bin noch nicht zu Ende.«

Sie beäugten sie jetzt argwöhnisch, offensichtlich keineswegs mehr so sicher, woran sie mit ihr waren. Sie wiederum sah jeden einzelnen an, versicherte sich ihrer vollen Aufmerksamkeit. Das also waren die Schweizer Bankiers, bewundert, geachtet und beneidet von den Kollegen in der Finanzwelt. Alle saßen jetzt nach vorn gebeugt, hörten genau zu. Die Langeweile und Ungeduld auf ihren Mienen hatte sich in reine Neugier verwandelt.

»Für Sie alle hier sind Roffe und Söhne ein Begriff, seit vielen Jahren«, fuhr Elizabeth fort. »Ich bin sicher, die meisten von Ihnen kannten meinen Vater persönlich, und in diesem Fall haben Sie ihm bestimmt Respekt entgegengebracht.«

Von einigen kam zustimmendes Nicken.

»Und ich kann mir vorstellen, dass Ihnen, meine Herren, übel wurde, als Sie erfuhren, ich würde hier seinen Platz einnehmen.«

Einer der Bankiers lächelte, brach dann in lautes Lachen aus und sagte: »Da haben Sie vollkommen recht, Miss Roffe. Ich möchte nicht ungalant sein, aber ich denke, ich spreche für uns alle hier, wenn ich feststelle, dass - wie waren doch Ihre Worte? - uns das übel aufgestoßen ist.«

Elizabeth brachte ein bezauberndes Lächeln zustande. »Und ich kann Ihnen das gar nicht verübeln. Im Gegenteil, mir wäre es an Ihrer Stelle ähnlich ergangen.«

Ein anderer Bankier ließ sich vernehmen. »Eins macht mich neugierig, Miss Roffe. Da wir uns alle über das Ergebnis dieses Treffens einig zu sein scheinen« - er breitete die Hände vielsagend aus -, »warum sind wir dann überhaupt hier?«

Elizabeth sah ihn an. »Sie sind hier, meine Herren, weil in diesem Raum in diesem Augenblick einige der größten Bankiers der Welt versammelt sind. Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie alle Ihre außergewöhnlichen Erfolge damit errungen haben, immer nur auf Dollars und Cents erpicht zu sein. Wenn dem so wäre, könnte jeder beliebige Buchhalter das Geschäft für Sie führen, was bedeutet, dass zum großen Bankier viel mehr gehört.«