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»Moira, ich war immer aufrichtig zu Ihnen. Immer gerade heraus. Ich hätte nicht aufrichtiger sein können. Sie sind es, die fortgeht. Aber ihn verlassen Sie nicht. Er hat Ihnen nie gehört. Sie werden ihn auch niemals bekommen. Er gehört nicht zu Ihnen. Sie verlassen mich. Sie verlassen mein Team. Sie werden abtrünnig.«

»Was sind Sie, ein Land? Machen Sie mal halblang! Ich werde nicht ›abtrünnig‹.« Moira funkelte ihn an. »Lassen Sie mich gehen! Lassen Sie mich ein normaler Mensch sein! Dieser Hang zum Kontrollieren ist ja krankhaft bei Ihnen. Sie brauchen Hilfe.«

»Hören Sie auf, mich zu provozieren. Sie sind kindisch.«

Sie bogen auf die Marlborough Street ein. Hier war er zu Hause, hier wohnte er. Jetzt war es an der Zeit, einen neuen Ansatz zu probieren. »Hören Sie, Moira, es tut mir wirklich Leid, dass Sie so für den Senator empfinden. Wahlkämpfe sind anstrengend, bisweilen bringen sie Leute dazu, verrückte Dinge zu tun. Aber der Wahlkampf liegt jetzt weit hinter uns, und Sie müssen Ihren Standort neu bestimmen. Wir beide waren gute Freunde, wir haben einen großartigen Wahlkampf gemacht, und wir sollten jetzt nicht zu Feinden werden. Seien Sie vernünftig.«

»Ich bin nicht vernünftig. Ich bin verliebt.«

»Denken Sie drüber nach. Ich weiß, dass Sie nicht mehr zum Team gehören, das akzeptiere ich auch, aber ich könnte Ihnen doch einiges leichter machen. Ich habe Ihnen angeboten, mietfrei bei mir zu wohnen. Habe ich da nicht wie ein Freund gehandelt? Wenn Sie sich Sorgen machen wegen eines neuen Jobs, können wir mit der hiesigen Vertretung der Demokraten bestimmt etwas arrangieren. In der wahlkampffreien Zeit könnten Sie einen Parteiposten übernehmen. Und wenn wieder Wahlkampf ist, hey, Sie waren schließlich Bambakias’ Pressesprecherin! Das ist ein großes Plus beim nächsten Mal, das spricht für Sie. Sie brauchen bloß Ihr Höschen anzulassen.«

»Dafür hasse ich Sie.«

»Das ist doch nicht Ihr Ernst.«

»Doch, ist es. Sie sind widerlich. Diesmal sind Sie zu weit gegangen. Ich hasse Sie wirklich.«

»Ich meine es nur gut mit Ihnen! Hören Sie, seine Frau weiß Bescheid. Wenn Sie sich unbedingt Feinde machen wollen, nun, dann haben Sie da einen richtig großen Fisch an Land gezogen. Die betrogene Gattin ist über Sie im Bilde.«

»Na und? Das weiß ich doch.«

»Sie ist die Frau des Senators, und sie ist über Sie im Bilde. Wenn Sie ihr noch mal in die Quere kommen, wird sie Sie zerquetschen wie ein Insekt!«

Moira lachte auf. »Was könnte sie mir schon anhaben? Mich erschießen?«

Oscar seufzte. »Sie wird Sie wegen Ihrer lesbischen Collegeaffäre outen.«

Moira war erstaunt und verletzt. »Leben wir etwa noch im zwanzigsten Jahrhundert? Das interessiert doch niemanden mehr!«

»Sie wird es durchsickern lassen. Sie wird es gekonnt durchsickern lassen. Darauf versteht sich niemand so gut wie Lorena. Sie wird bei irgendeiner hochklassigen Veranstaltung der Capitol-Presse Bescheid geben, und dann wird man Sie bloßstellen wie einen Vampir in der Sonne.«

»Ach ja? Also, ich habe Verbindungen zur Presse, und wenn sie mich outet, dann oute ich Sie! Sie und Ihre scheißgeniale Freundin.« Lorena reckte ihm einen rot lackierten Fingernagel entgegen. »Ha! Sie können mir nicht drohen, Sie manipulativer Drecksack. Es ist mir scheißegal, was aus mir wird! Aber Ihnen werd ich vors Schienbein treten! Sie sind ja gar kein Mensch! Sie haben ja nicht mal einen Geburtstag! Ich werde Sie und Ihre spotthässliche Freundin bloßstellen, damit das mal klar ist, und wenn ich mit Ihnen fertig bin, wird sie die Reue tagen… ach, Scheiße, ich meine, wird sie den Tag bereuen, an dem sie Sie kennen gelernt hat.«

»Das ist doch pathetisch«, sagte Oscar. »Sie haben sich verrannt!«

»Ich bin stark.« Moira reckte das Kinn. »Die Liebe hat mich stark gemacht.«

»Was reden Sie denn da? Sie haben den Mann seit sechs Wochen nicht mehr gesehen.«

In ihren Augen funkelten Tränen des Triumphs. »Wir tauschen E-mails aus!«

Oscar stöhnte. »Aha. Also, dem werden wir bald einen Riegel vorschieben. Sie sind ja völlig irrational! Ich kann nicht zulassen, dass Sie mich erpressen und die Karriere des Mannes ruinieren, den ich ins Amt gebracht habe. Das ist unverantwortlich! Zum Teufel mit Ihnen! Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«

»Ich werde es tun! Ganz bestimmt. Ich werde Sie vernichten.«

Oscar blieb unvermittelt stehen. Moira stapfte weiter, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und funkelte ihn an.

»Hier wohne ich.« Oscar zeigte auf das Haus.

»Oh.«

»Möchten Sie nicht reinkommen? Trinken wir Kaffee. Ich weiß, so eine Affäre tut weh. Aber Sie werden darüber hinwegkommen. Konzentrieren Sie sich einfach auf etwas anderes.«

»Wofür halten Sie mich eigentlich, für eine Wachspuppe?« Sie versetzte ihm einen Schubs. »Sie Schwein.«

Auf der anderen Straßenseite krachte es. Oscar achtete nicht darauf. Er hatte noch einen Trumpf im Ärmel. Wenn es ihm gelang, sie ins Haus zu bugsieren, würde sie sich hinsetzen und weinen. Und dann würde sie alles beichten. Die Krise würde vorbeigehen. Sie würde darüber hinwegkommen.

Ein weiteres lautes Krachen. Aus dem überwölbten Eingang flog ein Steinbrocken heraus. »Verdammt!« sagte er. »Sehen Sie sich mal das Haus an!«

Ein weiteres Krachen. »Oh«, machte Moira. Die Handtasche war ihr von der Schulter gerissen worden. Sie hob sie auf und starrte sie an. Die Handtasche war durchlöchert. Sie drehte sich um und blickte über die Straße. »Er hat auf mich geschossen!« sagte sie. »Er hat in die Handtasche geschossen!«

Auf der anderen Straßenseite stand ein grauhaariger alter Mann mit einem Handwagen. Er schoss auf sie mit einer Pistole. Er war jetzt deutlich zu sehen, denn die Straßenlaternen, alarmiert vom Detonationsgeräusch, hatten herumgeschwenkt und hüllten ihn in blendendes Licht.

Zwei fledermausähnliche Polizeidrohnen lösten sich von einer Parksäule. Sie stießen wie schwarze Scherenschnitte auf ihn herab, und als sie an ihm vorbeiflogen, kippte er um.

Oscar öffnete die Tür. Er sprang hindurch, kam wieder hervorgerannt, packte Moira beim Handgelenk und zerrte sie ins Haus. Er schlug die Tür hinter ihnen zu.

»Sind Sie verletzt?« fragte er.

»Er hat meine Handtasche getroffen!«

Sie zitterte heftig. Oscar untersuchte sie. Schenkel, Rock, Hut, Jacke. Keine Einschusslöcher, kein Blut.

Plötzlich bekam Moira weiche Knie und sackte zusammen. Auf der Straße ertönte Sirenengeheul.

Oscar hängte sorgfältig den Hut auf und setzte sich kameradschaftlich auf den Boden, die Arme um die Knie gelegt. Es war wundervoll, wieder zu Hause zu sein; das Haus war alt und verstaubt, aber der Geruch war vertraut und tröstlich. »Alles okay, es ist vorbei«, sagte er. »Die Straße ist sehr sicher. Die Polizeidrohnen haben ihn sich geschnappt. Ich stelle mal eben die Haussteuerung an, dann schaue ich draußen nach.«

Moira war ganz grün im Gesicht.

»Moira, es ist alles in Ordnung. Ich bin sicher, man hat ihn geschnappt. Haben Sie keine Angst. Ich bleibe bei Ihnen.«

Keine Antwort. Sie war völlig verängstigt. Auf ihrer Unterlippe haftete ein kleiner Speicheltropfen.

»Das tut mir wirklich leid«, sagte er. »Der Anschlag ist auf die Hetze im Netz zurückzuführen. Das ist das Gleiche wie im Laboratorium. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass diese Verrückten mein Haus überwachen würden. Hätte ich Fontenot dabei gehabt, wäre das nicht passiert.«

Moira kippte nach hinten und bumste mit dem Kopf gegen die Wandtäfelung. Oscar streckte die Hand aus und klopfte mit den Knöcheln gegen die massive Haustür. »Kugelsicher«, erklärte er. »Wir sind hier in Sicherheit, alles in Ordnung. Ich brauche bloß einen neuen Sicherheitsbeauftragten. Ich hätte gleich einen einstellen sollen. Ich habe die falschen Prioritäten gesetzt. Tut mir Leid…«