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»Natürlich«, erwiderte Azzie. »In Augsburg.«

»Das ist schön«, murmelte der Märchenprinz etwas undeutlich. »Ich habe so ein Gefühl, als wollte ich Augsburg schon immer einmal sehen.«

»Und das wirst du auch«, versprach Azzie und lächelte bei dem Gedanken daran, was für eine fügsame Kreatur er hier erschaffen hatte. »Du wirst es dir während deiner Ausbildung und dann später wieder genau ansehen können, wenn du es verläßt, um zu deiner gefahrvollen Mission aufzubrechen.«

»Meine gefahrvolle Mission, Onkel?«

»Ja, Junge. Vor diesem Unfall, der dein Gedächtnis ausgelöscht hat, warst du ein berühmter Krieger.«

»Wie ist mir dieser Unfall zugestoßen, Onkel?«

»Während du tapfer gegen viele Feinde gekämpft hast. Du hast eine Menge von ihnen erschlagen – du kannst sehr gut mit einem Schwert umgehen, mußt du wissen –, aber einer der niederträchtigen Schurken hat sich von hinten an dich angeschlichen und dich heimtückisch mit einem Breitschwert auf den Kopf geschlagen.«

»Das scheint mir kaum ein faires Verhalten gewesen zu sein!«

»Die Menschen sind oft unfair«, erklärte Azzie. »Auch wenn du zu unschuldig bist, um das zu erkennen. Aber mach dir deswegen keine Sorgen. Dein reines Herz und dein edler Geist werden dir stets den Weg ebnen.«

»Das ist schön«, sagte der Märchenprinz. »Ich möchte, daß die Leute eine hohe Meinung von mir haben.«

»Und das werden sie auch, mein Junge, nachdem du die großen Taten vollbracht hast, zu deren Ruhm das Schicksal dich auserkoren hat.«

»Was für Taten sind das, Onkel?«

»Siegreich die mannigfaltigen Gefahren zu überwinden, die zwischen dir und Prinzessin Rosenrot liegen, der Schlummernden Prinzessin.«

»Prinzessin… wer? Wovon sprichst du?«

»Ich spreche von den großartigen Taten, die dich weltberühmt machen und dir mehr Glück bescheren werden, als es sich die menschliche Phantasie ausmalen kann.«

»Oh… das klingt gut. Erzähl mir mehr, Onkel. Du hast eine schlafende Prinzessin erwähnt…?«

»Schlummernd, nicht schlafend. Aber es ist trotzdem ein ernsthaftes Problem. Es steht geschrieben, mein Junge, daß nur ein Kuß deiner Lippen sie aus diesem Bann erlösen kann. Sobald sie erwacht und dich erblickt, wird sie sich unsterblich in dich verlieben. Du wirst dich ebenfalls in sie verlieben, und ihr werdet beide sehr glücklich sein.«

»Ist sie hübsch, diese Prinzessin?« erkundigte sich der Prinz.

»Das kannst du wohl glauben«, versicherte Azzie. »Du wirst sie wachküssen, sie wird die Augen öffnen und dich ansehen. Dann wird sie die Arme sanft um deinen Hals schlingen, ihr Gesicht dem deinen nähern, und dann wirst du Wonnen erleben, wie sie kaum ein Sterblicher jemals erfahren hat.«

»Es wird Spaß machen, was?« fragte der Prinz. »Ist es das, was du meinst, Onkel?«

»Für das, was du empfinden wirst, ist die Bezeichnung Spaß noch viel zu harmlos.«

»Hört sich großartig an«, stellte der Märchenprinz fest. Er stand auf und machte ein paar vorsichtige Schritte. »Dann laß uns das gleich erledigen, einverstanden? Ich werde sie küssen, und dann können wir beide anfangen, uns miteinander zu amüsieren.«

»Ganz so schnell geht das nicht«, bremste ihn Azzie.

»Warum nicht?«

»Es ist nicht so einfach, die Prinzessin zu erreichen. Du mußt dir vorher deinen Weg durch allerlei Hindernisse freikämpfen.«

»Was für Hindernisse? Gefährliche?«

»So ist es, fürchte ich«, bestätigte Azzie. »Aber mach dir deswegen keine Sorgen. Du wirst sie alle überwinden, nachdem Frike und ich dich im Waffenkampf geschult haben.«

»Ich dachte, du hättest gesagt, ich könne bereits gut mit Waffen umgehen.«

»Nun, eine kleine Auffrischung kann nicht schaden«, meinte Azzie.

»Offengestanden, die ganze Angelegenheit hört sich ziemlich gefährlich an«, sagte der Märchenprinz.

»Natürlich ist es gefährlich«, erwiderte Azzie. »Das haben riskante Unternehmungen nun mal so an sich. Aber das macht nichts, du wirst alle Herausforderungen bestehen. Frike und ich werden dir zeigen, wie man mit Waffen umgeht, und dann wirst du losziehen.«

»Waffen sind gefährlich. Man kann durch sie getötet werden. Daran erinnere ich mich noch.«

Das liegt daran, daß das Herz eines Feiglings in deiner Brust schlägt, dachte Azzie. Laut sagte er: »Du wirst überlegene Waffen besitzen, gegen die niemand bestehen kann. Und Schutzzauber. Und, das Wichtigste überhaupt, ein magisches Schwert.«

»Schwerter!« rief der Märchenprinz aus und verzog das Gesicht voller Abscheu. »Jetzt erinnere ich mich an Schwerter! Furchtbar scharfe Dinger, die die Leute benutzen, um sich gegenseitig tiefe Schnittwunden zuzufügen!«

»Aber denk an das Ziel deiner Mission«, sagte Azzie. »Denk an die Prinzessin! Natürlich wirst du kämpfen müssen, aber ich verspreche dir, daß du siegen wirst.«

»Das könnte ich nicht«, behauptete der Prinz. »Nein, tut mir leid, aber das könnte ich einfach nicht.«

»Warum nicht?« wollte Azzie wissen.

»Weil ich mich erinnere, daß ich Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen bin«, erklärte der Märchenprinz.

»So ein Quatsch! Du bist gerade erst wiedergeboren worden! Das heißt, aus dem tiefen Schlaf erwacht, in den du durch deine Verletzungen gesunken bist. Wie kannst du da plötzlich Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen sein?«

»Weil ich ganz genau weiß«, antwortete der Märchenprinz, »daß ich in einer Situation, in der Gewalttätigkeiten drohen, auf der Stelle ohnmächtig werden würde.«

Azzie warf einen Blick zu Frike hinüber, der mit regloser Miene auf einen imaginären Punkt an der Wand starrte. Aber selbst sein scheinbar unschuldiger Gesichtsausdruck verriet Azzie, daß sein Diener sich heimlich über die Anstrengungen seines Gebieters lustig machte, der keine Mühe gescheut hatte, einen Märchenprinzen zu erschaffen, und der trotzdem so kurzsichtig gewesen war, ihm das Herz eines Feiglings einzupflanzen.

»Um das ein für allemal klarzustellen«, sagte Azzie zu seinem Geschöpf, »du wirst üben. Danach werde ich dir ein Zauberschwert besorgen, mit dem du jeden Gegner schlagen kannst. Und dann wirst du dich auf dieses Unternehmen begeben.«

»Und was, wenn ich dabei verletzt werde?«

»Prinz, du solltest deine Angst besser in den Griff bekommen«, erwiderte Azzie streng. »Ich versichere dir, daß du mit einem magischen Schwert von hier aufbrechen und herausfinden wirst, was du damit alles anstellen kannst, oder aber ich knöpfe mir dich persönlich vor. Und da unter meinen Freunden einige Dämonen sind, wäre das schmerzhafter als alles, was du dir vorstellen kannst. Geh jetzt auf dein Zimmer und wasch dich. Es ist gleich Zeit für das Abendessen.«

»Was gibt es denn?« erkundigte sich der Märchenprinz. »Hoffentlich doch etwas Französisches mit viel Soße.«

»Rinderbraten mit Kartoffeln«, sagte Azzie. »Wir ziehen hier Kämpfer und keine Tänzer heran.«

»Ja, Onkel«, murmelte der Märchenprinz und schlich mit hängenden Schultern aus dem Zimmer. Azzie warnte Frike mit einem finsteren Blick davor, eine bissige Bemerkung zu machen. Sein Diener schlurfte kommentarlos davon.

Azzie setzte sich in einen Sessel vor den Kamin und starrte nachdenklich ins Feuer. Er mußte sich irgend etwas einfallen lassen. Der Märchenprinz würde garantiert bei der ersten gefährlichen Situation stiften gehen. Und das würde Azzie zum Gespött in allen drei Welten machen. Aber er hatte nicht vor, es dazu kommen zu lassen.

KAPITEL 4

Am nächsten Morgen begann Azzie mit der Ausbildung des Märchenprinzen. Zuerst stand die Unterweisung im Schwertkampf auf dem Programm. Für einen jungen Mann, der im Begriff steht, gefährlichem Zauberwerk gegenüberzutreten, ist das Schwert eine bewährte Allzweckwaffe. Bei ordentlicher Handhabung kann man mit einem Schwert praktisch alles töten.