„Sobald das Licht aufleuchtet, beginnen Sie. Es ist ein Spiel auf Zeit. Wenn das Licht erlischt und niemand den Ball im Netz hat, gewinnt die Bank.“
Die Arbeiter wandten kein Auge vor der Lampe, und als sie aufleuchtete, rissen sie die Hebel zu sich heran.
Der Turm wankte, und der Ball kam ins Rollen.
Magnan zog seinen Hebel. „Schneller, Retief! Die gewinnen.“
„Nach links“, brummte Retief und zog mit aller Kraft an seinem Hebel.
„Ich kann nicht mehr!“ Magnan ächzte.
Die beiden Arbeiter schwitzten und zerrten mit aller Kraft an den Hebeln. Der Turm neigte sich einige Zentimeter zu ihnen.
„Aus!“ Magnan sank keuchend in seinen Sessel zurück und ließ den Hebel los. „Mein Arm! Ich habe einen Muskelkrampf.“
Retiefs Adern schwollen an. Er packte beide Hebel und zog mit aller Gewalt. Der Turm neigte sich zu ihm hin, der Ball rollte auf den Rand zu, blieb in einer Vertiefung liegen, und Retief zerrte noch stärker.
Plötzlich blockierten Retiefs Hebel gleichzeitig. Der Turm zitterte und glitt dann in seine alte Lage zurück. Ein Hebel bogsich und brach ab. Retief packte den zweiten mit beiden Händen und zog. Ein Knall, und auch dieser Hebel löste sich aus dem Spieltisch. Ein Stück Kabel hing noch am unteren Ende des Metallgriffs.
„He!“ schrie der Kugelkopf. „Sie haben den Spieltisch ruiniert. Das kostet Sie fünfhundert Einheiten.“
„Weiß Zorn, daß hier betrogen wird?“ rief Retief laut.
Die Menge der Spieler umringte jetzt den Croupier und Retief.
„Sie nennen mich einen Betrüger? Das werden Sie zurücknehmen.“
„Wenn Sie mir nicht mein Geld zurückgeben, kriegen Sie den Hebel hier über den Schädel.“
„Jawohl, geben Sie’s ihm, Mister!“ schrie.jemand.
„Kommt hier rein und nennt Kippy einen Betrüger“, erklärte der Kugelkopf den Zuschauern, von denen er Unterstützung erhoffte. „Macht mir den Tisch kaputt.“
„Bezahlen!“ brüllte einer aus der Menge.
Ein breitschultriger Mann mit graumeliertem Haar kam heran. „Zahl, Kippy!“ sagte er scharf, und der Kugelkopf zog ein dickes Bündel aus seiner Innentasche. Er reichte Retief unwillig einen Hunderter.
Der Melierte sagte: „Kippy hat einen Fehler gemacht. Versuchen Sie’s mit einem anderen Spiel.“
„Kindereien! Haben Sie nichts Besseres?“
„Wie war’s mit Slam?“
„Was ist das?“
Retief und Magnan folgten dem Breitschultrigen zu einem hellerleuchteten Tisch, auf dem ein Glasbehälter stand. In der Mitte des Behälters hing ein durchsichtiger Kunststoffball von einem Meter Durchmesser. Er war zu einem Viertel mit Chips gefüllt. Auf dem Glaskasten waren Geräte montiert. Durch ein Loch konnte man einen Griff erreichen, der mit Leder gepolstert war.
„Bei Slam kann man gut verdienen. Sie können einsetzen, soviel Sie wollen. Ein Chip kostet hundert Einheiten. Man wirft den Chip hier ein.“ Der Melierte deutete auf einen Schlitz.
„Dann packt man den Griff. Wenn man ihn drückt, dreht sich die Kugel. Es gehört Kraft dazu. Sie sehen, daß der Ball mit Chips gefüllt ist. In der Kugel ist ein Loch. Solange Sie den Griff drücken, dreht sich die Kugel — je fester Sie drücken, um so schneller. Irgendwann dreht sie sich so, daß das Loch nach unten weist. Dann fallen Chips heraus. Wenn Sie loslassen und die Kugel stoppt, ist das Spiel aus. Und um die Spannung zu erhöhen, sind rings um die Kugel Kontaktplatten angebracht. Sobald sie mit dem Metallende des Griffs in Berührung kommen, schließt sich ein Stromkreis, und Sie spüren einen elektrischen Schlag. Selbstverständlich ist er ungefährlich. Sie brauchen nur festzuhalten, dann ist Ihnen der Gewinn sicher.“
„Wie oft wird das Loch nach unten gedreht?“ fragte Retief.
„Zwischen drei und fünfzehn Minuten. — Ach, übrigens, sehen Sie den Bleibrocken da oben?“ Der Melierte deutete auf einen Metallblock, der über dem Griff lag und von einem dik- ken Kabel gehalten wurde. „Ab und zu fällt er durch diesen Schacht hier auf den Griff. Vorher leuchtet eine Warnlampe auf. Durchschnittlich nach fünfzehn Minuten Spieldauer. Sie können diese Zeit verlängern, indem Sie neue Chips einwerfen, oder Sie können den Griff loslassen. Die dritte Möglichkeit ist, daß Sie das Risiko auf sich nehmen. Die Warnlampe ist nämlich manchmal ein Bluff.“
„Das Ding kann einem die Hand zerschmettern.“
„Kürzlich waren zwei Burschen hier, die es riskierten. Sie waren zu geizig, Chips einzuwerfen, und das kostete sie die Hände.“
„Wo bekomme ich die Chips?“
„Bei mir. Wie viele?“
„Einen.“
„Verschwender!“ Der Melierte kicherte und reichte Retief eine große Plastikscheibe.
Retief trat an die Maschine und warf den Chip ein. Dann steckte er den Arm durch die Öffnung und packte den Griff. Er konnte ihn gerade umklammern. Er drückte, und in dem Spielautomaten klickte es. Die Kugel drehte sich langsam. Die zehn Zentimeter breite Öffnung war gut zu sehen.
„Wenn die Öffnung wirklich nach unten kommt, fällt ’ne Menge raus“, sagte Magnan aufgeregt.
Plötzlich leuchtete ein grellweißes Licht auf.
„Schnell, einen Chip einwerfen!“ rief einer der Zuschauer.
„Sie haben nur zehn Sekunden.“
„Loslassen, Retief“, drängte Magnan.
Retief rührte sich nicht vom Fleck. Er warf einen flüchtigen Blick auf den Bleibarren, dann beobachtete er die Kugel. Sie drehte sich jetzt schneller. Das grelle Licht erlosch.
„Ein Bluff!“ flüsterte Magnan.
„Das war gefährlich, Fremder!“ sagte der Melierte.
Der Ball drehte sich immer rascher und schwang von einer Seite zur anderen. Die Öffnung schien Wellenlinien zu beschreiben; einmal war sie fast unten, dann schwang sie wieder noch oben.
„Sie muß gleich unten sein. Langsamer, Retief, damit genug rausfällt, wenn’s soweit ist.“
„Je langsamer, um so länger dauert es, bis sie unten ist“, sagte ein Zuschauer.
Es knisterte, und Magnan hörte, wie Retief Luft holte. Der Ball rotierte langsamer, und der junge Diplomat schüttelte den Kopf.
Der Breitschultrige las einen Wert von einer Skala ab. „Sie haben eben den nahezu stärksten Stromstoß abbekommen“, sagte er.
Das Loch in der Hülle der Kugel blieb jetzt unter der Mitte und schraubte sich langsam tiefer.
„Noch ein bißchen“, sagte Magnan.
„So schnell habe ich den Slam-Ball noch nie rotieren sehen“, sagte jemand. „Aber kann er noch länger aushalten?“
Magnan betrachtete Retiefs Knöchel. Sie waren weiß. Die Kugel rüttelte, schwang herum, und die Öffnung wies nach unten.
Zwei Chips fielen heraus, klapperten durch einen Schacht und blieben in einer schrägen Vertiefung außerhalb des Glaskastens liegen.
„Wir haben gewonnen. Hören wir auf“, sagte Magnan.
Retief schüttelte den Kopf.
Der Globus drehte sich weiter, schüttelte sich, und drei Chips fielen heraus.
„Das war’s!“ rief jemand.
„Jetzt kann der Bleibarren jeden Augenblick fallen!“ schrie ein anderer erregt. „Schneller, Mister!“
„Langsamer!“ rief Magnan. „Sonst ist die Öffnung mit einem Ruck vorbei.“
„Schneller, damit der Bleibarren Sie nicht erwischt!“ riet ein anderer.
Die Öffnung schwang nach oben, dann zur Seite. Chips fielen heraus, sechs, acht.
„Noch eine Drehung!“ schrie ein Zuschauer.
Das grellweiße Warnlicht zuckte auf. Die Kugel ruckte, rüttelte sich, die Öffnung schwang nach unten, ein Chip fiel heraus, dann zwei.
Retief hob sich auf die Zehenspitzen, biß die Zähne zusammen, daß die Backenknochen hervortraten, und preßte den Griff mit aller Kraft.
Funken sprühten, der Ball rotierte langsamer und spuckte Chips aus. Jetzt hörte die Kugel auf, sich zu drehen, schwang zurück, vom Gewicht der Chips nach unten gezogen, und dann klapperte es in der Rückgabeschale. Sie füllte sich mit Chips, floß über, und die Spielmarken regneten auf den Boden.