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»Warum lächelst du?« fragte Rhys. Er saß ihr gegenüber im Sessel. Die luxuriöse Boeing 707-320 schwebte in zwölftausend Meter Höhe irgendwo über dem Atlantik. Sie speisten iranischen Kaviar zu exquisit gekühltem Dom Perignon. Das Ganze war ein solcher Abklatsch von La dolce vita, dass Elizabeth laut lachen musste.

Rhys lächelte. »Hab’ ich was Komisches gesagt?«

Elizabeth schüttelte den Kopf. Sie sah ihn an. Wie attraktiv er doch war. Ihr Mann. »Nein«, sagte sie. »Ich bin nur einfach glücklich.«

Wie glücklich sie in Wirklichkeit war, das würde er nie erfahren. Auf welche Weise sollte sie ihm auch deutlich machen, wieviel ihr diese Ehe bedeutete? Er würde sie nicht verstehen; denn für Rhys war das keine Ehe, sondern ein geschäftliches Arrangement. Sie aber, sie liebte Rhys. Elizabeth kam es so vor, als hätte sie ihn immer geliebt. Sie wollte den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen, Kinder mit ihm haben, ihn besitzen und selbst sein Besitz sein. Sie sah ihn an und dachte daran, dass an ihrem Glück noch eine Kleinigkeit fehlte: Sie musste ihn dazu bringen, sich in sie zu verlieben.

Am Tag ihrer letzten Begegnung mit Julius Badrutt hatte sie Rhys mit ihrem Heiratsantrag überfallen. Sobald der Bankier sich verabschiedet hatte, machte sie sich sorgfältig zurecht, marschierte in Rhys’ Büro, holte tief Luft und sagte: »Rhys, würden Sie mich heiraten?«

Seine Überraschung war ihr nicht verborgen geblieben, und bevor er ein Wort erwidern konnte, fuhr sie schnell fort, bemüht, ihre Stimme geschäftsmäßig kühl klingen zu lassen: »Das wäre natürlich eine rein geschäftliche Abmachung. Die Banken verlängern uns die Kredite, wenn Sie den Vorsitz von Roffe und Söhne übernehmen. Und das geht nur auf eine Weise.« Zu ihrem Entsetzen merkte Elizabeth, wie ihre Stimme zu zittern begann. »Nämlich, wenn Sie ein Mitglied der Familie heiraten. Und ich - ich bin offenbar die einzige, die dafür in Frage kommt.«

Sie fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie hätte ihn jetzt nicht anblicken können.

»Selbstverständlich wäre es keine echte Ehe, im landläufigen Sinn...« Jetzt gingen ihr auch noch die Floskeln aus. »... im Sinne, ich meine, natürlich würde ich nicht erwarten. Na ja, Sie könnten kommen und gehen, wie es Ihnen beliebt.«

Er sah sie unverwandt an, kam ihr keinen Schritt entgegen. Wenn er doch nur etwas sagen würde, dachte Elizabeth verzweifelt. Nur ein Wort!

»Rhys -«

»Verzeihung. Sie haben mich überrumpelt.« Sie sah, wie er plötzlich lächelte. »Schließlich bekommt man nicht jeden Tag einen Heiratsantrag von einem schönen Mädchen.«

Natürlich: Er spielte auf Zeitgewinn, suchte nach einem Ausweg, wie er ihr entschlüpfen konnte, ohne ihre Gefühle zu verletzen. Es tut mir schrecklich leid, Elizabeth, aber -

Sie hörte seine Stimme. »Einverstanden!«

Und auf einmal fühlte sie sich befreit, als wäre ihr eine riesige Bürde von den Schultern genommen worden. Bis zu jenem Augenblick hatte sie sich gar nicht klargemacht, wie wichtig die Angelegenheit tatsächlich war. Jetzt hatte sie Zeit gewonnen, Zeit, um herauszubekommen, wer der verborgene Feind war. Sie und Rhys konnten gemeinsam all den entsetzlichen Vorkommnissen ein Ende bereiten, ein für allemal. Aber eins musste sie ihm ganz deutlich machen.

»Du wirst der Präsident sein«, sagte sie. »Doch das stimmberechtigte Aktienkapital bleibt in meinen Händen.«

Rhys hatte die Stirn kraus gezogen. »Aber wenn ich den Konzern doch leiten soll -«

»Das sollst du auch«, hatte Elizabeth ihn beruhigt.

»Aber die Aktienmehrheit -«

»Bleibt auf meinem Namen. Ich will sichergehen, dass sie nicht veräußert werden kann.«

»Verstehe.«

Sie konnte seine Verärgerung förmlich fühlen. Wie gern hätte sie ihm von ihrer Entscheidung berichtet, zu der sie sich durchgerungen hatte. Sie war entschlossen, das Unternehmen aus dem Familienbesitz zu entlassen. Sollten die Direktoriumsmitglieder ruhig ihre Aktien veräußern. Wenn Rhys Präsident war, hatte Elizabeth keine Angst mehr, dass Fremde Aktien erwerben und das Schicksal des Unternehmens bestimmen könnten. Mit denen würde Rhys schon fertig werden. Aber das alles musste so lange warten, bis sie wusste, wer hinter den Anschlägen auf den Konzern stand. All das hätte sie für ihr Leben gern Rhys mitgeteilt, aber sie wusste: Dafür war die Zeit noch nicht reif. Also sagte sie nur: »Mit dieser einen Ausnahme liegen alle Entscheidungen bei dir.«

Rhys hatte ganz still dagestanden und sie angesehen - eine Ewigkeit lang. Als er endlich den Mund aufmachte, fragte er: »Wann willst du, dass wir heiraten?«

»So bald wie möglich.«

Außer Anna und Walther, der, wie es hieß, krank zu Hause lag, waren alle zur Hochzeit nach Zürich gekommen. Alec und Vivian, Helene und Charles, Simonetta und Ivo. Sie schienen sich aufrichtig zu freuen, und Elizabeth kam sich wie eine Hochstaplerin vor. Sie hatte keine Ehe geschlossen, sondern einen Handel vollzogen.

Alec hatte sie an sich gedrückt. »Du weißt, ich wünsch’ dir alles Liebe.«

»Ich weiß, Alec. Danke dir.«

Ivo war die leibhaftige Ekstase. »Carissima, tanti auguri e figli ma-schi. Reich zu werden ist der Traum des Bettlers; Könige sehnen sich danach, das Glück zu finden.«

Elizabeth lächelte. »Wer hat das gesagt?«

»Ich«, erklärte Ivo. »Hoffentlich weiß Rhys, welches Glück er hat.«

»Das versuch’ ich ihm ja dauernd einzureden.« Elizabeth ließ ihre Antwort beiläufig klingen.

Helene nahm sie beiseite. »Du steckst voller Überraschungen, ma cherie. Ich hatte keine Ahnung, dass ihr euch überhaupt füreinander interessiert.«

»Das kam auch ganz plötzlich.«

Helene sah sie mit kühlem, abschätzendem Blick an. »Allerdings. Das glaube ich dir.« Und sie ging davon.

Nach der Zeremonie gab das Brautpaar einen Empfang im Baur-au-Lac. An der Oberfläche war alles ungetrübte Fröhlichkeit und Feststimmung, aber Elizabeth spürte, wie es darunter gärte. Über dem Ganzen lag ein Fluch, ein böser Geist, aber sie konnte nicht feststellen, von wem er ausging. Nur eins wusste sie: Eine Person im Raum hasste sie. Das fühlte sie, fast körperlich. Doch wenn sie in die Runde blickte, begegneten ihr nur lächelnde, freundliche Gesichter. Charles hob sein Glas, brachte einen Toast auf sie aus... Elizabeth hatte einen Bericht über die Explosion im Labor vorgelegt bekommen: Der Sprengstoff stammt aus Ihrer Fabrik bei Paris.

Ivo: ein einziges Grinsen. Der Minister, den man beim Geldschmuggel aus Italien erwischte, wurde verpfiffen. Die Flughafenpolizei bekam einen Wink. Von Ivo Palazzi.

Alec? Walther? Wer, um Gottes willen? Elizabeth konnte den Gedanken einfach nicht abschütteln.

Am Morgen darauf traf man sich zu einer Direktoriumssitzung, und Rhys Williams wurde einstimmig    zum    Präsidenten    und Generalbevollmächtigten von Roffe und Söhne gewählt. Charles brachte die Frage auf, die allen auf der Seele lag. »Da Sie jetzt Konzernchef sind, gestatten Sie uns nun, unsere Anteile zu verkaufen?«

Elizabeth spürte die Spannung, die sich plötzlich im Raum ausbreitete.

»Die Aktienmehrheit und damit das Stimmrecht liegt weiterhin in Elizabeths Händen«, verkündete Rhys. »Sie hat zu entscheiden.«

Alle Gesichter wandten sich ihr zu.

»Es wird nicht verkauft«, stellte sie lakonisch fest.

Als Elizabeth und Rhys allein waren, fragte er: »Was hältst du von Flitterwochen in Rio?«

Ihr Herz machte einen gewaltigen Sprung, aber er fügte in gleichgültigem Tonfall hinzu: »Unser Manager dort droht mit Kündigung. Wir können es uns nicht leisten, ihn zu verlieren. Ich hatte vorgehabt, morgen hinzufliegen, um die Sache zu bereinigen. Es sähe doch merkwürdig aus, wenn ich ohne meine frischgebackene Ehefrau dort aufkreuzte.«