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»Stimmt«, bestätigte Azzie, »aber was auch immer Ihr verkauft, ich habe kein Interesse. Wie könnt Ihr es überhaupt wagen, mich zu dieser späten Stunde noch zu belästigen?«

»Die Störung tut mir schrecklich leid, aber man hat mich beauftragt, so schnell wie möglich hier zu erscheinen.«

»Man?«

»Das leitende Komitee der Mächte des Lichtes für den Jahrtausendwettkampf.«

»Sie gehören den Mächten des Lichtes an?«

»Ja. Hier ist mein Beglaubigungsschreiben.« Der Fremde zog eine mit einem scharlachroten Band versiegelte Pergamentrolle hervor und reichte sie Azzie, der sie entrollte und las. Dort stand in der klobigen gotischen Druckschrift, die der Rat benutzte, daß der Inhaber des Dokuments, Babriel, ein Engel zweiten Grades im Dienst der Mächte des Lichtes, berechtigt war, sich überall frei zu bewegen und sich alles anzusehen, was sein Interesse erregte. Diese allgemeine Erlaubnis schloß auch ausdrücklich den Dämon Azzie Elbub ein, dem Babriel als Beobachter zugeteilt worden war.

Azzie starrte ihn finster an. »Mit welchem Recht haben die Mächte des Lichtes Sie hergeschickt? Dies ist einzig und allein eine Produktion der Mächte der Finsternis, und die andere Seite hat kein Recht, sich darin einzumischen.«

»Ich kann Ihnen versichern, daß ich nicht die Absicht habe, mich in irgendeiner Form in Ihre Arbeit einzumischen. Dürfte ich hereinkommen und die Angelegenheit näher erläutern?«

Azzie war derart fassungslos über die Dreistigkeit des Vertreters des Guten, daß er keine Einwände erhob, als der große Engel mit dem goldenen Haar eintrat und sich umsah.

»Was für ein hübsches Haus Sie haben! Besonders gut gefallen mir die Symbole dort an der Wand.« Er deutete auf die Nischen in der Westwand, die eine Reihe von Dämonenköpfen aus schwarzem Onyx enthielten. Die Dämonen waren in den verschiedensten Erscheinungsformen dargestellt, unter anderem als Affen, Falken und Nattern. Aus der neuen Welt war ein Vielfraß vertreten.

»Das sind keine Symbole, Sie Trottel«, schnaubte Azzie. »Das sind Büsten meiner Ahnen.«

»Was ist mit dem hier?« erkundigte sich der Engel und zeigte auf den Vielfraßkopf.

»Das ist mein Onkel Zanzibar. Er ist nach Grönland ausgewandert, wo er zusammen mit Erik dem Roten angekommen und geblieben ist.«

»Was für eine weitgereiste Familie Sie haben!« staunte der Engel beeindruckt. »Ich bewundere die Energie und den Eifer des Bösen. Es ist natürlich schlecht, aber trotzdem faszinierend. Übrigens, ich heiße Babriel.«

»Wenn Ihr ein Engel seid«, meldete sich Frike zu Wort, »wo sind dann Eure Flügel?«

Babriel schnallte seine Rüstung ab, unter der ein zusammengequetschtes Paar Flügel zum Vorschein kam, die sich jetzt entfalteten. Sie hatten einen wunderschönen beigen Farbton.

»Was wollen Sie?« fragte Azzie. »Ich habe eine wichtige Arbeit zu erledigen und keine Zeit, herumzutrödeln und zu quatschen.«

»Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, haben mich die Mächte des Lichtes gesandt. Der Hohe Rat ist zu der Überzeugung gelangt, daß Ihr Beitrag zum Jahrtausendwettkampf von großer Bedeutung für uns ist. Und weil es ein so wichtiges Ereignis ist, schien es uns nur angemessen, einen Beobachter zu entsenden, der sich davon überzeugen soll, daß Sie nicht schummeln. Was wir Ihnen natürlich keineswegs unterstellen. Wir waren nur der Ansicht, daß es den üblichen Gepflogenheiten entspricht, Ihr Unternehmen im Auge zu behalten, womit wir Sie nicht beleidigen wollen.«

»Als ob ich nicht schon Ärger genug hätte«, knurrte Azzie. »Jetzt habe ich auch noch einen Engel am Hals, der mir ständig über die Schulter guckt.«

»Ich möchte Sie nur beobachten«, erklärte Babriel. »Wo ich herkomme, hören wir eine Menge über das Böse, aber ich habe es noch nie aus der Nähe gesehen.«

»Wo Sie herkommen, muß es ziemlich langweilig sein«, meinte Azzie.

»Das ist schon richtig. Aber es ist gut, und deshalb gefällt es uns dort natürlich. Andererseits, die Gelegenheit, einen richtigen Dämon bei der Arbeit zu beobachten, wie er Böses tut… Nun, ich muß zugeben, daß ich die Idee des Bösen aufregend finde.«

»Es gefällt Ihnen, was?« fragte Azzie.

»O nein! So weit würde ich nicht gehen. Aber es interessiert mich. Und vielleicht könnte ich Ihnen sogar ein bißchen helfen.«

»Mir? Soll das ein Witz sein?«

»Ich weiß, daß muß Ihnen seltsam vorkommen. Aber das Gute neigt von seiner Natur her dazu, hilfreich zu sein, selbst bei einem schlechten Unternehmen. Das wahre Gute hat keine Vorurteile gegen das Böse.«

»Mehr möchte ich nicht mehr über das Gute hören«, sagte Azzie. »Ich hoffe, Sie sind nicht einer von diesen Missionarstypen, der gekommen ist, um mich zur anderen Seite zu bekehren. Das wäre völlig sinnlos. Haben Sie das kapiert?«

»Ich bin davon überzeugt, Ihnen keinen Ärger zu bereiten«, erwiderte Babriel. »Und Ihre eigenen Leute waren einverstanden.«

»Ihre Schriftrolle sieht offiziell genug für mich aus«, bestätigte Azzie. »Schön, ich habe nichts dagegen. Beobachten Sie, was Sie wollen. Aber versuchen Sie ja nicht, mir einen meiner Zauber zu stehlen.«

»Ich würde mir eher den rechten Arm abhacken, als Sie zu bestehlen!« versicherte Babriel.

»Ich glaube Ihnen«, sagte Azzie. »Sie sind wirklich ein Trottel, nicht wahr? Schon gut«, fügte er schnell hinzu, als er Babriels niedergeschlagenen Gesichtsausdruck bemerkte, »das ist nun mal so meine Art, mich auszudrücken. Wir haben eine Menge Proviant in der Speisekammer. Nein, wenn ich genauer darüber nachdenke, Sie würden die Sachen wahrscheinlich nicht mögen. Frike, besorg ein paar Hühner aus dem Dorf für unseren Gast.«

»Aber ich wäre völlig damit zufrieden, mich mit allem zu begnügen, was Sie essen«, sagte Babriel.

»Nein, das wären Sie nicht«, widersprach Azzie. »Vertrauen Sie mir in diesem Punkt. Und wie kommt das Gute so voran?«

»Unser Beitrag macht gute Fortschritte«, antwortete Babriel. »Die Fundamente sind schon fertig. Quer schiff, Hauptschiff und Altarraum sind im Bau…«

»Beitrag? Was meinen Sie damit?«

»Der Beitrag des Guten zum Jahrtausendwettkampf.«

»Sie bauen irgend etwas?«

»Ja. Wir haben einen Baumeister inspiriert und ein ganzes Dorf zur Arbeit an einem gewaltigen architektonischen Projekt ermutigt. Es wird ein herrliches Gebäude werden, das der Menschheit die hohen Tugenden näher bringen wird – Wahrheit, Schönheit, Gütigkeit…«

»Wie nennen Sie das Ding?«

»Uns gefällt die Bezeichnung ›gotische Kathedrale‹.«

»Hmm. Schön, schön. Haben Ihre Leute ebenfalls einen Beobachter am Hals?«

»Ja. Bestialial kümmert sich darum.«

Azzie schnaubte abfällig. »Nicht gerade ein Mann für den Außendienst. Eher ein typischer Schreibtischhengst. Aber trotzdem ganz brauchbar, denke ich, wenn er aufpaßt. Sie glauben also, es wäre ein guter Beitrag?«

»O ja, wir sind damit sehr glücklich«, versicherte Babriel. »Und Glück zu bringen, ist schließlich die Aufgabe des Guten. Aber Sie kennen ja das Sprichwort: ›Es ist gut, aber es könnte noch besser werden.‹«

»Genauso ist es mit dem Bösen«, gab Azzie zurück. »Kommen Sie mit ins Arbeitszimmer. Ich spendiere Ihnen einen Schluck Jauche.«

»Ich habe schon davon gehört, es aber noch nie probiert«, sagte Babriel. »Hat es eine berauschende Wirkung?«

»Es erfüllt seinen Zweck«, erklärte Azzie. »Wie das Leben eben so ist, meine ich.«

Babriel fand diese letzte Bemerkung ziemlich unverständlich – vorsichtig ausgedrückt. Aber wann hat das Gute schon jemals das Böse verstanden? Er folgte Azzie in das Arbeitszimmer.

»Also schön«, sagte Azzie, »wenn Sie bleiben müssen, dann bleiben Sie. Ich nehme an, Sie wollen hier in meinem Haus wohnen?«

»Es würde mir meine Aufgabe erleichtern«, erwiderte Babriel. »Ich könnte Miete zahlen…«