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»Nachos«, erwiderte der Kellner.

»Was ist das?«

»Etwas, das Franqois der Entdecker aus der Neuen Welt mitgebracht hat.«

Also bestellte Azzie Nachos, die sich als mit stinkendem Camenbert und Tomatensoße bestrichene Plätzchen aus Hafermehl entpuppten. Er spülte sie mit einem Krug dunklem Bier aus England hinunter und fühlte sich sogleich besser.

Während er aß, kam es ihm so vor, als würde er beobachtet. Er blickte sich um. Am anderen Ende des Raumes stand ein Tisch, der in völliger Dunkelheit lag und nicht einmal von einer Kerzenflamme erhellt wurde. Azzie konnte eine Bewegung in der Finsternis ausmachen. Das Gefühl, beobachtet zu werden, schien von dort auszugehen.

Azzie beschloß, es vorerst zu ignorieren. Er bestellte eine weitere Portion Nachos und wechselte zu Wein über. Nach einer Weile wurde er beschwipst und im Verlauf des Abends schließlich betrunken. Nicht einfach sturzbetrunken, sondern dämonisch besoffen, und das will wirklich etwas heißen. Er begann, ein kleines Lied anzustimmen, das Dämonen aus Kanaan singen, wenn sie sich amüsieren. Der Text lautete:

Oh, ich fühle keine Pein und kein Name fällt mir ein für die ururalte Freud’ die sich einstellt heut, ihr Leut’ wenn ich saufe viel, viel Wein und ich fühle keine Pein.

Das Lied hatte noch eine Menge Strophen mehr, aber es bereitete Azzie Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern. Es fiel ihm sogar schwer, sich überhaupt an irgend etwas zu erinnern. Es war sehr spät. Er hatte das Gefühl, schon ziemlich lange hier zu sein. Als er sich umsah, bemerkte er, daß die anderen Gäste bereits verschwunden waren. Was hatte man ihm in den Wein getan? Ihm war schwindlig, er war nicht nur betrunken, sondern stinkbesoffen. Sein Magen fühlte sich seltsam an, und er war sich nicht sicher, ob er aufstehen konnte. Schließlich kämpfte er sich unter großen Anstrengungen auf die Beine.

»Wer hat mir das angetan?« wollte er fragen, aber er brachte nur ein Lallen hervor.

»Hallo, Azzie«, erklang eine Stimme irgendwo hinter ihm.

Azzie meinte, die Stimme schon einmal gehört zu haben. Er versuchte, sich umzudrehen, doch genau in diesem Moment traf ihn irgend etwas Schweres auf den Hinterkopf in der Nähe seines linken Ohrs, eine ziemlich empfindliche Stelle für alle Dämonen. Normalerweise hätte er die Wirkung eines solchen Schlages abschütteln können. Es ist nicht leicht, einen Dämon zu Boden zu schlagen. Aber durch den starken Alkohol in Verbindung mit der unbekannten Substanz, die man ihm beigemischt hatte, war Azzies Widerstandskraft gleich Null. Tod und Verdammnis! Er hatte sich in die Falle locken lassen. Und das war alles, was ihm im Moment dazu einfiel, denn er verlor so schnell das Bewußtsein, daß ihm erst sehr viel später klarwerden sollte, überhaupt ohnmächtig geworden zu sein.

KAPITEL 10

Eine unbestimmbare Zeitspanne später wachte Azzie wieder auf, benommen und nicht gerade guter Laune. Er hatte einen gewaltigen Kater. Azzie versuchte, sich auf die Seite zu drehen, um die Schmerzen in seinem Kopf zu lindern, und stellte fest, daß er sich kaum bewegen konnte. Seine Arme schienen gefesselt zu sein, seine Beine ebenfalls. Und der Rest seines Körpers war an einen großen Stuhl geschnallt.

Er öffnete zwei- oder dreimal versuchsweise kurz die Augen, ließ sie dann endgültig offen und sah sich um. Anscheinend befand er sich in einer unterirdischen Kammer. Er sah die Höhlenwände, die mit Glimmer durchsetzt waren und phosphoreszierend schimmerten.

»Hallo!« rief er. »Ist da irgend jemand?«

»O ja«, antwortete ihm eine Stimme. »Ich bin genau hier.«

Azzie strengte sich an, und nach einer Weile konnte er eine Gestalt im düsteren Licht ausmachen. Es war eine kleine Gestalt, und sie trug einen Bart. Er erkannte das Gesicht wieder, zumindest das, was davon unter dem Bartwuchs zu sehen war.

»Rognir!« Es war tatsächlich der Zwerg, den er hatte überreden können, ihm das Felixit und seinen Schatz zu überlassen.

»Ich grüße dich, Azzie.« Die Schadenfreude in Rognirs Stimme war unüberhörbar. »Geht es dir vielleicht nicht allzu gut?«

»Nicht gerade gut, nein«, erwiderte Azzie. »Aber das macht nichts, ich verfüge über große Regenerationskräfte. Ich scheine mich in irgend etwas verfangen zu haben, das mich an diesen Stuhl fesselt. Wenn du mich freundlicherweise losmachen und mir einen Schluck Wasser geben könntest, werde ich bestimmt einigermaßen in Ordnung sein.«

»Dich losmachen?« fragte Rognir. Er lachte höhnisch, wie es Zwerge so oft tun. Andere Stimmen fielen mit ein, gefolgt von einem Flüstern.

»Mit wem sprichst du?« erkundigte sich Azzie. Nachdem sich seine Augen allmählich auf die Lichtverhältnisse einstellten, konnte er sehen, daß sich außer ihm und Rognir noch andere Gestalten in der Höhle befanden. Es waren kleine Männer, alles Zwerge. Sie standen im Kreis um ihn herum und starrten ihn mit glitzernden Augen an.

»Das sind Zwerge aus meinem Stamm«, sagte Rognir. »Ich könnte sie dir vorstellen, aber wozu sich die Mühe machen? Du wirst nicht lange genug für belanglose Plaudereien und unterhaltsame Gespräche hier sein.«

»Aber was hat das alles zu bedeuten?« fragte Azzie, obwohl er es sich recht gut vorstellen konnte.

»Du schuldest mir etwas, darum geht es«, erwiderte Rognir.

»Das weiß ich. Aber ist das eine vernünftige Art, darüber zu diskutieren?«

»Dein Diener wollte uns nicht ins Haus lassen, als wir gekommen sind, um mit dir darüber zu sprechen.«

»Dieser Frike«, schmunzelte Azzie. »Er ist so fürsorglich.«

»Vielleicht ist er das. Aber ich will mein Geld, und ich bin hier, um es einzutreiben. Sofort. Auf der Stelle.«

Azzie zuckte die Achseln. »Du hast vermutlich bereits meine Taschen durchwühlt und weißt deshalb, daß ich außer Kleingeld und ein oder zwei Ersatzzaubern nichts bei mir habe.«

»Und selbst das hast du jetzt nicht mehr«, gab Rognir zurück. »Wir habe es dir abgenommen.«

»Was willst du dann noch von mir?«

»Die Rückzahlung! Ich möchte nicht nur den Gewinn, den du mir für meinen Schatz versprochen hast, sondern auch den Schatz selbst.«

Azzie gab ein leises belustigtes Lachen von sich. »Mein lieber Freund, das wäre doch alles gar nicht nötig gewesen. Tatsächlich bin ich sogar nach Paris gekommen, um dich aufzusuchen und dir mitzuteilen, wie gut sich deine Investition entwickelt.«

»Hah!« machte Rognir, eine Bemerkung, die alles mögliche bedeuten konnte, in diesem Fall wohl aber seine Ungläubigkeit ausdrücken sollte.

»Komm schon, Rognir, diese Maßnahmen sind wirklich überflüssig. Laß mich frei, und wir sprechen wie Ehrenmänner über alles.«

»Du bist kein Ehrenmann«, stellte Rognir fest. »Du bist ein Dämon.«

»Und du bist ein Zwerg«, konterte Azzie. »Aber du weißt, was ich meine.«

»Ich möchte mein Geld.«

»Du scheinst vergessen zu haben, daß die Vereinbarung für ein Jahr gilt«, sagte Azzie. »Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Du machst gute Profite. Wenn die Zeit gekommen ist, erhältst du dein Kapital zurück.«

»Ich habe mir diese Sache überlegt und bin zu dem Schluß gekommen, daß mir die Vorstellung, sein Kapital für sich arbeiten zu lassen, nicht behagt. Ich habe den Verdacht, es könnte der Arbeiterklasse – wie uns Zwergen – etwas Furchtbares antun. Du weißt schon, ein Juwel im Sack ist besser als zwei oder drei auf irgendeinem ausländischen Kapitalmarkt, der zusammenbrechen könnte.«

»Ein Handel ist ein Handel«, erwiderte Azzie, »und du warst einverstanden, mir dein Kapital für ein Jahr zu überlassen.«

»Na schön, dann ziehe ich meine Zusage jetzt eben zurück. Ich will meinen Einsatz wiederhaben.«

»Solange ich gefesselt bin, kann ich nichts für dich tun«, sagte Azzie.

»Aber wenn wir dich freilassen, ziehst du irgendeinen Zauber aus dem Ärmel, und das war es dann für uns und unser Geld.«