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»Nein«, sagte Oscar.

»Es war zu schön, um von Dauer zu sein«, meinte Greta. »Die Unionsregierung kontrollierte das Budget, aber das Wissen ist global. Denken Sie bloß mal ans Internet – anfangs war das ein rein wissenschaftliches Netzwerk, dann aber ist es explodiert. Heutzutage können sich Stämme in der Serengeti unmittelbar über chinesische Satelliten einloggen.«

»Dann war es mit dem Goldenen Zeitalter also vorbei, als der Kalte Krieg endete?« fragte Oscar.

Greta nickte. »Als wir gesiegt hatten, wollte der Kongress die amerikanische Wissenschaft auf nationale Konkurrenz ausrichten, um uns fit für den globalen Wettbewerb zu machen. Das aber war nicht gut für uns. Wir hatten nie eine Chance.«

»Warum nicht?« fragte Oscar.

»Nun, die Grundlagenforschung bringt zwei wirtschaftliche Vorteile mit sich: intellektuelles Wissen und Patente. Um die Investitionen in die Forschung und Entwicklung wieder reinzuholen, braucht man ein Gentleman’s Agreement, das den Investoren die Exklusivrechte an ihren Erfindungen zuerkennt. Die Chinesen aber haben sich noch nie viel um das Recht auf geistiges Eigentum geschert. Wir haben sie deswegen solange unter Druck gesetzt, bis schließlich ein richtiger Handelskrieg ausbrach und die Chinesen uns zwangen, Farbe zu bekennen. Sie machten das gesamte englischsprachige geistige Eigentum über ihr Satellitennetzwerk für jedermann frei zugänglich. Sie verschenkten unseren Besitz, und das bedeutete unseren Bankrott. Daher hat die Grundlagenforschung ihren ökonomischen Unterbau dank der Chinesen mittlerweile verloren. Wir zehren jetzt allein von unserem Prestige, und das ist ein zu schmaler Grat, um sein Leben darauf zu gründen.«

»Auf die Chinesen einzuprügeln ist aus der Mode«, sagte Oscar. »Wie wär’s mit den Niederländern?«

»Ja, die angepasste Technologie der Niederländer… Die Niederländer haben jede einzelne Insel, jede Küste, jedes unter dem Meeresspiegel liegende Gebiet auf der Welt aufgesucht und mit dem Deichbau Milliarden verdient. Sie haben eine gegen uns gerichtete Allianz der Inseln und tief liegenden Staaten geschmiedet, sie kommen uns in jeder internationalen Arena in die Quere… Sie wollen die globale Forschung den ökologischen Erfordernissen anpassen. Sie wollen keine Zeit und kein Geld für Dinge wie Neutrinos oder Raumschiffe verschwenden. Die Niederländer sind sehr lästig.«

»Der Zweite Kalte Krieg steht nicht auf der Agenda des Wissenschaftsausschusses«, sagte Oscar. »Wenn wir dies zu einer Frage der nationalen Sicherheit machen würden, könnte es aber dazu kommen.«

»Was würde das schon nützen?« Greta hob die Schultern. »Kluge Menschen sind zu großen Opfern bereit, wenn man sie an Problemen arbeiten lässt, die sie wirklich interessieren. Aber wenn man sich ständig nur militärisch verwertbare Ergebnisse abpressen soll, dann ist man nichts weiter als ein dressierter Affe.«

»Das ist gut!« sagte Oscar. »Genau das hatte ich mir erhofft – einen offenen Meinungsaustausch.«

Sie kniff die Augen zusammen. »Soll ich wirklich offen sein, Oscar?«

»Nur zu.«

»Was hat uns das Goldene Zeitalter gebracht? Die Öffentlichkeit kam mit den Wundern nicht zurecht. Zuerst kam das Atomzeitalter, aber das war gefährlich und produzierte giftige Abfälle. Dann das Zeitalter der Raumfahrt, das verlief bald im Sande. Dann kam das Informationszeitalter, doch es stellte sich heraus, dass die wahren Renner der Netzwerke soziale Zerrüttung und Softwarepiraterie sind. Es ist noch nicht lange her, da hat die amerikanische Wissenschaft das Zeitalter der Biotechnik eingeläutet, und als Renner entpuppte sich die Produktion kostenloser Nahrung für Nomaden! Und jetzt dämmert das kognitive Zeitalter herauf.«

»Und was wird es uns bringen – Ihr brandneues kognitives Zeitalter?«

»Das weiß niemand. Wenn wir vorher wüssten, was dabei herauskommt, dann wäre dies keine Grundlagenforschung.«

Oscar blinzelte. »Lassen Sie uns eines klarstellen. Sie widmen Ihr Leben der Hirnforschung, können uns aber nicht sagen, was uns das bringen wird?«

»Das kann ich nicht. Das lässt sich nicht beurteilen. Die Gesellschaft ist ein zu komplexes Phänomen, auch die Wissenschaft ist zu komplex. Wir haben in den vergangenen hundert Jahren so unglaublich viel dazugelernt… Das Wissen ist fragmentiert und hochspezialisiert, die Wissenschaftler wissen immer mehr über immer weniger… Man kann keine wohlbegründeten Aussagen über die sozialen Folgen des wissenschaftlichen Fortschritts machen. Wir Wissenschaftler wissen einfach nicht mehr, was wir wissen.«

»Sie sind wirklich offen, das muss man Ihnen lassen. Sie räumen das Feld und überlassen die politischen Entscheidungen den willkürlichen Annahmen der Bürokraten.«

»Willkürliche Annahmen funktionieren auch nicht.«

Oscar rieb sich das Kinn. »Das hört sich schlimm an. Richtig schlimm. Das klingt hoffnungslos.«

»Dann male ich vielleicht zu schwarz. Die Wissenschaft ist sehr lebendig – auch in den vergangenen zehn Jahren haben wir einige Entdeckungen von historischer Bedeutung gemacht.«

»Nennen Sie mir ein paar«, sagte Oscar.

»Zum Beispiel wissen wir jetzt, dass sich achtzig Prozent der Biomasse unter der Erde befinden.«

Oscar zuckte die Achseln. »Okay.«

»Wir wissen, dass es im Weltraum lebende Bakterien gibt«, fuhr Greta fort. »Sie müssen zugeben, dass das eine große Entdeckung war.«

»Sicher.«

»Es gab in diesem Jahrhundert einige große medizinische Fortschritte. Die meisten Krebsarten haben wir besiegt. Wir haben Aids geheilt. Wir können Pseudo-Östrogen-Schäden behandeln. Wir können Kokain- und Heroinabhängigkeit mit einer Spritze heilen.«

»Schade, dass das nicht auch bei Alkoholikern funktioniert.«

»Wir können beschädigte Nerven regenerieren. Manche Laborratten sind mittlerweile bereits intelligenter als Hunde.«

»Ja, und dann ist da noch das kosmische Drehmoment«, sagte Oscar. Beide lachten, als ob es unvorstellbar gewesen wäre, das kosmische Drehmoment auch nur für einen Augenblick zu vergessen.

»Lassen Sie mich die Perspektive wechseln«, sagte Oscar. »Erzählen Sie mir vom Laboratorium. Auf welchem Gebiet liegt die Hauptkompetenz von Buna – welchen einzigartigen und unersetzlichen Nutzen hat diese Anlage für Amerika?«

»Nun, da wäre zunächst einmal unser Genarchiv. Dafür sind wir weltberühmt.«

»Hmmm«, machte Oscar. »Ich muss zugeben, dass es sehr schwierig und kostspielig war, diese vielen seltenen Exemplare zu sammeln. Aber könnte man die Gene mit moderner Technik nicht kopieren und irgendwo anders aufbewahren?«

»Aber das hier ist der naheliegendste Verwahrungsort. Wir haben hier sichere Aufbewahrungskeller. Und eine gigantische Schutzkuppel.«

»Brauchen Sie wirklich eine Schutzkuppel? Die Gentechnik ist heutzutage doch sicher und einfach.«

»Ja, schon, aber sollte Amerika jemals eine für biologische Kampfstoffe der Klasse IV geeignete Anlage brauchen, so haben wir sie hier.« Greta stockte. »Außerdem haben wir hier erstklassige landwirtschaftliche Forschungseinrichtungen. Die Oberschicht isst noch immer Getreide. Und sie liebt auch unsere seltenen Tiere.«

»Reiche essen natürliches Getreide«, warf Oscar ein.

»Unsere Biotechabteilung hat ganze Industrien ins Leben gerufen«, beharrte Greta. »Schauen Sie sich nur mal an, wie wir Louisiana umgestaltet haben.«

»Ja«, sagte Oscar. »Meinen Sie, ich sollte diesen Umstand bei der Senatsanhörung hervorheben?«

Greta schaute betreten drein.

Oscar nickte. »Ich will ebenso offen zu Ihnen sein, Greta, wie Sie zu mir. Ich möchte Ihnen schildern, was Sie im Kongress zu gewärtigen haben werden. Das Land ist pleite, und Ihre Verwaltungskosten explodieren. Sie haben hier über zweitausend Angestellte, welche die Staatskasse belasten. Sie selbst erzielen keinerlei Einkünfte – abgesehen davon, dass Sie mit seltenen Kuscheltieren das Wohlwollen flüchtiger Berühmtheiten gewinnen. Hier stehen keine wichtigen militärischen oder nationalen Interessen auf dem Spiel. Biotech ist nicht mehr revolutionär, sondern alltäglich geworden, ein alter Hut. Was also haben Sie in letzter Zeit für uns getan?«