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Rhys fand als erster die Sprache wieder. »Wovon, zum Teufel, reden Sie eigentlich?«

Aber Max richtete seine Worte weiter ausschließlich an Elizabeth. »Zwei Anschläge auf Ihr Leben haben bereits stattgefunden. Weitere werden höchstwahrscheinlich folgen.«

»Sie - Sie müssen sich irren.«

»Nein, Madame. Der Fahrstuhlabsturz sollte Sie ins Jenseits befördern.«

Sie starrte ihn an, die dunklen Augen voller Verwirrung. Und noch etwas lag in ihrem Blick, ein Gefühl, das von tief innen kam. Max konnte es nicht definieren. Er fuhr fort: »Ebenso der Jeep.«

Elizabeth fand ihre Stimme wieder. »Da haben Sie unrecht. Das war ein Unfall. An dem Jeep hat sich niemand zu schaffen gemacht. Die Polizei auf Sardinien hat es festgestellt.«

»Das war ein Irrtum.«

»Aber ich war doch dabei«, beharrte Elizabeth auf ihrem Standpunkt.

»Nein, Madame. Sie waren dabei, als irgendein Jeep untersucht wurde. Das war nicht Ihrer.«

Jetzt starrten ihn beide sprachlos an.

»Ihr Jeep war nie in jener Garage. Ich habe ihn gefunden, und zwar auf einem Autofriedhof in Olbia. Die Verschlusskappe war gelockert worden, und die Bremsflüssigkeit ist ausgelaufen. Deshalb bremste der Wagen nicht. Die linke Vorderseite war immer noch demoliert und mit klebrigen Spuren vom Harz der Bäume bedeckt, die Sie gestreift haben. Das Labor hat alles nachgeprüft. Befund einwandfrei.«

Elizabeth durchlitt wieder ihren Alptraum. Angst überflutete sie, als hätte jemand verborgene Schleusentore geöffnet. Sie raste bergab; die Steilkurve schoss auf sie zu. Am liebsten hätte sie laut geschrieen.

Sie hörte Rhys’ Stimme wie aus weiter Ferne. »Ich verstehe das nicht. Wie konnte jemand -«

Max drehte sich zu ihm. »Alle Jeeps ähneln einander. Das war ihre Chance. Als Mrs. Williams gegen den Baum raste, anstatt über die Klippen zu stürzen, mussten sie improvisieren. Niemand durfte diesen Jeep unter die Lupe nehmen; denn es hatte wie ein Unfall auszusehen. Man war davon ausgegangen, dass der Wagen tief unten auf dem Meeresboden landen würde. Als nun alles anders kam, hätten sie Mrs. Williams am liebsten da oben an Ort und Stelle erledigt, aber Waldarbeiter kamen vorbei. Sie wurde gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Da besorgten sie einfach einen anderen Jeep, vertauschten die Wagen also, bevor die Polizei eintraf.«

Rhys warf ein: »Sie sprechen immer in der Mehrzahl ->sie<.«

»Der Verantwortliche muss Helfer gehabt haben.«

»Aber - aber wer sollte mich umbringen wollen?« fragte Elizabeth.

»Dieselbe Person, die Ihren Vater umgebracht hat.«

Die Wirklichkeit verschwamm plötzlich vor ihren Augen, das konnte doch nicht wahr sein. Ein Alptraum, der vorübergehen würde.

»Ihr Vater wurde ermordet«, erklärte Max. »Man hat ihm einen falschen Bergführer beigegeben, und der brachte ihn um. Ihr Vater kam nicht allein nach Chamonix. Er hatte jemanden bei sich.«

Elizabeths Stimme war ein heiseres Flüstern. »Wen?«

Max sah Rhys an. »Ihren Gatten.«

Die Worte dröhnten ihr in den Ohren. Sie schienen von sehr weit her zu kommen, sich aber in einem endlosen Echo zu vervielfachen. Ob sie den Verstand verlor?

Jetzt war die Stimme von Rhys zu hören. »Liz, ich war nicht bei Sam, als er umgebracht wurde.«

»Sie waren mit ihm zusammen in Chamonix, Mr. Williams.« Max ließ sich nicht davon abbringen.

»Das stimmt.« Rhys sprach zu Elizabeth. »Ich bin abgereist, bevor er auf die Bergtour ging.«

Sie hatte sich zu ihm umgedreht. »Warum hast du mir nie etwas davon erzählt?«

Er zögerte einen Augenblick, traf offenbar eine Entscheidung. »Es geht um etwas, über das ich mit niemandem reden durfte. Seit einem Jahr betreibt jemand Sabotage gegen die Firma. Das wurde sehr raffiniert eingefädelt, so dass es wie eine Serie von Unfällen aussah. Aber ich merkte, dass es einen roten Faden gab. Ich ging mit meinem Verdacht zu Sam, und wir beschlossen, eine Detektei mit der Untersuchung zu beauftragen.«

Elizabeth wusste, was jetzt kam. Wie eine Woge überschwemmte sie ungeheure Erleichterung, gleichzeitig machte sich ein Schuldgefühl bemerkbar. Also hatte Rhys die ganze Zeit von dem Bericht gewusst. Sie hätte ihm vertrauen, alles mit ihm besprechen sollen, anstatt ihre Ängste in sich hineinzufressen.

Rhys wandte sich Max Hornung zu. »Sam Roffe bekam einen Bericht, der meinen Verdacht bestätigte. Er bat mich nach Chamonix, weil er ihn mit mir besprechen wollte. Ich fuhr hin. Wir entschieden uns, die Angelegenheit geheimzuhalten, bis wir herausgefunden hatten, wer für alles verantwortlich war.« Als er weitersprach, klang Bitterkeit aus seiner Stimme. »Offensichtlich war es nicht geheim genug. Sam wurde umgebracht, weil jemand wusste, dass wir ihm dicht auf den Fersen waren. Der Bericht ist verschwunden.«

»Ich hatte ihn«, fiel Elizabeth ein. Rhys sah sie voller Überraschung an. »Er befand sich bei Sams persönlichen Sachen.« Sie informierte Max. »Der Bericht deutete an, dass es jemand auf der Direktionsebene von Roffe und Söhne sein müsste. Aber alle besitzen doch Anteile. Warum sollten sie dann den Konzern vernichten?«

Max klärte sie auf. »Das ist gar nicht die Absicht, Mrs. Williams. Man will nur soviel Unruhe stiften, dass die Banken nervös werden und ihre Kredite aufkündigen. Ihr Vater sollte auf diese Weise gezwungen werden, die Aktien auf den Markt zu bringen und damit das Unternehmen aus dem Familienbesitz zu entlassen. Wer immer dahintersteckt: Auf jeden Fall hat er es bis jetzt nicht erreicht. Mit anderen Worten: Ihr Leben ist weiter in Gefahr.«

»Aber dann müssen Sie ihr doch Polizeischutz geben«, forderte Rhys.

Max zwinkerte mit den Augen. Seine Stimme klang fest. »Darüber machen Sie sich nur keine Sorgen, Mr. Williams. Seit Ihrer Eheschließung haben wir Mrs. Williams keinen Moment aus den Augen gelassen.«

47. Kapitel

Berlin

Montag, 1. Dezember, 10 Uhr

Die Schmerzen waren kaum noch zu ertragen, und er lebte jetzt schon vier Wochen damit.

Der Arzt hatte ihm Tabletten dagelassen, aber Walther Gassner hatte Angst, sie zu nehmen. Er musste immer hellwach bleiben, durfte sich nicht einlullen lassen. Sonst würde Anna noch einmal versuchen, ihn umzubringen. Oder zu fliehen.

»Sie müssen sofort in ein Krankenhaus«, hatte der Arzt gesagt. »Sie haben eine Menge Blut verloren.«

»Nein!« Nur das nicht! Das Krankenhaus war das letzte, das für ihn in Frage kam. Walther wusste, Stichwunden wurden der Polizei gemeldet. Er hatte nach dem Werksarzt geschickt, weil er dessen Diskretion kannte. Der würde die Wunde nicht melden. Walther konnte einfach nicht riskieren, dass die Polizei in seinem Haus herumschnüffelte. Jetzt nicht. Schweigend hatte der Arzt die klaffende Wunde genäht. Als er fertig war, hatte er gefragt: »Soll ich Ihnen eine Schwester schicken, Herr Gassner?«

»Nein, vielen Dank. Meine - meine Frau wird mich versorgen.«

Das war vor einem Monat gewesen. Walther hatte seiner Sekretärin telefonisch Bescheid gegeben, er hätte einen Unfall gehabt und müsste das Bett hüten.

Wieder dachte er an den schrecklichen Augenblick, als Anna versucht hatte, ihn mit der Schere zu töten. Er hatte sich gerade noch rechtzeitig umgedreht und bekam die Spitze in die Schulter, sonst wäre sie ihm durch das Herz gefahren. Vor Schmerzen und vom Schock wäre er fast ohnmächtig geworden, doch er hatte sich lange genug bei Bewusstsein halten können, um Anna wieder ins Schlafzimmer zu zerren und sie einzuschließen. Während der ganzen Zeit schrie sie gellend: »Was hast du mit den Kindern gemacht? Was hast du mit den Kindern gemacht?«