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Zu seinen Favoriten gehörte der COBOL, konzipiert für Geschäftsdaten, ebenso wie der von der Polizei benutzte BASIC mit der Höchstgeschwindigkeit APL, der nur in Kartogrammen und Grafiken abgelesen werden kann. Max verstand sich mit LISP und APT und gab viel auf die Auskünfte des PL-1. Er bediente sich des Binär-Codes, fragte arithmetische sowie CPV-Einheiten ab, und das Schreibwerk des high-speed printer druckte die gewünschten Antworten mit einer Geschwindigkeit von elfhundert Zeilen in der Minute. Die gigantischen Computer hatten ihr Dasein damit verbracht, wie unersättliche Schwämme Informationen aufzusaugen, zu speichern, zu analysieren und zu memorieren. Und jetzt spieen sie ihr gesammeltes Wissen aus, flüsterten Max ihre Geheimnisse zu, konspirierten mit ihm in ihren abgeschiedenen, vollklimatisierten Grüften.

Nichts war ihnen heilig, nichts vor ihnen sicher. Die geschützte Privatsphäre ist nichts als Legende für Illusionäre und Naivlinge. In den Computern steht der mündige Bürger splitternackt, seine tiefsten Geheimnisse liegen bloß und warten nur darauf, abgerufen zu werden. Gespeichert wird, wer eine Sozialversicherungsnummer besitzt, irgendeine Versicherungspolice, einen Führerschein, ein Bankkonto. Der Bürger ist programmiert als Steuerzahler, Arbeitslosen- oder Sozialhilfeempfänger. Sein Name wird eingespeichert, wenn er den Gesundheitsdienst in Anspruch nimmt, auf ein Haus Hypotheken aufnimmt, Besitzer eines Autos,

Fahrrads, eines Spar- oder Girokontos ist. Wer jemals Krankenhauspatient oder beim Militär gewesen ist, eine Angel- oder Jagdlizenz besitzt, einen Reisepass, Telefon oder Stromanschluss beantragt hat, ist den Computern wohlbekannt, desgleichen der Mensch als Heiratskandidat, Geschiedener oder neugeborener Erdenbürger.

Sofern jemand wusste, wo er nachzufragen hatte, und mit der nötigen Geduld ausgestattet war, konnte er über alle Fakten verfügen.

Max Hornung und die Computer verstanden sich ausgezeichnet. Die elektronischen Kameraden fanden sein Aussehen nicht komisch, hatten nichts daran auszusetzen, wie er sprach, sich benahm oder anzog. Für die Computer war der kleine Inspektor ein Riese. Sie respektierten seine Intelligenz, bewunderten und liebten ihn. Ihm gaben sie gern ihre Geheimnisse preis, amüsierten sich mit ihm über die vielfachen menschlichen Schwächen. Es waren Plauderstündchen zwischen alten Freunden.

»Wollen wir doch mal über Sir Alec Nichols reden«, sagte Max.

Und die Computer legten los. Max bekam ein mathematisch exaktes Konterfei von Sir Alec, komponiert aus Mitteilungen im Binär-Code, in Ziffern und Diagrammen. Nach zwei Stunden verfügte er über umfassende Kenntnisse, ein aufschlussreiches Persönlichkeitsbild des Mannes, dem er auf der Spur war.

Bankquittungen, eingelöste Schecks, Rechnungen, alles wurde ihm zugänglich. Was Max zuerst aufhorchen ließ, waren mehrere Schecks über große Summen, alle ausgestellt auf »Überbringer« und von Sir Alec Nichols eingelöst. Wohin war das Geld geflossen? Max forschte nach, ob es unter Geschäftsspesen oder persönlichen Ausgaben aufgeführt war, möglicherweise auch als Steuerraten. Ergebnis negativ. Er ging noch einmal die Ausgaben durch:

... ein Scheck an White’s Club,... eine Fleischrechnung (unbezahlt)... Abendkleid von John Bates. Quittung vom »Guinea«. Zahnarztrechnung (unbezahlt). Annabelle’s. eine Robe von Saint Laurent in Paris. eine Rechnung vom »Weißen Elefanten« (unbezahlt). Gebührenrechnungen.    Zahlungsaufforderung von Wyndham, dem Haarstylisten. vier Kleider von Saint Laurent. Haushaltskosten, Gehälter für das Personal.

Max sprach den    Computer der zentralen Kraftfahrzeugbehörde an: eine Frage, Antwort positiv.

Sir Alec besitzt einen Bentley und einen Morris.

Max stutzte. Da fehlte doch irgend etwas. Weit und breit war keine Reparaturrechnung einer Autowerkstatt zu sehen.

Max bat die Computer, ihr Gedächtnis zu überprüfen. Innerhalb von sieben Jahren keine einzige derartige Rechnung.

Haben wir was vergessen? fragten die Computer.

Nein, antwortete Max. Ihr habt gar nichts vergessen.

Sir Alec nahm keine Werkstatt in Anspruch. Er reparierte seine Autos selbst. Wer technisch so begabt war, konnte mühelos einen Jeep manipulieren oder einen Aufzug zum Absturz bringen. Max brütete über den endlosen Zahlenkolonnen, die seine Freunde ihm auftischten, begeistert wie ein Archäologe, der frisch entdeckte Hieroglyphen entziffert. Prompt stieß er auf neue Geheimnisse. Eines war klar: Sir Alecs Ausgaben überstiegen sein Einkommen beträchtlich.

Wieder ein loses Ende.

Seine Freunde in der City hatten weitverzweigte Beziehungen. Innerhalb von zwei Tagen wusste Max, dass Sir Alec bei einem gewissen Tod Michaels in der Kreide stand, einem Club-Besitzer in Soho.

Max sprach bei den Polizeicomputern vor und stellte Fragen. Sie hatten die Antworten parat. Jawohl, wir können dir mit Tod Michaels dienen. Er wurde verschiedentlich angeklagt, aber nie verurteilt. Verdacht auf Erpressung, Rauschgifthandel, Prostitution und Geldwucher.

Max machte sich auf den Weg nach Soho und stellte weitere Fragen. Bald wusste er: Sir Alec Nichols spielte nicht. Wohl aber seine Frau.

Als Max sein Programm absolviert hatte, hegte er keinerlei Zweifel mehr: Sir Alec Nichols wurde erpresst. Bei ihm häuften sich die unbezahlten Rechnungen. Er brauchte Geld, und zwar schnell. Seine Firmenanteile würden ihm Millionen einbringen, sofern er sie veräußern konnte. Dem hatte Sam Roffe im Wege gestanden, und jetzt Elizabeth. Sir Alec Nichols hatte ein Mordmotiv.

Max begab sich auf die Computer-Pirsch nach Rhys Williams. Die Maschinen taten ihr Bestes, doch die Informationen blieben zu dünn.

Rhys Williams, spuckten die Computer aus, war männlichen    Geschlechts,    geboren in Wales,

vierunddreißig    Jahre alt,    unverheiratet. Leitender

Angestellter bei Roffe und Söhne, Gehalt: achtzigtausend Dollar jährlich, plus Bonusse. Bankverbindungen in London: ein Sparkonto mit zwanzigtausend Pfund Guthaben, ein Girokonto mit rund achthundert Pfund. Bankschließfach in Zürich, Inhalt unbekannt. Inhaber aller gängigen Kreditkarten. Viele der damit erworbenen Gegenstände offensichtlich für Frauen bestimmt. Rhys Williams hatte kein Vorstrafenregister. Bei Roffe und Söhne seit neun Jahren beschäftigt.

Das gibt nichts her, dachte Max, bei weitem nicht. Es kam ihm vor, als versteckte sich Rhys Williams hinter den Computern. Max musste daran denken, wie abweisend der Mann sich verhalten hatte, als er, Max, Elizabeth nach der Beerdigung von Kate Erling befragt hatte. Wen hatte Rhys schützen wollen? Elizabeth Roffe? Oder sich selbst?

Für sechs Uhr abends buchte Max einen Flug der Alitalia nach Rom, Touristenklasse.

40. Kapitel

Fast zehn Jahre hatte Ivo Palazzi damit zugebracht, sich nach allen Regeln der Kunst ein Doppelleben aufzubauen, von dem nicht einmal seine engsten Freunde etwas wussten.

Max Hornung und seine römischen Computerfreunde brauchten weniger als vierundzwanzig Stunden, um ihm auf die Schliche zu kommen. Max befragte den Computer im Anagrafe-Gebäude, wo die Bevölkerungsstatistiken und die Daten der Stadtverwaltung gespeichert waren. Außerdem besuchte er die elektronischen Giganten des SID und der Banken. Überall war er willkommen.

Erzählt mir von Ivo Palazzi, bat er.

Und der Klatsch begann.

... Eine Lebensmittelrechnung von Amici... Schönheitssalon von Sergio in der Via Condotti... ein blauer Anzug von Angelo. Blumen von Carducci... zwei Abendkleider aus dem Atelier Irene Galitzine. Schuhe von Gucci. eine Pucci-Handtasche. Lebenshaltungskosten.