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Also wurde Donatella Ivos Geliebte. Sie stellte nur eine Bedingung: Er musste allen anderen Frauen in seinem Leben entsagen, mit Ausnahme seiner angetrauten. Ivo willigte ein. Das war vor acht Jahren gewesen, und in dieser Zeit hatte Ivo weder seine Frau noch seine Geliebte ein einziges Mal mit einer anderen betrogen. Zwei hungrige Frauen zu befriedigen hätte jeden gewöhnlichen Mann um seine ganze Kraft gebracht, aber in Ivos Fall trat genau das Gegenteil ein. Liebte er Simonetta, schweiften seine Gedanken zu Donatella ab, mit ihrem reifen, vollen Körper, und seine Lust wuchs um so mehr. Schlief er aber mit Donatella, hatte er Simonettas süße junge Brüste vor Augen und ihren kleinen Hintern und wurde zum wilden Mann. Mit welcher Frau er jeweils auch zusammen war, immer fühlte er, dass er die andere betrog. Und das steigerte sein Begehren.

Ivo kaufte Donatella ein hübsches Appartement in der Via Montemignaio und verbrachte dort mit ihr jeden Augenblick, den er erübrigen konnte. Er arrangierte unvorhergesehene »Geschäftsreisen«, und anstatt wegzufahren, genoss er die Zeit mit Donatella im Bett. Der Weg ins Büro, die mittägliche Siesta, nichts war ihm zu kurz für einen Abstecher zu seiner Geliebten. Als Ivo einmal mit Simonetta auf der Queen Elizabeth II nach New York reiste, brachte er Donatella in einer Kabine ein Deck tiefer unter. Es waren die fünf stimulierendsten Tage seines Lebens.

Eines Abends eröffnete ihm Simonetta, sie sei schwanger, und Ivo war außer sich vor Freude. Eine Woche später enthüllte ihm Donatella, sie bekäme ein Kind, und Ivos Freudenbecher lief über. Warum, so fragte er sich, sind mir die Götter so gnädig? Denn in aller Bescheidenheit argwöhnte Ivo manchmal, am Ende sei er der übergroßen Segnungen, die ihm zuteil wurden, doch nicht ganz würdig.

Zu gegebener Zeit schenkte Simonetta einem Mädchen das Leben, eine Woche darauf Donatella einem Knaben. Was konnte sich ein Mann noch mehr wünschen? Aber die Götter waren Ivo weiterhin gnädig. Wenig später beschied ihm Donatella, sie erwarte abermals ein Baby, und die Woche darauf entpuppte sich Simonetta als schwanger. Neun Monate danach schenkte Donatella ihm den zweiten Sohn und Simonetta die zweite Tochter. Kaum waren wieder vier Monate ins Land gegangen, sahen beide Frauen erneut Mutterfreuden entgegen, und diesmal gebaren sie am selben Tag. Wie ein Irrer raste Ivo zwischen dem Salvatore Mundi, wo Simonetta entband, und der Klinik Santa Chiara, wo er Donatella untergebracht hatte, hin und her. Mit Vollgas preschte er über den Raccordo Anulare, winkte den Mädchen zu, die am Straßenrand unter rosa Sonnenschirmen auf Kundschaft warteten. Ivo fuhr viel zu schnell, um ihre Gesichter wahrnehmen zu können, doch er bezog sie alle in seine überschäumende Freude ein und wünschte ihnen nur das Beste.

Donatella gebar noch einen Jungen, Simonetta ein weiteres Mädchen.

Zuweilen wünschte sich Ivo, es wäre andersherum gekommen. Irgendwie empfand er es als Ironie, dass seine Frau ihm nur Töchter, seine Geliebte nur Söhne beschert hatte. Er hätte sich einen männlichen Erben zur Erhaltung des Familiennamens gewünscht. Dennoch war er ein zufriedener Mensch. Er hatte sechs gesunde Kinder, drei im Innen- und drei im Außendienst gezeugt, sozusagen. Er betete alle an, war ihnen ein großzügiger Vater, vergaß nie ihre Geburts- und Namenstage. Die Mädchen hießen Isabella, Benedetta und Camilla, die Jungen Francesco, Carlo und Luca.

Als die Kinder älter wurden, gestaltete sich für Ivo das Leben komplizierter. Seine Frau und seine Geliebte eingeschlossen, musste er sich acht Geburts- und acht Namenstage merken und die Ferien doppelt meistern. Er schickte die Kinder wohlweislich in weit voneinander entfernt gelegene Schulen. Die Mädchen besuchten Saint Dominique, das französische Konvent in der Via Cassia, während die Jungen in die Jesuitenschule Massimo gingen. Ivo pflegte Kontakt mit allen Lehrkräften, entzückte sie sämtlich mit seinem Charme, half den Kindern bei den Hausaufgaben, spielte mit ihnen, reparierte ihr Spielzeug. Es bedurfte seines ganzen Geschicks und eines respektablen Organisationstalents, um beide Familien gleich aufmerksam zu behandeln und sie noch dazu streng auseinanderzuhalten, aber er meisterte es. Er war, wahrhaftig, ein beispielgebender Vater, Ehemann, Liebhaber. Weihnachten blieb er zu Hause bei Simonetta, Isabella, Benedetta und Camilla. Zum Dreikönigsfest am 6. Januar verkleidete sich Ivo als Hexe und verteilte Geschenke und Zuckerwerk an Francesco, Carlo und Luca.

Seine Frau und seine Mätresse waren göttliche Wesen, die Kinder gescheit und hübsch. Er war auf sie alle ungeheuer stolz. Das Leben konnte nicht schöner sein.

Und dann schissen die Götter Ivo Palazzi mitten ins Gesicht.

Wie immer bei Katastrophen kam auch diese ohne Vorwarnung.

Am Morgen, vor dem Frühstück, hatte Ivo Simonetta geliebt. Nachdem er sich gestärkt hatte, war er gleich ins Büro gefahren, wo er den Vormittag gewinnbringend verbrachte. Punkt ein Uhr erklärte er seinem Sekretär -Simonetta bestand auf männlichem Vorzimmerpersonal -, dass er den Rest des Tages außerhalb auf einer Konferenz verbringen würde.

In Gedanken ganz auf die Freuden des Nachmittags eingestellt, umrundete er die Baustelle, welche die Straße am Lungo Tevere blockierte, wo seit sechzehn Jahren an einer Untergrundbahn gebaut wurde. Er überquerte die Brücke zum Corso Francia und fuhr eine halbe Stunde später in seine Garage an der Via Montemignaio. Sobald er die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, war ihm klar, dass irgend etwas ganz und gar nicht stimmte. Schluchzend klammerten sich Francesco, Carlo und Luca an ihre Mutter, und als Ivo auf Donatella zuging, sah sie ihn mit Augen so voller Hass an, dass er einen Moment glaubte, er befände sich in der falschen Wohnung.

»Strozzino!« kreischte sie ihm entgegen.

Völlig konsterniert sah Ivo in die Runde. »Carissima -Kinder, was um Gottes willen ist passiert? Was habe ich getan?«

Donatella schnellte hoch. »Was du getan hast, willst du wissen? Das hast du getan!« Und damit schleuderte sie ihm eine Ausgabe der Zeitschrift Oggi ins Gesicht. »Sieh dir’s nur an.«

Verwirrt bückte sich Ivo und hob das Heft auf. Das Titelbild grinste ihn an: ein Foto von ihm selbst, Simonetta und den drei Töchtern. Die Schlagzeile hieß »Padre di Famiglia«.

Dio! Das hatte er völlig vergessen! Monate zuvor hatte die Zeitschrift bei ihm um Erlaubnis nachgesucht, eine Story über ihn zu bringen, und er Narr hatte zugestimmt. Doch im Traum war ihm nicht eingefallen, dass sie die Geschichte so groß aufmachen würden. Völlig verstört sah er auf seine schluchzende Geliebte, die heulenden Kinder. »Das kann ich erklären...«

»Keine Sorge«, schrie Donatella, »du brauchst ihnen nichts mehr zu erklären, das haben ihre Schulkameraden schon gründlich besorgt. Meine Kinder kamen weinend nach Hause, weil sie von allen Bastard geschimpft werden.«

»Cara, ich-«

»Und der Hauswirt behandelt uns wie Aussätzige, und die Nachbarn erst! Wir können den Leuten nicht mehr ins Gesicht sehen. Ich muss die Kinder von hier fortbringen.«

Ivo sah sie schockiert an. »Wovon redest du überhaupt?«

»Ich verlasse Rom. Und meine Söhne nehme ich mit.«

»Das kannst du nicht tun«, protestierte er. »Das sind auch meine Söhne.«

»Versuch nur, mich aufzuhalten. Dann bring’ ich dich um!«

Ivo durchlebte einen Alptraum. Da stand er, sah seine Mätresse und seine drei Söhne ganz aufgelöst und konnte nur denken: So was passiert doch mir nicht!