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»Gewiß doch, Herr. Nachdem er sich das Bild der genannten jungen Dame noch mehrmals angesehen hatte – oder vielleicht sollte ich besser sagen, es mit etlichen flüchtigen Blicken bedacht hatte –, hat er sich zu mir umgedreht und gesagt: ›Frike, dieses Mädchen ist ein echter Hammer.‹«

»Waren das seine Worte?«

»Wortwörtlich, Herr. Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte, also habe ich nur ein dumpfes knurrendes Geräusch tief in der Kehle gemacht, weil ich mir gedacht habe, daß der junge Mann es auslegen konnte, wie er wollte. War das richtig, Gebieter?«

»Sehr klug, Frike. Und was ist dann passiert?«

»Nun, Meister, er ist eine Weile herumgelaufen, dann hat er sich an mich gewandt und gefragt: ›Warum hat Onkel Azzie das vor mir versteckt?‹«

»Aha«, sagte Azzie.

»Wie, bitte, Herr?«

»Schon gut, das war nur ein bedeutungsloser Einwurf. Was hast du ihm geantwortet?«

»Ich habe gesagt: ›Aus Gründen, die nur er kennt, junger Prinz‹, und dann habe ich wieder das tiefe knurrende Geräusch in der Kehle hervorgebracht.«

»Das hast du gut gemacht, Frike. Und was ist danach geschehen?«

»Nachdem er das Gemälde noch ein paarmal angestarrt, sich an der Lippe herumgefummelt und verschiedene Bewegungen ausgeführt hat, auf die ich der Kürze halber nicht näher eingehen werde, hat er gesagt: ›Frike, ich muß sie haben.‹«

»Ich wußte, daß mein Plan aufgehen würde!« rief Azzie. »Was hat er sonst noch gesagt?«

»Am ersten Tag war das alles«, berichtete Frike. »Am zweiten Tag wurde er ungeduldig. Er wollte wissen, wo Ihr wäret. Da er ein gehorsamer Bursche ist, wollte er Eure Erlaubnis einholen, bevor er sich auf die Suche nach Prinzessin Rosenrot machte.«

»Guter Junge«, sagte Azzie. »Wo ist er jetzt?«

»Fort«, erwiderte Frike. »Kurz darauf hat er entschieden, nicht länger warten zu können.«

»Aber wohin ist er gegangen?«

»Nun, natürlich auf die Suche nach der Prinzessin. Genau wie Ihr es von ihm erwartet habt. Er hat fünf Tage lang gewartet, Gebieter, dann konnte er der lodernden Leidenschaft, die das Bild in ihm geweckt hat, nicht länger widerstehen. War es nicht das, was Ihr Euch gewünscht habt?«

»Natürlich, aber vorher hätte er noch Anweisungen und eine besondere Ausrüstung für sein Abenteuer gebraucht. Was hat er mitgenommen?«

»Er ist in die Kammer mit der schweren Ausrüstung gegangen und hat sich ein Schwert und eine Rüstung von den Haken an der Wand genommen. Außerdem hat er sich noch etwas von dem Geld eingesteckt, das Ihr in der Kommodenschublade zurückgelassen hattet, und gesagt, daß er sich auf den Weg machen würde. Ich soll Euch ausrichten, daß er mit der Prinzessin zurückkommen würde und hofft, daß Ihr nicht wütend auf ihn sein werdet.«

»Tod und Verdammnis!« schrie Azzie. Er stampfte unbeherrscht mit dem Fuß auf, worauf er bis zur Hüfte in die Erde einsank. Es kostete ihn einige Mühe, sich wieder herauszuarbeiten.

Babriel war gleich nach Azzies Ankunft aus dem Haus gekommen. Er hatte das Gespräch wortlos verfolgt und fragte jetzt: »Wo liegt das Problem? Er tut doch genau das, was Sie von ihm erwartet haben, oder?«

»Ja, aber er hätte noch nicht aufbrechen dürfen«, erklärte Azzie. »Ich habe dieses Abenteuer schwierig und gefährlich gestaltet. Nur so wird es die Aufmerksamkeit der Hohen Mächte erregen. Der Prinz wird gegen große magische Gefahren antreten müssen, von denen sich jeder gewöhnliche Mensch lieber fernhalten sollte. Und er verfügt über keine der magischen Schutzvorrichtungen, die ich für ihn zusammengetragen habe.«

»Und was nun?« wollte Babriel wissen.

»Ich muß ihm die Sachen bringen, die er braucht«, erwiderte Azzie, »und zwar schnell.« Er wandte sich wieder an Frike. »Hat er dir gesagt, wo er seine Suche beginnen wollte?«

»Nicht ein Wort, Sire.«

»Also gut, in welche Richtung ist er gegangen?«

»Er ist genau in diese Richtung geritten«, sagte Frike und streckte den Arm aus.

Azzie folgte dem ausgestreckten Arm mit den Augen. »Nach Norden«, murmelte er. »Er ist nach Norden geritten. Ein böses Omen. Frike, wir müssen ihn aufspüren, bevor es zu spät ist.«

IM ZAUBERWALD

KAPITEL 1

Der Märchenprinz ritt allein in den großen grünen Wald jenseits der vertrauten Felder und Hügel, hinein in eine Terra incognita. Sein Weg führte ihn nach Norden, und während er dahinritt, dachte er über Schwerter nach. Er wußte, daß ein Glücksschwert nicht so gut wie ein richtiges Zauberschwert war, aber es war allemal besser als eine gewöhnliche Waffe. Er hielt sein Glücksschwert hoch und betrachtete es. Es war ein außerordentlich schönes Exemplar mit einem hübsch gebogenen Knauf und Parierstangen über dem Griff, eins der schönsten Schwerter, das er jemals gesehen hatte, bedeutend kleiner als die derzeit in Mode gekommenen großen Breitschwerter. Außerdem hatte es eine gerade Klinge und war keins dieser verschnörkelten türkischen Krummschwerter, mit denen er sich überhaupt nicht anfreunden konnte. Es war zweischneidig, beidseitig scharf geschliffen und nadelspitz. Allein das machte es schon zu einer ganz besonderen Waffe, da die meisten gewöhnlichen Schwerter nur auf einer Seite geschliffen waren und selten eine richtige Spitze hatten.

Das Glücksschwert war eine gute Waffe, aber es brachte gewisse Probleme mit sich. Es gibt eine allgemeine Klasse verzauberter Schwerter, und in seiner Eile, eine magische Waffe für seinen Schützling zu finden, hatte Azzie nicht auf die Kiste geachtet, der er das Schwert entnommen hatte. Vielleicht hatte er geglaubt, alle verzauberten Schwerter seien gleich. Ihm war nicht bewußt gewesen, daß ›verzaubert‹ nur eine allgemeine Gattungsbezeichnung für einen bestimmten Schwerttyp darstellte, mit anderen Worten: ein Schwert bezeichnete, das auf die eine oder andere Weise verzaubert war.

Zauberschwerter unterscheiden sich sehr deutlich in ihrer Wirksamkeit. Es gibt (oder gab) unzerbrechliche Schwerter und solche, die niemals stumpf werden. Schwerter, die ihren Gegner mit unfehlbarer Sicherheit töten, sind außerordentlich selten, obwohl das die Qualität ist, die jeder Waffenschmied seiner Klinge zu verleihen versucht. Von Zeit zu Zeit findet man Schwerter, die in jedem Duell siegreich sind, aber diese machtvollen Waffen verlängern in der Regel nicht das Leben ihrer Besitzer, die, da sie nicht im Schwertkampf von Mann zu Mann besiegt werden können, für gewöhnlich von einem engen Freund, ihrer Frau oder der Frau eines engen Freundes vergiftet werden. Selbst mit einem perfekten Schwert verläßt kein Mensch diese Welt lebendig.

Der Märchenprinz ritt durch den dichten Wald, der natürlich verzaubert war. Magische Bäume ragten dunkel und drohend auf und bildeten eine grüne Welt voller schwarzer huschender Schemen. Es war wie ein Wald aus der Alten Zeit, in dem sich Horden von Ungeheuern verbargen.

Endlich stieß der Prinz auf eine Lichtung, eine helle kleine Wiese, die auf allen Seiten von bedrohlicher Dunkelheit umgeben war. Am anderen Ende entdeckte er ein Zelt aus grünem und orangefarbenem Stoff. An einem Baum in der Nähe war ein großes schwarzes Pferd festgebunden, ein schönes und kräftiges Tier, ein richtiges Schlachtroß.

Der Prinz ritt auf das Zelt zu. Davor lagen Waffen und eine schwere schwarze Rüstung, prächtig gearbeitet und hier und da mit Perlen besetzt. Wem auch immer sie gehörte, er mußte reich und zweifellos mächtig sein.

An einem Ständer vor dem Zelt erblickte der Märchenprinz ein Schneckenhorn. Er setzte es an die Lippen, blies hinein und entlockte ihm einen lauten Ton. Noch bevor das Echo verklungen war, regte sich etwas im Zelt, und ein Mann kam heraus. Er war groß und dunkelhaarig, blickte finster drein und schleifte eine blonde Maid hinter sich her.

»Wer wagt es, in mein Horn zu stoßen?« fragte der Ritter. Er trug hellgestreifte Unterwäsche. Als er den Märchenprinzen erblickte, wurde seine Miene noch finsterer.