Выбрать главу

Nora stand vom Tisch auf, um zu sehen, welchen Namen der Hund für passend hielt.

MICKY.

»Auf keinen Fall«, sagte sie. »Mein Kind wird nicht nach einer Maus in einem Comicstrip heißen.«

DONALD.

»Und nicht nach einer Ente.«

PLUTO.

»Pluto? Jetzt werd gefälligst mal ernst. Pelzgesicht.«

GOOFY

Nora hinderte ihn entschieden daran, die Pedale des Buchstabenmechanismus weiter zu betätigen, sammelte die gebrauchten Buchstaben ein und legte sie weg, schaltete das Licht in der Speisekammer aus und kehrte zum Tisch zurück. »Ihr haltet das vielleicht für spaßig«, sagte sie zu Travis und Jim, die vor Lachen fast erstickten, »aber ihm ist das ernst!«

Nach dem Essen saßen sie im Wohnzimmer um den Weihnachtsbaum und unterhielten sich über viele Dinge, darunter auch Jims Absicht, sich noch einen weiteren Hund zuzulegen. »Pooka braucht einen Gefährten«, meinte der Tierarzt. »Er ist jetzt beinahe eineinhalb Jahre alt, und ich bin der Ansicht, daß das Zusammensein mit Menschen für sie nicht ausreicht, wenn sie einmal aus dem Welpenstadium heraus sind. Sie werden genauso einsam wie wir. Und da ich diese Absicht habe, könnte ich ebensogut ein reinrassiges Labradorweibchen kaufen und auf die Weise später vielleicht sogar ein paar nette Welpen zu verkaufen haben. Also wird er nicht bloß einen Freund, sondern eine Gefährtin bekommen.«

Nora hatte nicht bemerkt, daß Einstein sich für diesen Teil der Unterhaltung mehr interessierte als für das, was sonst gesprochen wurde. Aber später, nachdem Jim und Pooka nach Hause gefahren waren, fand Travis eine Botschaft in der Kammer und rief Nora, damit sie sie auch sehen könne.

GEFÄHRTIN.

Der Retriever hatte darauf gewartet, daß sie die aufgereihten Steine bemerkten. Jetzt tauchte er hinter ihnen auf und sah sie mit fast spöttisch wirkender Miene an.

Nora sagte: »Meinst du, du hättest gerne eine Gefährtin?«

Einstein schlüpfte zwischen ihnen durch in die Speisekammer, löschte das, was er ausgelegt hatte, indem er die Steine wegschob, und gab Antwort.

DARÜBER NACHDENKEN.

»Aber hör mal zu, Pelzgesicht«, sagte Travis. »Du bist doch etwas Einmaliges. Es gibt sonst keinen Hund wie dich.«

Der Retriever dachte darüber nach, ließ sich aber nicht abbringen.

LEBEN IST GEFÄHRTE. TEILEN.

»Du hast unser Versprechen, daß wir darüber nachdenken, und dann reden wir noch einmal darüber«, sagte Travis. »Jetzt wird es langsam spät.«

Einstein verfaßte schnell noch eine weitere Botschaft: BABY MICKY?

»Kommt überhaupt nicht in Frage!« sagte Nora.

Nachts im Bett, nachdem sie und Travis sich geliebt hatten, sagte Nora: »Ich möchte wetten, daß er wirklich einsam ist.« »Jim Keene?«

»Nun, ja, ich wette, der ist auch einsam. Er ist ein so netter Mann und würde wirklich einen großartigen Ehemann abgeben. Aber Frauen sind in bezug auf das Aussehen genauso wählerisch wie Männer, meinst du nicht? Die mögen einfach keine Männer mit Spanielgesichtern. Die heiraten lieber Schönlinge, von denen sie die Hälfte der Zeit wie Dreck behandelt werden. Aber ich hab' nicht Jim gemeint. Ich habe Einstein gemeint. Er muß hier und da einsam sein.«

»Wir sind doch die ganze Zeit mit ihm zusammen.«

»Nein, in Wirklichkeit sind wir das nicht. Ich male, und du tust auch Dinge, bei denen der arme Einstein nicht mit dabei ist. Und falls du wieder ins Immobiliengeschäft einsteigst, wird es häufg so sein, daß Einstein gar niemanden hat.«

»Er hat seine Bücher. Er liebt Bücher.«

»Vielleicht reichen Bücher nicht«, sagte sie.

Dann herrschte lange Zeit Stille, und sie dachte, Travis wäre eingeschlafen. Doch dann sagte er: »Wenn Einstein eine Gefährtin hat und Welpen bekäme - wie würden die denn sein?«

»Du meinst - ob sie so klug sein werden wie er?«

»Das würde ich gerne wissen... Mir scheint, daß es drei Möglichkeiten gibt. Erstens: Wenn seine Intelligenz nicht vererbbar ist, werden seine Welpen ganz gewöhnliche Welpen sein. Zweitens: Falls sie vererbbar ist, aber die Gene der Hündin die Intelligenz verwässern, werden die Welpen schlau sein, aber nicht so schlau wie ihr Vater; und jede darauffolgende Generation wird schwächer, weniger klug, dümmer sein, bis am Ende seine Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßwelpen wieder ganz gewöhnliche Hunde sind.«

»Und die dritte Möglichkeit?«

»Da Intelligenz ein Überlebensfaktor ist, könnte es sein, daß sie genetisch dominant ist, sehr dominant.«

»Und in diesem Fall wären seine Welpen genauso schlau wie er.«

»Und deren Welpen auch, immer wieder, bis es mit der Zeit eine Kolonie intelligenter Golden Retrievers gibt. Tausende davon, überall auf der Welt.

Dann herrschte wieder Stille.

Schließlich sagte sie: »Mann!«

Und Travis: »Er hat recht.«

»Was?«

»Das ist wirklich etwas, worüber es sich lohnt nachzudenken.«

4

Vince Nasco hatte nie damit gerechnet, wenigstens damals im November nicht, daß er einen ganzen Monat brauchen würde, um an Ramon Velazquez heranzukommen, den Typen in Oakland, der Mario Tetragna lästig geworden war. Solange er Velazquez nicht erledigt hatte, würde Vince auch nicht an die Leute in San Francisco herankommen, die mit falschen Ausweispapieren handelten und ihm vielleicht dabei helfen konnten, Travis Cornell, die Frau und den Hund ausfindig zu machen. Dementsprechend groß war sein Bedürfnis, Velazquez in einen Haufen faulenden Fleisches zu verwandeln.

Aber Velazquez war ein verdammter Schatten. Der Mann tat keinen Schritt, ohne zwei Leibwächter an seiner Seite zu haben, was ihn eher mehr als weniger auffällig hätte machen müssen. Aber er führte seine Geschäfte in der Glücksspiel-und Drogenszene - womit er die Tetragna-Konzession in Oakland störte - mit der Heimlichkeit eines Howard Hughes. Er schlängelte und wand sich, benutzte eine ganze Flotte unterschiedlicher Wagen, fuhr nie zwei Tage hintereinander dieselbe Route, traf sich nie mit jemandem zweimal am selben Ort, benutzte die Straße als Büro und blieb nirgends lange genug, um markiert, gestellt und ausgelöscht werden zu können. Er war hoffnungslos paranoid und glaubte, alle seien nur darauf aus, ihn zu erledigen. Vince sah den Mann nie lange genug, um ihn mit der Fotografie zu vergleichen, die die Tetra-gnas ihm geliefert hatten. Ramon Velazquez war wie Rauch.

Vince erwischte ihn erst am Weihnachtstag. Und als es schließlich dazu kam, wurde das Ganze eine riesige Schweinerei. Ramon war mit einer Menge Verwandter zu Hause. Vom Haus dahinter über die hohe Ziegelmauer zwischen zwei Grundstücken gelangte Vince auf den Velazquez-Besitz. Als er auf der anderen Seite die Mauer hinabkletterte, sah er Velazquez und ein paar Leute an einem Grill neben dem Pool, wo sie damit beschäftigt waren, einen riesigen Truthahn zu rösten. (Gab es irgendwo außerhalb von Kalifornien Leute, die Truthähne am Grill zubereiteten?) Alle entdeckten ihn sofort, obwohl er noch fast fünfzig Meter entfernt war. Er sah, wie die Leibwächter in ihre Schulterhalfter griffen, und so hatte er keine andere Wahl, als ungezielt mit seiner Uzi zu feuern, Sperrfeuer über den ganzen Hof zu legen, wobei er Velazquez, die beiden Leibwächter, eine Frau in mittleren Jahren, vermutlich die Ehefrau von irgend jemandem, und eine alte Dame, die irgend jemandes Großmutter sein mußte, erledigte.

Sssnappp.

Sssnappp.

Sssnappp.

Sssnappp.

Sssnappp.

Alle anderen, innerhalb und außerhalb des Hauses, schrien und warfen sich Deckung suchend zu Boden. Vince mußte wieder über die Mauer zurück in den Hof des anliegenden Hauses - wo Gott sei Dank niemand zu Hause war -, und gerade, als er dabei war, seinen Hintern über die Mauerkrone zu befördern, eröffnete ein Rudel von Latino-Typen auf dem Ve-lazquez-Anwesen das Feuer auf ihn. Er konnte von Glück reden, daß er mit heiler Haut davonkam.