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„Ganz bestimmt nicht. Wir haben eine Landzunge beobachtet, und das Meer ist noch immer an der gleichen Stelle, während wir nähergekommen sind. Dieses Stück Küste unterscheidet sich in einer Beziehung deutlich von seiner Umgebung, so daß wir es gut im Auge behalten konnten, obwohl erst jetzt zu erkennen ist, was sich dort befindet.“

„Was befindet sich denn dort?“ fragte Raeker, der deutlich spürte, daß diese Frage erwartet wurde.

Easy bedachte ihn mit dem Blick, den Kinder für Erwachsene reservieren, die einen unverzeihlichen Fehler gemacht haben.

„Ungefähr fünfzig Eingeborene“, sagte sie.

11

Nick starrte zum hundertstenmal in die Richtung, in der das Meer lag. Er hätte fast einen Wutanfall bekommen. Selbstverständlich war das Meer von hier aus nicht zu sehen; das Lager war weit von ihm entfernt aufgeschlagen worden, um nachts nicht überflutet zu werden, aber Nick wußte, daß das Meer dort lag. Er wollte es jedoch sehen und sogar darauf herumfahren. Er wollte es erforschen und in seine Karte aufnehmen. Mit dem letzten Problem beschäftigte er sich einige Zeit, bis er den Gedanken vorläufig fallenließ. Fagin würde ihm erklären, wie man dabei vorzugehen hatte; in der Zwischenzeit mußte vor allem ein Boot gebaut werden.

Das war wieder ein Grund zu neuem Ärger, denn bevor die Suchmannschaften zurück waren, war an den Bau nicht zu denken. Selbstverständlich waren Nick und Betsey nicht den ganzen Tag lang mit Viehhüten und Holzsammeln beschäftigt, aber trotzdem konnten sie nicht gleichzeitig auf die Jagd gehen; und für das Boot wurden sehr viele Felle benötigt.

Nick konnte die Zahl nicht schätzen, und Fagin hatte sich zu seiner Überraschung geweigert, den Bedarf zumindest überschlägig anzugeben. Das war allerdings nur vernünftig, denn Raeker, der selbst kein Physiker war, kannte weder die genaue Dichte des Meeres noch die Tragfähigkeit eines der geplanten Luftkissen noch das wirkliche Gewicht jedes seiner Schüler. Deshalb gab er Nick nur den guten Rat, er solle sich selbst mit diesem Problem beschäftigen — eine Methode, die in der Vergangenheit stets zu guten Ergebnissen geführt hatte.

Trotzdem mußte jemand auf die Jagd gehen, denn es wäre unsinnig gewesen, ein Stück Vieh für diesen Versuch zu opfern. Betsey suchte die umliegenden Täler in der Hoffnung ab, dort etwas Geeignetes zu finden — die Schwebetiere in der Umgebung kamen schon lange nicht mehr in die Nähe der Herde, und die vielen, die es früher doch versucht hatten, waren schon längst von Aasfressern vertilgt worden. Außerdem wäre ihre Haut ohnehin zu dünn gewesen, um gutes Leder zu liefern.

Natürlich bestand kein Zweifel daran, daß Betsey mit einem geeigneten Fell zurückkommen würde, aber Nick wünschte, sie würde sich etwas beeilen.

Geduld war nicht eben seine Stärke, was sogar Easy bereits aufgefallen war.

Als Betsey endlich zurückkam, war Nicks Zorn sofort verflogen; sie hatte nicht nur eine geeignete Haut mitgebracht, sondern sie auch gleich entschuppt, so daß Nick sich damit nicht mehr aufhalten mußte. Betsey hatte daran gedacht, zu welchem Zweck die Haut dienen sollte, und hatte sie so wenig wie möglich zerschnitten; trotzdem blieb noch viel Arbeit zu tun, wenn daraus ein einigermaßen dichter Sack werden sollte.

Die Zubereitung des Leims nahm beträchtliche Zeit in Anspruch, obwohl das Zeug keine lange Trockenzeit erforderte — genau genommen trocknete der Leim nicht völlig, sondern bildete nur eine genügend klebefähige Schicht zwischen verschiedenen Materialien.

Schließlich war der Sack fertiggestellt und wurde zu dem Teich hinuntergetragen, an dem der Versuch mit dem Eimer stattgefunden hatte.

Nick warf den Sack hinein und war nicht im geringsten überrascht, als er ebenfalls schwamm; das war schließlich nicht der Zweck des Versuchs. Dann watete er selbst in den Teich hinein und versuchte auf den Sack zu klettern.

Das Ergebnis seiner Bemühungen erschien weder Nick noch Betsey besonders amüsant, aber als Raeker später davon hörte, bedauerte er doch, daß er das Experiment nicht verfolgt hatte. Nick verfügte über einen guten Gleichgewichtssinn, was allerdings kein Wunder war, nachdem er sein ganzes Leben auf einem Planeten verbracht hatte, dessen Oberfläche sich gelegentlich plötzlich veränderte; aber dem mit Luft gefüllten Sack, der auf dem Teich schwamm, war er doch nicht gewachsen.

Das Ding wollte einfach nicht unter ihm bleiben, obwohl er sich alle erdenkliche Mühe gab, seine acht Arme und Beine so zu gebrauchen, daß er es kontrollieren konnte. Immer wieder fiel er in den Teich zurück, der ihm zum Glück nur bis zur Hüfte reichte; dabei glich er einem Zehnjährigen, der auf einem riesigen Wasserball das Gleichgewicht zu halten versucht.

Es dauerte einige Zeit, bis der Versuch ein brauchbares Ergebnis zeigte, denn Nick wurde von Mal zu Mal wütender und wollte unbedingt beweisen, daß er mit diesem Problem fertig werden konnte. Erst nach zahlreichen vergeblichen Anläufen machte er eine Pause und überlegte. Da er nicht dumm war und zudem wußte, welche Kräfte hier zu berücksichtigen waren, fiel ihm schließlich eine Lösung ein.

Auf seine Anweisung hin watete Betsey ebenfalls in den Teich hinein, stellte sich auf der anderen Seite des Sackes auf und griff von dort aus nach Nicks Händen. Dann setzten sie vorsichtig nacheinander die Füße auf den Sack und brachten es tatsächlich fertig, nicht sofort wieder in den Teich zu fallen. Leider wurde dadurch aber auch überzeugend bewiesen, daß der eine Sack sie nicht beide tragen konnte; er verschwand nämlich tief unter der Oberfläche.

Nick und Betsey wateten ans Ufer zurück und zogen den Sack hinter sich her. „Ich habe noch immer keine Ahnung, wie viele wir brauchen, aber anscheinend sind es eine ganze Menge“, stellte er fest. „Wahrscheinlich werden wieder zwei bei der Herde bleiben müssen, während die anderen sich auf den Weg machen.

Meiner Meinung nach können wir vorläufig nichts Besseres tun, als möglichst viele Säcke herzustellen.“

„Du hast etwas vergessen“, meinte Betsey. „Wie sehen wir überhaupt nach Fagins Anweisungen arbeiten, wenn wir nur mit Mühe das Gleichgewicht halten können? Ich finde, daß dieses Problem auch noch gelöst werden muß.“

„Richtig“, stimmte Nick zu. „Nachdem wir selbst einen Versuch unternommen haben, erzählt Fagin uns vielleicht eher, was wir noch tun können. Wenn nicht, können wir uns vielleicht an Easy wenden, deren Stimme er uns aus dem Schiff schickt, das wir suchen sollen.

Mir ist übrigens vorher etwas eingefallen, Betsey.

Du hast doch auch gehört, daß er erklärt hat, wie Maschinen Stimmen von einem Ort zum anderen schikken können. Vielleicht ist Fagin gar nicht hier unten bei uns; vielleicht ist er nur eine Maschine, die uns seine Stimme bringt? Was hältst du davon?“

„Sehr interessant und vermutlich möglich; aber welchen Unterschied macht es denn?“

„Natürlich keinen. Ich möchte es nur wissen; du weißt selbst, daß Fagin immer behauptet, je mehr man weiß, desto besser kommt man im Leben zurecht. Bisher vermute ich das alles nur, aber ich werde darauf achten, ob ich nicht doch einen schlüssigen Beweis finde.“

„Vielleicht erzählt er es dir sogar selbst, wenn du ihn danach fragst“, meinte Betsey nachdenklich.

„Normalerweise beantwortet er doch alle Fragen bis auf die wenigen, bei denen er der Meinung ist, daß wir uns weiterbilden, wenn wir die Antwort selbst suchen; aber wie wäre das in diesem Fall möglich, ohne den Lehrer auseinanderzunehmen?“

„Du hast recht, ich werde ihn danach fragen. Aber im Augenblick ist das Boot wirklich wichtiger. Befassen wir uns lieber damit; wir können die andere Frage später immer noch stellen, ohne daß wir uns einen Vortrag anhören müssen, in dem wir ermahnt werden, uns nicht an Kleinigkeiten zu verzetteln.“

„Einverstanden.“ Während dieser Unterhaltung hatten Nick und Betsey den Hügel erklettert, auf dem der Roboter zwischen den Habseligkeiten der Gruppe stand. Hier berichteten sie die Ergebnisse ihres Experiments. Fagin hörte bis zum Ende schweigend zu.