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Max las die Angaben, prüfte und analysierte sie. Sein Instinkt sagte ihm: Hier stimmt etwas nicht. Da waren Schulgeldzahlungen für sechs Kinder.

Habt ihr euch geirrt? fragte Max.

Pardon. Inwiefern geirrt?

Die Computer im Anagrafe haben behauptet, Ivo Palazzi wäre als Vater von drei Kindern registriert. Und ihr besteht darauf, dass er für sechs Kinder Schulgeld zahlt?

Allerdings tun wir das.

Und ihr sagt, Ivo Palazzi wohnt in Olgiata?

Stimmt.

Aber er zahlt Miete für ein Appartement in der Via Montemignaio.

Ja.

Gibt es etwa zwei Ivo Palazzi?

Nein. Einen Mann dieses Namens. Zwei Familien. Drei Töchter von seiner Frau. Drei Söhne von Donatella Spolini.

Als Max seine Befragung beendet hatte, kannte er alle Gewohnheiten von Ivo Palazzis Geliebter, ihr Alter, den Namen ihres Friseurs und die Namen der unehelichen Kinder. Er wusste, Simonetta war eine Blondine, Donatella eine Brünette. Ihm war bekannt, welche Kleider-, Schuh- und Büstenhaltergrößen jede hatte und wieviel die Kleidungsstücke kosteten.

Unter den allgemeinen Ausgaben fielen Max mehrere Posten auf. Die Summen waren klein, aber die Verwendungszwecke blinkten ihn wie Leuchtfeuer an. Es gab Quittungen für eine Drehbank, eine Hobelmaschine und eine Säge. Ivo Palazzi hatte handwerkliche Hobbys. Und ein Architekt, überlegte Max, verstand bestimmt allerhand von Aufzügen.

In letzter Zeit hat Ivo Palazzi um ein großes Bankdarlehen nachgesucht, informierten ihn die Computer.

Hat er es bekommen?

Nein. Die Bank verlangte, dass seine Frau mit unterzeichnet. Daraufhin zog er den Antrag zurück.

Herzlichen Dank.

Mit dem Bus fuhr Max zur Zentrale der Polizia Scientifica, wo der gigantische Computer in einem kreisrunden Saal stand.

Hat Ivo Palazzi ein Vorstrafenregister? erkundigte sich Max.

Jawohl. Im Alter von dreiundzwanzig Jahren wurde Ivo Palazzi wegen Körperverletzung verurteilt. Sein Opfer musste ins Krankenhaus, Ivo für zwei Monate hinter Gitter.

Sonst noch was?

Ivo Palazzi hält eine Geliebte in der Via Montemignaio aus.

Danke. Das weiß ich schon.

Aber das ist nicht alles. Es liegen mehrere polizeiliche Meldungen über Beschwerden von Nachbarn vor.

Welche Art Beschwerden?

Ruhestörung. Tätlichkeiten, lautes Schreien. An einem Abend wurde das gesamte Geschirr zertrümmert. Ist das für Sie wichtig?

Und wie, erwiderte Max. Verbindlichen Dank.

Also war Ivo Palazzi jähzornig. Und Donatella Spolini ebenfalls. War zwischen den beiden etwas geschehen? Drohte sie ihm mit Bloßstellung? War das der Grund für sein plötzliches Ersuchen um ein Bankdarlehen? Wie weit ging ein Mann wie Ivo Palazzi, um seine Familie zu verteidigen, seinen Lebensstil?

Noch ein letztes Detail erwies sich als höchst aufschlussreich. Die italienischen Behörden hatten Ivo Palazzi eine beträchtliche Summe überwiesen. Es handelte sich um eine Belohnung, um den ihm zustehenden Prozentsatz des Betrages, der bei dem von Ivo ans Messer gelieferten Minister gefunden worden war. Wenn Ivo derart verzweifelt Geld brauchte, was würde er sonst noch alles dafür tun?

Max sagte seinen Computern Lebewohl und bekam gerade noch die Nachmittagsmaschine der Air France nach Paris.

41. Kapitel

Vom Flughafen Charles de Gaulle bis zur Gegend von Notre-Dame zahlt man für ein Taxi siebzig Francs, ohne Trinkgeld. Mit dem Bus Nummer 351 kostet dieselbe Strecke siebeneinhalb Francs - Trinkgeld nicht nötig. Inspektor Hornung nahm den Bus. Er stieg im bescheidenen Hotel Meuble ab und fing unverzüglich an zu telefonieren.

Er sprach mit den Leuten, in deren Händen sich die intimsten Geheimnisse der Bürger Frankreichs befinden. Die Franzosen, normalerweise noch misstrauischer und zurückhaltender als die Schweizer, ließen sich von Max Hornung nicht zweimal bitten. Für ihren Kooperationseifer gab es zwei Gründe. Einmal galt Hornung als Virtuose auf seinem Gebiet, wurde überall bewundert, und man rechnete es sich zur Ehre an, einem solchen Mann behilflich zu sein. Zweitens hatten alle schlicht Angst vor ihm. Vor Max ließ sich nichts geheimhalten. Der komische kleine Kerl mit der seltsamen Aussprache zog jedem das Fell über die Ohren. »Aber gern, mein Lieber«, hörte er überall. »Selbstverständlich haben Sie freie Hand mit unseren Computern. Doch alles muss streng vertraulich behandelt werden.«

»Natürlich.«

Max machte seine Besuchsrunde: bei den Inspecteurs des Finances, beim Credit Lyonnais, der Assurance Nationale. Und er bediente sich der Computer des Finanzamtes, der Elektronengehirne der Gendarmerie in Rosnysous-Bois und der Anlagen der Polizeipräfektur auf der Ile de la Cite.

Es begann wie bei einem Stammtisch-Schwatz zwischen alten Kumpeln. Wer sind eigentlich Helene und Charles Roffe-Martel? erkundigte sich Max.

Charles und Helene Roffe-Martel, wohnhaft Rite Francois Premier 5, Le Vesinet, Eheschließung 24. Mai 1970 in der Mairie von Neu illy, keine Kinder, Helene dreimal geschieden, Mädchenname Roffe, Bankkonto Credit Lyonnais, Avenue Montaigne, Konto-Inhaber Helene Roffe-Martel, durchschnittliches Guthaben über zwanzig-tausend Francs.

Ausgaben?

Eine Rechnung der Librairie Marceau für Bücher...Zahnarztrechnung, Wurzelbehandlung, Charles Martel... Krankenhausrechnungen, Charles Martel... Arztrechnung: Untersuchung, Charles Martel...

Liegt ein Diagnose-Ergebnis vor?

Moment bitte. Muss bei einem Computer-Kollegen nachfragen.

Und der Computer, bei dem die Arztberichte eingespeichert waren, fing zu tickern an. Diagnose: Nervöse Disposition.

Sonst noch was?

Schwere Prellungen und Quetschungen, Schenkel und Gesäß, beidseitig.

Ursachen?

Keine Angaben.

Bitte weiter mit den Ausgaben.

Rechnung für ein Paar Herrenschuhe von Pinet. Hut von Rose Valois... Foie Gras von Fauchon... Carita Schönheitssalon... Maxim’s: Souper, acht Personen... Herren-Morgenmantel von Sulka... Max stoppte den Computer. Irgend etwas irritierte ihn; die Rechnungen waren sonderbar. Dann fiel bei ihm der Groschen. Jeder Kauf war von Madame Roffe-Martel gegengezeichnet, auch die Rechnungen für Herrenbekleidung und die der Restaurants, die Lieferantenlisten - alles mit ihrem Namen. Interessant.

Und dann, unweigerlich, das erste lose Ende.

Eine Firma namens Belle Paix hatte Grunderwerbssteuer beglichen. Einer der Eigentümer von Belle Paix war mit Charles Dessain angegeben. Und Charles    Dessain    hatte    dieselbe Sozialversicherungsnummer wie Charles Martel. Vernebelungsmanöver?

Bitte mehr über Belle Paix.

Die Antwort kam prompt. Belle Paix gehört Rene Duchamps und Charles Dessain, auch bekannt unter Charles Martel.

Was steckt hinter Belle Paix?

Die Firma ist Eigentümerin eines Weinguts.