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Retief lag auf dem Rücken und aß Weintrauben. Das Gras war weich und hoch, der Strom neben ihm rauschte beruhigend eintönig.

„Retief!“ schrie Hank und stolperte den Hügel herunter. „Sie haben den Preis des letzten Lesetages gewonnen. Zweihundert Scheffel, das ist ein Rekord. Kommen Sie mit in den Garten! Die Feier beginnt.“

In dem mit Blumen übersäten Garten führte Arapoulous Retief an eine Tafel, die unter bunten Lampions stand. Ein hochgewachsenes Mädchen in einem weißen, fließenden Gewand kam heran.

„Delinda, dies ist der Gewinner von heute“, stellte Arapou- lous die Blondine vor. „Außerdem hat er uns die Arbeiter beschafft.“

Delinda lächelte Retief an. „Wir waren anfangs skeptisch — Zweitausend Boganer, die sich über abhanden gekommenes Gepäck ärgerten. Aber dann hatten sie Spaß an der Lese.“

„Und an unseren Mädchen“, fügte Hank hinzu. „Wenn Bo- ganier keine Waffen haben, sind sie gar nicht so übel. Viele werden hierbleiben, denn unsere Mädchen mögen die Burschen auch. — Schade, daß Sie nichts von Ihrer Ankunft mitteilten, Retief. Ich hätte einen großen Bahnhof für Sie inszeniert.“

„War mir lieber so. Außerdem erfolgte meine Abreise sehr plötzlich. Mr. Magnan entschied gleich nach seiner Rückkehr, daß ich hier weit vom Schuß Erfahrungen sammeln sollte.“

„Sie haben ziemlich selbständig gehandelt. Wir danken es Ihnen, Mr. Retief. Delinda, kümmere dich um unseren Gast, ich muß zur Weinprobe. Entschuldigen Sie mich bitte.“

„Gratuliere, Mr. Retief!“ Delinda lächelte betörend. „Sie waren unerreicht bei der Lese. Es freut mich sehr, daß Sie den Preis bekommen.“

„Ich habe Sie auch hin und her flitzen sehen in Ihrem Nachthemdchen. Schade, daß Sie keine Chance hatten, den Preis zu gewinnen. Warum pflückten Sie nicht mit?“

„Wozu?“ Delinda nahm Retiefs Hand. „Ich bin der Preis.“

Das Jugend-Hilfswerk

Der Gesandte Magnan saß Retief gegenüber. Er setzte eine ernste Miene auf und wedelte ein Dokument hin und her.

„Dieses Hilfsprogramm wurde mir eben vom Kultur-Attache übergeben. Es befaßt sich mit der Unterstützung von Jugendgruppen.“

„Schöne Jugendliche! Durchschnittsalter fünfundsiebzig.“ Retief grinste.

„Die Fustianer sind eine langlebige Rasse“, entgegnete Ma- gnan unwillig. „Solche Angelegenheiten sind relativ. Mit fünfundsiebzig ist ein Fustianer im kritischen Alter.“

„Stimmt! Und da überlegt er sich nur, wie er andere in kritische Situationen bringen kann.“

„Genau!“ bestätigte Magnan. „Aber die Jugendbewegung ist eine große Neuheit hier auf Fust, und die Unterstützung von Jugendgruppen stellt einen klugen Schachzug des Terranischen Konsulats dar. Bisher hat jedes Botschaftsmitglied die Gelegenheit genützt, sich mit der Jugendgruppe, den Führern von morgen, auf guten Fuß zu stellen. Sie, Retief, der Botschaftsrat, sind die einzige Ausnahme.“

„Ich bin nicht davon überzeugt, daß ich den Halbstarken bei der Inszenierung ihrer Krawalle viel nützen könnte. Wenn Sie jedoch einen Pest-Verhinderungs-Ausschuß vorschlagen…“

„Für die Fustianer ist das kein Anlaß zu dummen Witzen“, unterbrach ihn Magnan gereizt. „Die Abteilung,Leibesübungen — Aufklärung — Kultur’, kurz LAK genannt, wartet seit Wochen auf Unterstützung.“

„Sie verlangen Geld für ein Klubhaus und Uniformen, damit sie stilgerecht Unheil anstiften können.“

„Wenn wir noch lange zögern kommt uns die croanische Botschaft zuvor. Sie ist hier sehr aktiv.“

„Ausgezeichnete Idee! In Kürze werden die Croanier pleite sein — und nicht wir.“

„Ich kann Sie nicht dazu zwingen, die Angelegenheit zu übernehmen. Jedoch.“ Er sprach nicht weiter.

„Ich dachte, Sie würden sich einmal positiv ausdrücken.“

„Halten Sie einen Diplomaten mit meiner Erfahrung für so naiv?“ lächelte Magnan.

„Die armen Fustianer. Die alten mag ich ja leiden. Nur schade, daß sie ’ne halbe Tonne Horn mit sich herumschleppen müssen. Vielleicht könnten fähige Chirurgen…“

„Lieber Himmel, Retief! Nicht einmal Ihnen hätte ich soviel Taktlosigkeit zugetraut. Wie können Sie von dieser heiklen Mißbildung sprechen?“

„Wer organisiert die Jugendgruppen?“ fragte Retief. „Hier auf Fust gibt es drei große Parteien. Wer steht hinter LAK?“

„Sie vergessen, daß wir es mit Teenagern zu tun haben. Politik bedeutet ihnen nichts — noch nicht.“

„Und was suchen die Croanier hier? Sonst interessieren sie sich nur für Geschäfte. Was kann Fust ihnen bieten?“

„Nichts. Fust befindet sich im Stahl-Zeitalter, und Croanie ist den Fustianern kaum voraus.“

„Kaum. Bis auf die Atombombe.“

Magnan schüttelte den Kopf und wandte sich seinen Papieren zu. „Sie sollten sich mit der Jugendbewegung befassen. Nichts sonst.“

„Sollte ich mich dazu entschließen, dann treffe ich die Kleinen nicht, ehe ich einen handlichen Schlagring habe.“

Retief verließ den flachen Bungalow, der die Terranische Botschaft beherbergte, nahm einen der rumpelnden Kästen, die als Taxis dienten, und lehnte sich gegen die harte Holzrückwand, als das Fahrzeug durch die Stadt und den am Horizont auftauchenden Schiffswerften entgegenrollte.

Es war ein kühler Morgen mit einer leichten Brise, die den Fischgeruch fustianischer Behausungen auf die breite Avenue wehte.

Einige erwachsene Fustianer stampften im Schatten der niedrigen Häuser einher. Sie schnauften hörbar unter der Last ihrer Rückenschilde.

Zwischen ihnen schritten stummelbeinige Junge ohne Panzer leicht dahin.

Der Fahrer, ein fustianischer Arbeiter, der sein Kastenzeichen auf dem Rücken trug, lenkte das schwerfällige Fahrzeug in das Tor der Werft.

„Und so habe ich mit beängstigender Geschwindigkeit die Werft erreicht. Ich kenne die Gewohnheiten der Nacktrücken. Sie sind immer in Eile.“

Retief stieg aus und reichte ihm eine Münze. „Sie sollten an Rennen teilnehmen“, sagte er. „Sie Todesfahrer!“

Retief ging über den unordentlichen Hof und klopfte an die Tür eines verfallenen Schuppens.

Innen knarrten Dielen, dann öffnete sich die Tür, und ein alter Fustianer mit einem verwitterten Rückenpanzer und fleckigen Gesichtsschuppen sah Retief forschend an.

„Mögest du lange schlafen“, sagte Retief. „Ich würde mich gern umsehen, wenn du nichts dagegen hast. Ihr legt heute ein neues Schiff auf Kiel?“

„Mögest du von den Tiefen träumen“, murmelte der Alte. Er winkte einigen ungepanzerten Fustianern, die an einem gewaltigen Kran standen. „Die Jungen verstehen mehr von Kielen als ich, der ich hier nur die Akten betreue.“

„Ich verstehe dich, Alter. Mir geht’s genauso“, sagte Retief mitfühlend. „Hast du hier Pläne des Schiffes? Es soll wohl ein Passagierschiff werden?“

Der Alte nickte. Er ging zu einem Karteikasten, zog eine Mappe mit Plänen heraus und legte sie auf den Tisch. Retief betrachtete die oberste Kopie und zeichnete mit dem Finger eine der Linien nach.

„Was hat der Nacktrücken hier zu suchen?“ rief eine tiefe Stimme hinter Retief. Er wandte sich um. Ein junger Fustianer, in einen Mantel eingehüllt, stand in der Tür. Mit seinen gelben Augen sah er Retief durchbohrend an.

„Ich wollte mir das neue Schiff ansehen“, sagte der Diplomat.

„Wir dulden hier keine neugierigen Ausländer.“ Sein Blick fiel auf die Pläne. „Mögen dich Alpträume heimsuchen, du Zittergreis! Weg mit den Plänen!“ schrie er den Alten an.

„Meine Schuld“, mischte sich Retief ein. „Ich wußte nicht, daß dies ein Geheimprojekt ist.“

Der Junge wackelte mit dem Kopf — ein Zeichen dafür, daß er unsicher war.

„Es ist nicht geheim. Wir haben nichts zu verbergen. Wir bauen ein Passagierschiff.“