Kurze Zeit später wurde der Bathyskaph an genau der Stelle entdeckt, wo die Eingeborenen ihn vor achtundvierzig Stunden zurückgelassen hatten. Die beiden Väter waren natürlich erleichtert, aber die Wissenschaftler rätselten weiter, bis einer auf die gute Idee kam, daß das Wasser eben nicht mehr genügend Tragfähigkeit besessen habe, denn in dieser Entfernung von der Küste bestand das Meer fast nur noch aus reinem Wasser. Raeker schüttelte nur den Kopf, als er diese Erklärung hörte, mit der die Wissenschaftler zufrieden zu sein schienen. Er fragte sich, welche Ausrede Swift sich hatte einfallen lassen, erkundigte sich aber nicht danach.
Er war wieder einmal damit beschäftigt, die Eingeborenen durch die Augen des Roboters zu beobachten, um herauszubekommen, was sie vorhatten.
Der Stamm ging in kleinen Gruppen auf die Jagd — das war aus der Bewaffnung zu erkennen —, wobei jede Gruppe von einem Schüler begleitet wurde, der seine Axt mitnahm. Das Floß überquerte den Teich, bis es den Bathyskaphen erreicht hatte; Swift und andere schienen sich dort mit Easy zu unterhalten, während sie das Schiff untersuchten. Schließlich versuchten sie sogar die Oberseite des Bathyskaphen zu erklettern, sprangen aber rasch wieder auf das Floß, als der runde Schiffskörper sich zu drehen begann.
Einer der Eingeborenen fiel dabei in den Teich, verlor das Bewußtsein und mußte von den übrigen mühsam ans Ufer geschoben werden. Im Verlauf der Rettungsaktion gelangte das Floß etwas näher an den Roboter, so daß Raeker ein Gespräch zwischen Nick und Betsey verfolgen konnte.
„Auf diese Weise könnten wir eine Menge Zeit sparen. Wenn die beiden Lehrer nichts dagegen einzuwenden haben, rollen wir das Ding einfach ans Ufer und arbeiten dann daran weiter.“
„Wahrscheinlich müssen wir es auf jeden Fall tun, wenn Swift erst einmal auf die Idee kommt“, antwortete Betsey. „Vielleicht fragen wir lieber erst auf Englisch.“
„Einverstanden.“ Die beiden Eingeborenen schoben das Floß in den Teich und paddelten zu dem Schiff zurück. Raeker wußte, was dort besprochen werden sollte, und rief die Ingenieure an.
„Kann der Bathyskaph beschädigt werden, wenn er auf den Rücken gedreht wird?“ fragte er ohne weitere Einleitung. „Die Eingeborenen wollen ihn aus dem Teich rollen!“
Die Männer in der Konstruktionsabteilung sahen sich gegenseitig an und zuckten mit den Schultern.
„Eigentlich kaum“, antwortete schließlich einer von ihnen. „Der Bathyskaph ist stabil genug gebaut und für jede Fluglage konstruiert. Die Kinder fallen vielleicht durcheinander, aber sonst ist nichts zu befürchten.“
„Gott sei Dank“, sagte Raeker erleichtert und sah wieder auf die Bildschirme. Das Floß befand sich auf der Rückfahrt, um Swift aufzunehmen, der am Ufer stand. Als Nick, Betsey und der Häuptling den Bathyskaphen erreicht hatten, begannen Betsey und Swift an der Außenseite nach oben zu klettern, wodurch sich der Schiffskörper drehte. Die beiden bewiesen eine überraschende Geschicklichkeit und dirigierten das Schiff auf das Ufer zu, während Nick das Floß für Notfälle in Bereitschaft hielt.
Zwei Umdrehungen genügten, um das Schiff in seichtes Wasser zu bringen, wo die übrigen Eingeborenen zugreifen konnten. Nach drei weiteren Umdrehungen stand der Bathyskaph in der richtigen Lage am Ufer, wo sich eine Komplikation ergab, weil er zurückrollte, als der Druck gegen die Außenwand nachließ. In diesem Augenblick griff Raeker helfend ein und gab Nick den guten Rat, einige größere Holzstücke unter den Schiffskörper zu schieben. Als der Bathyskaph endlich sicher in der Nähe des Roboters stand, dachte Raeker, daß jetzt die Zeit für ein Informationsgespräch gekommen sei, und benützte den Lautsprecher der Maschine.
„Guten Morgen, Easy. Jetzt sind wir endlich beisammen.“
„Guten Morgen, Doktor Raeker. Ja, Ihre Schüler sind hier. Ich dachte, daß wir ohne sie auskommen würden, aber sie haben uns doch viel helfen können.
Bleiben Sie hier, um den Rest zu beobachten?“
Der Biologe war einigermaßen verblüfft, um es milde auszudrücken.
„Beobachten? Die Arbeit fängt doch erst an! Ich verständige jetzt die Ingenieure und lasse sie zuhören, während ich Nick und den anderen erkläre, was sie zu tun haben; Sakiiros Leute wären bereits hier, wenn sie gewußt hätten, daß die Arbeit so rasch beginnen kann. Wir müssen feststellen, welche Drähte korrodiert sind und sie dann…“ An dieser Stelle wurde er von Easy unterbrochen.
„Tut mir leid, Doktor, aber mir wäre es lieber, wenn Nick die Finger von den Drähten ließe. Ich verstehe selbst nichts davon und glaube nicht, daß er fehlerlos arbeiten könnte. Wir starten ohnehin bald, deshalb möchte ich Sie bitten, ihn von den Inspektionsluken fernzuhalten, falls sie wirklich offenstehen.“
Easy sprach so freundlich wie immer, aber der bestimmte Tonfall ihrer Stimme ließ die Worte fast wie einen Befehl erklingen. Raeker war überrascht und empört.
„Was soll das heißen, Miß Rich?“ erkundigte er sich wütend. „Warum muß Nick plötzlich lieber die Finger von den Drähten lassen? Wer soll denn sonst die Arbeit ausführen? Vielleicht etwa Swift? Wir haben uns bereits vor einigen Wochen auf diesen Plan geeinigt, und Sie können jetzt nicht einfach…“
„Doch, doch, ich kann! “ unterbrach ihn Easy freundlich, aber bestimmt. „Swift tut, was ich sage, und Nick tut, was Swift anordnet. Wir wollen es zunächst mit Swifts Idee versuchen; ich bin davon überzeugt, daß wir Erfolg haben, aber wenn etwas schiefgeht, kommen wir gern auf Ihren Vorschlag zurück.“
Raeker sah sich hilflos um; das Mädchen hatte recht. Er konnte ihr seinen Willen nicht aufzwingen.
Vielleicht Easys Vater …? Nein; Richs Gesichtsausdruck zeigte deutlich eine gewisse Zufriedenheit. Der Biologe zuckte mit den Schultern und fügte sich in das Unvermeidbare.
„Okay, Easy. Wollen Sie mir nicht wenigstens erklären, was Swift vorhat? Warum haben Sie zu diesem ungebildeten Höhlenbewohner mehr Vertrauen als zu Nick und mir?“
„Die anderen Wissenschaftler halten ihn keineswegs für ungebildet“, antwortete Easy spitz. „Wenn ich Ihnen den Plan erkläre, erfährt Aminadabarlee davon und macht meinen Vater nervös. Sehen Sie uns ruhig zu; es dauert bestimmt nicht mehr lange.“
„Was hält Ihr junger Freund von dem Gedanken, seinen Vater nicht zu informieren?“
„Du hast nichts dagegen, nicht wahr, ›Mina‹?“
„Nein“, stimmte der junge Drommianer zu. „Dad hat mir gesagt, daß ich alles tun muß, was Easy sagt, und außerdem war er nicht nett zu ihr. Wir werden es ihm schon zeigen!“
Raeker zog die Augenbrauen in die Höhe und war plötzlich wieder in etwas optimistischerer Stimmung.
Wenn die beiden diesen Aminadabarlee hereinlegen wollten …
Dann wurde offenbar, was Swift vorhatte. Eine Gruppe von Jägern erschien und schleppte ein Schwebetier hinter sich her. Die gefährlichen Fangarme und Nesselfäden waren entfernt worden — deshalb hatte also jede Gruppe einen mit einer Axt bewaffneten Eingeborenen mitgenommen — und die meisten der Gaszellen waren durchlöchert, damit das Tier am Boden blieb. Andererseits waren noch genügend Zellen gefüllt, über deren beabsichtigte Verwendung jetzt kaum noch ein Zweifel bestehen konnte.
Die Wasserstoffzellen des Bathyskaphen waren selbstverständlich mit Druckausgleichventilen ausgerüstet, die verhinderten, daß in den einzelnen Zellen ein gefährlicher Überdruck entstehen konnte. Diese Öffnungen waren normalerweise geschlossen, aber es war durchaus möglich, von außen ein dünnes Rohr in sie hineinzuschieben und die Zelle mit Gas oder einer Flüssigkeit zu füllen.
Genau das taten die Eingeborenen unter Nicks Anleitung jetzt; Raeker konnte nicht erkennen, was sie als Rohr benützten, war aber keineswegs überrascht, daß sie eines improvisiert hatten. Der Transfer des Gases von einer Zelle in die andere gelang natürlich nicht restlos, aber niemand schien sich deswegen Sorgen zu machen. Schließlich standen Schwebetiere in jeder beliebigen Menge zur Verfügung.