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Genau das war Azzies Plan gewesen. Um die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken, fragte er: »Was hat es mit diesem ›uns‹ und ›wir‹ auf sich? Warum mischen sich diese anderen Zwerge ein?«

»Sie sind meine Partner in diesem Unternehmen«, erklärte Rognir. »Vielleicht kannst du mich zu irgendeiner Dummheit überreden, aber sie wirst du nicht so einfach hereinlegen können.«

Einer der anderen Zwerge trat vor. Er war selbst nach Zwergenmaßstäben klein und hatte einen weißen Bart, der nur um den Mund herum gelbe Flecken aufwies, die von Kautabak herrührten.

»Ich bin Elgar«, stellte er sich vor. »Du hast diesen naiven Zwerg übertölpelt, aber damit wirst du bei uns nicht durchkommen. Gib uns auf der Stelle unser Geld oder einen entsprechenden Gegenwert zurück.«

»Wie ich bereits gesagt habe, kann ich nichts tun, solange ich an beiden Armen gefesselt bin«, sagte Azzie. »Ich kann mir nicht einmal die Nase putzen.«

»Wozu willst du dir die Nase putzen?« wollte Elgar wissen. »Sie läuft ja gar nicht.«

»Das war nur eine bildliche Redewendung«, gab Azzie zurück. »Was ich meine…«

»Wir wissen, was du meinst«, unterbrach ihn Elgar. »Du wirst nichts mit uns anstellen. Wir haben Pläne mit dir, mein Freund, wenn du nicht bezahlen kannst.«

»Ich kann bezahlen, aber nicht, wenn ich an diesem Stuhl festgebunden bleibe.« Azzie brachte ein gewinnendes Lächeln zustande. »Bindet mich los und gebt mir die Gelegenheit, ein paar meiner Kapitalrücklagen anzugreifen. Ich werde sofort zurückkommen, und ich bin bereit, darauf jeden Eid zu schwören, den ihr von mir verlangt.«

»Du wirst nirgendwo hingehen«, stellte Elgar fest. »Wenn wir dir auch nur den kleinsten Spielraum lassen, wirst du dich mit deinen verfluchten Zauberkräften auf uns stürzen. Du hast Zeit, Rognir alles zurückzugeben, was du ihm schuldest, bis ich bis drei gezählt habe. Eins, zwei, drei. Kein Geld? Gut, dann war es das für dich.«

»Was meinst du damit?« fragte Azzie. »Was war was für mich?«

»Du hast es dir selbst eingebrockt, das war es.«

»Was eingebrockt?«

Elgar drehte sich zu den anderen um. »In Ordnung, Jungs, schaffen wir ihn zum Laufrad.«

Das war etwas, wovon Azzie noch nie zuvor gehört hatte, aber wie es schien, würde er schon bald herausfinden, worum es sich dabei handelte. Eine Menge kleiner schwieliger Hände packte den Stuhl, auf dem er saß, und schleppte ihn tiefer in die Höhle hinein.

KAPITEL 11

Die Zwerge sangen, während sie dem Tunnel folgten und immer tiefer in die Eingeweide der Erde vordrangen. Sie marschierten um Kehren herum, über Buckel hinweg, wichen Sackgassen und Schluchten aus und wateten durch eiskalte Bäche. Es war so dunkel, daß Azzies Augen zu schmerzen begannen, so angestrengt bemühte er sich, irgend etwas zu erkennen. Die Zwerge zogen weiter und stimmten andere Lieder in einer Sprache an, die Azzie unbekannt war. Schließlich erreichten sie einen Durchgang, der auf eine riesige unterirdische Ebene führte.

»Wo sind wir hier?« wollte Azzie wissen. Die Zwerge antworteten nicht. Viele kleine Hände hielten ihn fest umklammert, während sie ihn von seinem Stuhl losbanden und an irgend etwas anderes fesselten. Der Berührung nach hielt Azzie es für eine Art Gestell, das aus Metall und Holzstücken bestand. Als er versuchte, einen Schritt zu machen, bewegte sich etwas unter seinen Füßen. Es dauerte nicht lange, bis er begriff, daß man ihn in einem großen Rad festgeschnallt hatte, ähnlich dem Wasserrad einer Mühle. Seine Beine waren frei, aber man hatte ihm die Hände an Griffen rechts und links des Rades gefesselt.

»Das ist ein Arbeitsrad«, erklärte Rognir. »Wenn du läufst, dreht es sich und treibt über eine Reihe von Übersetzungen ein zweites Rad an, das wiederum verschiedene Wellen dreht, die ihrerseits Maschinen in einer der höher gelegenen Kammern antreiben.«

»Interessant«, erwiderte Azzie. »Na und?«

»Wir erwarten von dir, in dem Rad zu laufen und es dadurch zu drehen. Auf diese Weise wirst du uns bei der Arbeit helfen und damit deine Schulden abzahlen. Das dürfte nur ein paar hundert Jahre dauern.«

»Schlag dir das aus dem Kopf«, sagte Azzie.

»Wie du willst«, gab Rognir zurück. »In Ordnung, Jungs, öffnet das Schleusentor.«

Ein knirschendes Geräusch klang über ihm auf, und dann begann, irgend etwas auf ihn herabzufallen. Es war ein Regen aus Exkrementen, wie ihm seine Nase schnell verriet, aber es handelte sich weder um normale menschliche noch um dämonische Exkremente – und Azzie mußte es wissen, schließlich hatte er eine Menge Zeit mit dem Zeug zu tun gehabt. Diese Exkremente jedoch stanken derart bestialisch, daß seine Geruchsnerven versuchten, Harakiri zu begehen.

»Was ist das für ein Zeug?« brüllte er.

»Alte fermentierte Drachenscheiße«, sagte Rognir. »Wir sind hier ganz in der Nähe einer Drachenhöhle, und wir haben den Mist als kleinen Arbeitsanreiz für dich vom Boden gekratzt.«

Azzies Beine begannen, sich wie von selbst zu bewegen. Das Rad drehte sich. Kurz darauf versiegte der Regen aus Drachenscheiße.

»Die Sache funktioniert folgendermaßen«, erklärte Rognir. »Wenn du aufhörst zu laufen, regnet es so lange Drachenscheiße, bis du wieder damit anfängst.«

»Aber wie steht es mit Ruhepausen?« fragte Azzie.

»Wir werden dir schon sagen, wann du dich ausruhen kannst«, sagte Elgar, und die anderen Zwerge lachten.

»Hört mir doch zu!« rief Azzie. »Ich habe wichtige Dinge zu erledigen! Ihr müßt mich hier rauslassen, damit ich mich darum kümmern kann! Ich zahle euch meine Schulden zurück…«

»Das wirst du allerdings tun«, bestätigte Rognir. »Entweder in bar oder in Form von Arbeit. Dann also bis später, Dämon.«

Und damit verschwanden die Zwerge. Azzie blieb allein zurück, drehte das Rad und dachte verzweifelt nach.

KAPITEL 12

Azzrie lief vor sich hin, trieb das Rad an und verfluchte sich dafür, Frike nicht mitgeteilt zu haben, wohin er gehen würde. Er hatte ganz einfach das Haus verlassen, ohne seinem Diener irgendwelche Anweisungen zu geben. Und aus, gerechnet jetzt, da der Zeitpunkt, den Märchenprinzen in sein Abenteuer ziehen zu lassen, schon mehr als überfällig war, steckte er in der Dunkelheit irgendwo unter Paris fest und war dazu verdammt, ein Rad für einen Haufen dämlicher Zwerge zu drehen.

»Hallo, du da«, meldete sich eine Stimme. »Bist du ein Dämon?«

»Wer spricht da mit mir?«

»Wenn du den Kopf senkst, kannst du mich ein Stückchen neben deinem rechten Fuß sehen.«

Azzie blickte in die angegebene Richtung und entdeckte einen etwa fünfzehn Zentimeter langen Wurm.

»Du bist ein Wurm?«

»Ja, ich bin ein Wurm. Bist du ein Dämon?«

»Richtig. Und wenn du mir helfen kannst, mache ich dir ein Angebot, das du nicht ausschlagen kannst.«

»Was wäre das?« wollte der Wurm wissen.

»Wenn du mir hier raushilfst, mache ich dich zum König aller Würmer.«

»Eigentlich haben wir Würmer gar keine Könige. Wir haben Bezirksleiter und einen Hohen Rat.«

»Ich mache dich zum Vorsitzenden des Rates.«

»Um für diesen Posten in Frage zu kommen, muß ich erst Bezirksleiter werden.«

»Auch gut. Dann werde ich dich zum Bezirksleiter machen. Wie heißt du?«

»Elton Wurmbrut. Aber meine Freunde nennen mich Tom.«

»In Ordnung, Tom, wie sieht es aus? Wirst du mir helfen?«

»Ich könnte es tun. In letzter Zeit ist es hier unten ziemlich ruhig gewesen. Ich könnte dir vielleicht helfen, um etwas gegen die Langeweile zu tun. Andererseits aber könnte ich es auch bleibenlassen.«

»Also, wofür wirst du dich entscheiden?«

»Ich bin mir nicht sicher. Dräng mich nicht. Wir Würmer sind etwas träge im Denken.«

»Entschuldige. Nimm dir Zeit… Hast du jetzt genug Zeit gehabt?«

»Nein, ich habe noch nicht mal angefangen, darüber nachzudenken.«