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»Also, was immer es sein mag, es mag mich jedenfalls. Es folgt mir schon den ganzen Vormittag. Es ist nett, finden Sie nicht? Es ist hässlich, aber hübsch-hässlich… Die Tiere hier tun niemandem etwas. Man hat irgendwas mit ihnen angestellt. Mit ihrem Gehirn.«

»Ja, sicher.« Oscar drückte eine Taste. Lautlos glich das Gerät eine lange Liste der Bestellungen der Forschungseinrichtung mit den allgemein zugänglichen texanischen Haftbefehlen der letzten fünf Jahre ab. Die Resultate waren äußerst aufschlussreich.

»Werden Sie ein exotisches Tier für Mrs. Bambakias erwerben?«

»Anfang nächster Woche. Pelicanos ist in Boston. Fontenot ist zusammen mit Bob und Audrey auf Haussuche… Im Moment versuche ich gerade, ein wenig Ordnung in ein paar Laborakten hinein zu bekommen.« Oscar zuckte die Achseln.

»Soll ich Ihnen was sagen? Ich mochte Mrs. Bambakias. Sie war so elegant und immer nett zu mir. Ich dachte schon, sie würde mich nach Washington mitnehmen. Aber dort passe ich einfach nicht hin.«

»Weshalb denn nicht?« Oscar tippte heftig auf eine Taste und aktivierte eine Suchmaschine, welche bei einem bundesstaatlichen Koordinierungszentrum in Baton Rouge die Informationen über kürzlich erfolgte Gnadenerlasse des Gouverneurs von Louisiana heraussuchte.

»Na ja… Ich bin zu alt, wissen Sie. Ich habe zwanzig Jahre lang bei einer Bank gearbeitet. Ich habe erst nach der Hyperinflation mit dem Schneidern angefangen.«

Oscar markierte vier Treffer für weitere Nachforschungen. »Ich finde, Sie verkaufen sich zu billig. Meines Wissens hat Mrs. Bambakias niemals Ihr Alter erwähnt.«

Donna schüttelte bedauernd ihren ergrauenden Kopf. »Die jungen Frauen verstehen heutzutage viel mehr von der New Economy. Sie sind für Imagedienste ausgebildet. Sie mögen Teamarbeit; sie mögen es, die Dame des Hauses anzukleiden, sie zu frisieren und ihr die Schuhe anzuziehen. Die machen als Hausangestellte richtig Karriere. Lorena Bambakias wird bestimmt Empfänge geben. Da braucht sie Leute, die es verstehen, sie für Washington und Georgetown angemessen zu kleiden.«

»Aber Sie sorgen doch auch für unsere Kleidung. Schauen Sie doch nur, wie wir im Vergleich zu den Leuten hier gekleidet sind.«

»Das verstehen Sie nicht«, sagte Donna geduldig. »Diese Wissenschaftler laufen herum wie Penner, weil sie es sich leisten können.«

Oscar musterte einen Angestellten, der mit heraushängendem Hemd auf einem Fahrrad vorbeifuhr. Seine bloßen Füße steckten in kaputten Schuhen. Kein Hut. Seine Frisur war fürchterlich. Es konnte kein Zufall sein, wenn jemand so herumlief.

»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Oscar.

Donna war in Geständnislaune. Oscar hatte dies gespürt. Er legte Wert darauf, zur Stelle zu sein, wenn seine Untergebenen in Geständnislaune waren. »Das Leben ist schon komisch«, meinte Donna und seufzte ironisch. »Als meine Mutter mir das Nähen beigebracht hat, habe ich’s gehasst. Ich ging aufs College, ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ich mal als Imageberaterin schneidern würde. In meiner Jugend hat niemand Wert auf Maßanfertigung gelegt. Mein Ex-Mann hätte mich ausgelacht, wenn ich ihm einen Anzug geschneidert hätte.«

»Wie geht es Ihrem Ex-Mann, Donna?«

»Er glaubt immer noch, dass richtige Arbeit von neun bis fünf geht. Er ist ein Idiot.« Sie stockte. »Außerdem wurde er entlassen und ist pleite.«

Inmitten der genetisch veredelten Saatpflanzen waren Männer und Frauen in weißen Schutzanzügen aufgetaucht. Sie schwenkten glänzende Aluminiumsprühstäbe, funkelnde, verchromte Scheiben und Hightech-Hacken aus Titan.

»Hier gefällt es mir«, sagte Donna. »Es war wirklich nett vom Senator, uns hierher zu schicken. Es ist hier viel hübscher, als ich dachte. Die Luft riecht so ungewöhnlich, ist Ihnen das schon aufgefallen? Wenn es hier nicht so viele Penner in Shorts gäbe, würde ich gern hier wohnen.«

Oscar stellte eine Verbindung zu den 2029er Protokollen des Senatsausschusses für Wissenschaft und Technik her. Die sechzehn Jahre alten Bände mit den Ausschussprotokollen enthielten sämtliche Unterlagen über die Gründung des Buna National Collaboratory. Oscar war sich ziemlich sicher, dass seit Urzeiten niemand mehr Einblick in die Unterlagen genommen hatte. Sie waren randvoll mit längst vergessenen wertvollen Informationen. »Es war ein schwerer Wahlkampf. Da haben wir uns ein wenig Entspannung verdient. Sie ganz bestimmt.«

»Ja, der Wahlkampf hat mich erschöpft, aber es hat sich gelohnt. Wir haben wirklich gut zusammengearbeitet; wir waren gut organisiert. Wissen Sie, ich arbeite gern in der Politik. Ich gehöre zur Generation der Fünfzig- bis Siebzigjährigen, daher hatte ich nicht viel vom Leben. Nichts ist so geworden, wie ich’s erwartet hatte… Die Wirtschaft ist zusammengebrochen, und die Netzwerke haben alles aufgesaugt. Aber in der Politik, da hat man einen ganz anderen Eindruck. Man ist nicht bloß ein Blatt im Wind. Ich hatte wirklich das Gefühl, endlich einmal die Welt zu verändern. Anstatt von der Welt verändert zu werden.«

Oscar blickte sie freundlich an. »Sie haben gute Arbeit geleistet, Donna. Sie sind ein Schatz. Wenn man auf so engem Raum beieinander lebt wie wir, wenn man so viel Stress hat und so unter Druck steht, dann ist es gut, wenn man jemanden im Team hat, der so ausgeglichen, so vernünftig ist. So philosophisch, könnte man sogar sagen.« Er lächelte einnehmend.

»Warum sind Sie so gut zu mir, Oscar? Wollen Sie mich feuern?«

»Keineswegs! Ich möchte, dass Sie bei uns bleiben. Zumindest noch einen Monat. Ich weiß, das ist nicht sonderlich verlockend, denn eine so tüchtige Frau wie Sie findet sicherlich leicht eine längerfristige Anstellung. Aber Fontenot bleibt auch bei uns.«

»Tatsächlich?« Sie blinzelte. »Weshalb?«

»Pelicanos, Lana Ramachandran und ich werden schwer schuften… Es gibt hier jede Menge zu tun für Sie. Natürlich wird es nicht so hektisch und anstrengend zugehen wie während des Wahlkampfs, aber das Erscheinungsbild ist doch immer noch wichtig für uns. Sogar hier. Vielleicht sogar gerade hier.«

»Ich könnte schon noch ein Weilchen bei Ihnen bleiben«, meinte Donna gelassen, »aber ich bin nicht von gestern. Da müssen Sie mir schon mehr sagen.«

Oscar klappte das Notebook zu und stand auf. »Donna, Sie haben Recht. Wir sollten ernsthaft miteinander reden. Was halten Sie von einem kleinen Spaziergang?«

Donna schloss den Nähkorb und erhob sich. Sie kannte Oscar mittlerweile recht gut und war froh, an einem seiner vertraulichen Spaziergänge teilzunehmen. Oscar war gerührt von ihrem umsichtigen Verhalten – sie blickte sich immer wieder über die Schulter um, als fürchtete sie, von finsteren Männern in schwarzen Trenchcoats verfolgt zu werden.

»Also, es ist so«, sagte Oscar sachlich. »Wir haben den Wahlkampf gewonnen, und zwar mit Leichtigkeit. Alcott Bambakias ist aber gleichwohl ein Neuling, ein politischer Außenseiter. Auch wenn er demnächst den Amtseid schwören wird, fehlt es ihm nach wie vor an Einfluss und Glaubwürdigkeit. Er muss sich solche Themen aussuchen, bei denen er etwas ausrichten kann.«

»Ja, natürlich.«

»Er ist ein Architekt, mit innovativen Großprojekten kennt er sich aus. Daher liegen ihm Themen aus den Bereichen Wissenschaft und Technik.« Oscar legte eine Pause ein. »Und natürlich die Stadtplanung. Aber die Wohnungsbeschaffung ist derzeit nicht unser Problem.«

»Sondern dieses Labor.«

Oscar nickte. »Genau. Donna, ich weiß, dass es ziemlich prosaisch erscheinen mag, in einem riesigen, luftdicht abgeschlossenen Genlabor zu arbeiten. Verglichen mit dem Niederländischen Kalten Krieg und den Katastrophen in den Rockies ist das hier ein ruhiger Senatsjob. Jedenfalls handelt es sich um eine größere staatliche Einrichtung. Anfangs hat das Labor recht gut gearbeitet: zahlreiche grundlegende Fortschritte auf dem Gebiet der Biotechnik, ein paar gute Starthilfen für die amerikanische Industrie, zumal die Firmen in Louisiana. Aber diese glorreichen Zeiten sind Vergangenheit, und jetzt ist das hier ein staatlich subventionierter Selbstbedienungsladen. Provisionen, Bestechung, Günstlingswirtschaft… Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«