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„Vielleicht“, gab Nick zu.

„Du scheinst nicht recht überzeugt zu sein. Wo siehst du einen Fehler?“

„Ich habe einige Wochen bei den Höhlenbewohnern verbracht und bin mit ihnen auf der Jagd gewesen — aber in der ganzen Zeit bin ich weder ans Meer gekommen noch habe ich Swifts Leute davon erzählen hören. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß die Lichter des gesuchten Schiffes aus einer Entfernung von hundert Kilometern sichtbar sein sollen — und das wäre erforderlich, damit beide Tatsachen miteinander vereinbar sind.“

„Hm. Das hätte ich auch berücksichtigen müssen.

Vielleicht lohnt es sich doch, die Lichtquelle aus der Nähe zu besichtigen. Jedenfalls werden wir mehr darüber erfahren, wenn John und Nancy zurückgekommen sind.“

„Richtig“, stimmte Nick zu, „aber vielleicht werden wir auch davon nicht schlauer. Ich muß jetzt wieder an die Arbeit — dabei kommt wenigstens bestimmt etwas Konstruktives heraus.“ Er entfernte sich wortlos und überließ den verblüfften Raeker seinen Gedanken.

Nachdem nun zwei weitere Jäger zur Verfügung standen kam die Arbeit rascher voran, als Nick zuvor angenommen hatte. In der Umgebung des neuen Lagers lebten selbstverständlich mehr Raubtiere als um das alte Dorf herum, so daß die Häute ebenso schnell angeliefert wurden, wie sie verarbeitet werden konnten. Ein Luftkissen nach dem anderen wurde an den Rahmen gebunden, wobei Nick und Betsey nach ihren üblen Erfahrungen besonders darauf achteten, daß das Gleichgewicht erhalten blieb.

Am späten Nachmittag war es jedoch bereits zu einem Problem geworden, überhaupt noch genügend Platz für weitere Luftkissen zu finden, denn die Unterseite des Rahmens war völlig mit ihnen besetzt. Allerdings wagte niemand zu schätzen, wieviel dieses merkwürdige Floß aushalten würde; das hatte Zeit bis später, wenn die Tragfähigkeit durch einen Versuch bestimmt werden konnte.

Die Arbeit ging selbstverständlich nicht ohne gelegentliche Unterbrechungen vor sich. Nick und seine Freunde mußten essen, Holz für die Nacht sammeln und die Herde hüten. Letztere Tätigkeit verschaffte der „Werft“ allerdings gleichzeitig einige Häute, aber die damit verbundenen Kämpfe waren weniger gewinnbringend. Zur allgemeinen Überraschung wurde das Vieh einige Male sogar von Schwebetieren angegriffen.

Diese Wesen waren einigermaßen intelligent und begriffen meist schon nach kurzer Zeit, wann ihnen irgendwo Gefahr drohte. Da sie zudem ziemlich langsam flogen — Easy hatte sie völlig richtig mit riesigen Quallen verglichen, die sich unbeholfen bewegten —, war es im allgemeinen ausreichend, einige von ihnen zu erlegen, um die Überlebenden davon zu überzeugen, daß die Herde gut genug bewacht wurde.

Nick und seine Freunde waren davon überzeugt gewesen, sie hätten dieses Ziel in dem neuen Lager bereits erreicht; aber an diesem Nachmittag mußten sie innerhalb einer Stunde vier dieser Lebewesen abwehren, um die Herde zu schützen. Diese Situation war nicht nur ungewöhnlich, sondern auch schmerzlich; ein guter Jäger konnte den Angreifer zwar leicht zu Boden zwingen, aber dabei geriet er unweigerlich in den Bereich der langen Nesselfäden, deren Gift kurzzeitige Lähmungen hervorrief.

Dieser eigenartige Umstand erregte natürlich die Aufmerksamkeit der vier Freunde, die sogar die Arbeit an dem Floß für kurze Zeit unterbrachen, um darüber zu diskutieren. Daß gelegentlich ein Schwebetier aus Zufall in eine andere Gegend geriet, war durchaus möglich — aber vier innerhalb einer Stunde konnten sich nicht zufällig verirrt haben. Trotzdem war keine Erklärung für dieses Phänomen zu finden, denn aus der Bewegungsrichtung einzelner Tiere war nicht auf einen regelrechten Zug nach Südwesten zu schließen, wo der Vulkan lag. Deshalb nahmen die vier den Wind erst wahr, als er gegen Abend auffrischte.

Unterdessen war das Floß fertiggestellt, denn es bot keinen Platz für weitere Luftkissen mehr. Keiner wußte, wie viele Leute es tragen konnte, aber das ließ sich am besten durch einen Versuch ermitteln, der am Meer vorgenommen werden sollte.

Als die Gruppe jedoch die Feuer anzündete, erkannte sie sofort, daß die Regentropfen nicht senkrecht nach unten sanken. Dies war das gleiche Phänomen, das John und Nancy bereits in der Nacht zuvor beobachtet hatten, aber hier war zudem keine Ursache dafür zu erkennen. Nach einer kurzen Besprechung entschied Nick, daß im Nordosten drei zusätzliche Feuer entzündet werden sollten, während drei an der entgegengesetzten Seite nicht unterhalten wurden, um Holz zu sparen. Kurze Zeit später ließ er noch mehr Feuer im Südwesten ausgehen, da aus dieser Richtung überhaupt keine Tropfen herabsanken. Dann besprach er die Angelegenheit mit Fagin.

„Ich weiß“, antwortete der Lehrer. „Um das Schiff herum ist die gleiche Erscheinung zu beobachten, hat Easy vorher berichtet. Die Tropfen schweben ganz deutlich auf die Küste zu. Zu dumm, daß sie die Richtung nicht feststellen kann; dann wüßten wir wenigstens, ob die Küste wirklich ausbiegt, oder ob die Regentropfen sich etwa in verschiedenen Richtungen bewegen. Beide Feststellungen könnten uns weiterhelfen.“

„Vermutlich spürt sie keinen Wind?“ fragte Nick.

„Nicht im Innern des Schiffes. Spürst du einen?“

„Nur eine ziemlich schwache Luftbewegung, die aber stärker zu werden scheint.“

„Vergiß nicht, mir jede Veränderung mitzuteilen“, mahnte Raeker. „Wir benachrichtigen dich sofort, wenn sich eine Erklärung für das Phänomen herausgestellt hat.“ Diesmal benützte Raeker das Wort wir zu Recht; der Kontrollraum füllte sich allmählich mit Geologen, Ingenieuren und anderen Wissenschaftlern. Die Nachricht, daß Tenebra zum erstenmal seit über eineinhalb Jahrzehnten seine Beobachter vor ein wirkliches Rätsel stellte, hatte sich wie ein Lauffeuer durch die Vindemiatrix verbreitet.

Easy und der junge Drommianer beschrieben unterdessen genau die Wirkung des nächtlichen Regens auf die Meeresoberfläche. Der Bathyskaph wurde landeinwärts geschwemmt bis er allmählich wieder zu sinken begann, weil der Regen die Schwefelsäure zu sehr verdünnte. Aber selbst dann ließen gelegentliche Stöße darauf schließen, daß die Bewegung noch nicht zum Stillstand gekommen war.

„Jetzt ist nichts mehr zu erkennen, Dad“, sagte Easy schließlich. „Außerdem sind wir beide ziemlich müde und wollen lieber schlafen. Du kannst uns aber jederzeit aufwecken, falls es sich als notwendig erweisen sollte.“

„Einverstanden, Easy“, antwortete ihr Vater für sich und die anderen Zuhörer. „In Nicks Lager ist alles unverändert — bis auf den Wind, der aber mehr überraschend als gefährlich zu sein scheint.“ Das Mädchen nickte lächelnd und verschwand dann aus dem Bereich des Bildschirms.

Von da ab konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf die Bildschirme des Roboters, auf denen die Oberfläche des Planeten sichtbar war.

Aber auch dort zeigte sich nur wenig Neues; der Roboter stand wie üblich in der Mitte eines Kreises, der aus Feuerstellen gebildet wurde. Allerdings verteilten die Eingeborenen sich heute nacht nicht gleichmäßig auf die Feuer; drei hielten sich im Nordosten auf, während der vierte die Feuer an den drei verbleibenden Seiten versorgte.

Die Ursache für dieses Verfahren wurde schon nach wenigen Minuten offenbar; für jedes Feuer, das an den drei Seiten ausging, erloschen mindestens ein Dutzend im Nordosten. Von Zeit zu Zeit mußte sogar ein Feuer in dem inneren Kreis neu angezündet werden, wenn ein Regentropfen durch eine plötzlich entstandene Lücke in dem äußeren Ring schwebte. Allerdings schien keine unmittelbare Gefahr zu bestehen; die Eingeborenen waren alle bei Bewußtsein und ließen sich keineswegs aus der Ruhe bringen.

Während Raeker beim Essen gewesen war, hatte sein Assistent einen der Schüler eine bestimmte Strecke abschreiten lassen, die er mit der bekannten Länge des Roboters vergleichen konnte. Dann hatte er aus der Zeit, die ein Regentropfen für diese Entfernung benötigte, die Windgeschwindigkeit bestimmt.